Frage an Matthias Miersch von Michael B. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Dr. Matthias Miersch,
im Hamburger und Berliner SPD-Parteiprogramm wurde der Satz aufgenommen, „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden“ ( http://tinyurl.com/356oou6 )
Nicht selten nehmen Männer ein Kredit auf, sagen wir 200000 EUR. Kurz danach heiraten sie, voll auf ihre Leistungsfähigkeit vertrauend. Manch einem kann es allerdings passieren, dass er nach jahrelanger Abbezahlung des Kredites und Ansammlung eines Vermögens von 200000 EUR, vor der Scheidung steht.
Nun hat der Rechtausschuss (RAU) des Bundestages den Regierungsentwurf des Gesetzes zum Zugewinnausgleich (DRS 16/10798, http://tinyurl.com/3xrzv3g , Artikel 1, Punkt 7) dahingehend "korrigiert" (DRS 16/13027, http://tinyurl.com/2ubh4cm , Punkt 1, b)), dass die Begrenzung der Ausgleichsforderung nicht mehr durch die Hälfte, sondern durch das gesamte Endvermögen gegeben ist.
Aufgrund des Zugewinns in Höhe von 400000 EUR muss also der Mann bei Scheidung, seiner Frau, nach dem neuen §1378, Abs. 2 BGB das gesamte Endvermögen überlassen, wenn die Frau bei Heirat und bei Scheidung nichts hatte (dies scheint die Überzeugung einiger RA zu sein).
In der DRS 08/635 wurde die hälftige Teilung des Endvermögens noch als gerecht empfunden: http://tinyurl.com/35l5ntc .
Daher folgende Frage an Sie und an die SPD: Glauben Sie, dass durch die Neufassung des §1378, Abs. 2 BGB, die es erlaubt, den männlichen Alleinernährer bei Scheidung gänzlich auszuziehen, die Gesellschaft nun menschlicher geworden ist?
Letztendlich muss der Rechtsuchende den Fehler von Juristen bezahlen. Daher wäre eine verbindliche Kostenübernahme des Staates, bei Fehler des RAU eine Selbstverständlichkeit in einem Rechtstaat. Leider fehlt der Zwang, dass Richter nach 100 GG eine Richtervorlage beim BVerfG einreichen, wenn sie auf einen Fehler des RAU hingewiesen werden.
Sollte es sich tatsächlich um eine Fehlleistung des RAUs handeln, was wird die SPD unternehmen um den Fehler zu beheben?
MfG
MB
Sehr geehrter Herr Baleanu,
vielen Dank für Ihre Frage zum Zugewinnausgleich. Je nach individueller Perspektive kann sich die Frage stellen, ob ein Gesetz „gerecht“ oder „ungerecht“ ist.
Bis zu der von Ihnen genannten Korrektur des Zugewinnausgleichs blieben Schulden bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt. Besonders benachteiligt waren nach dieser Berechnung Ehegatten, die Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten tilgten und zusätzlich eigenes Vermögen erwarben. In diesem Fall musste das eigene Vermögen im Falle einer Scheidung dann auch noch geteilt werden.
Die aktuelle Regelung mit Berücksichtigung von anfänglich vorhandenen Schulden und deren Tilgung ist konsequent. Auch in Ihrem Beispiel sind die Schulden vor der Eheschließung entstanden.
Sinn des Zugewinnausgleichs ist es, den wirtschaftlichen Erfolg aus der Ehezeit gerecht zu teilen. Der wirtschaftliche Erfolg bildet sich in den 400.000 Euro Ihres Beispiels ab, so dass jeder Ehepartner zur Hälfte an diesem Erfolg beteiligt wird, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich die Ehepartner in der Ehe untereinander unterstützen. So wird häufig derjenige, der einen Lohn für seine Arbeitsleistung erhält, von dem anderen Partner durch Haushaltsführung, Kindererziehung etc. unterstützt, der dafür keinen Geldbetrag erhält.
Zugrunde liegt diesem Prinzip also die Annahme, dass auch die Leistungen des Ehegatten gewürdigt werden sollten, der beispielsweise mit der Erziehung der Kinder für die Möglichkeit sorgt, dass der Partner beruflich erfolgreich sein kann.
Unabhängig von dieser gesetzlichen Regelung steht es jedem Bürger frei, per Ehevertrag Gütertrennung zu vereinbaren, wenn man auf seinen individuellen Fall diese Wertmaßstäbe des Gesetzgebers nicht anwenden möchte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Miersch MdB