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Frage von Jonas B. •

Frage an Matthias Heider von Jonas B. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Heider,

der Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungungen in diesem Jahrhundert dar.
Trotzdem findet die Bekämpfung dessen in der öffentlichen Wahrnehmung fast gar nicht oder nur unzureichend statt - wenn man dessen, schon jetzt ersichtlichen, Auswirkungen betrachtet.
Meine Frage an Sie, als stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Energie ist nun, wieso die Politik bei diesem Thema so viel Zeit verstreichen lässt, ohne dass sich viel verändert und warum dies nicht das beherrschende Thema im Bundestag ist.
Es gibt tausende innovative Ideen und existierende Technologien in diesem Land (und in anderen Ländern), die alle einen kleinen Beitrag dazu leisten könnten die Bundesrepublik komplett mit erneuerbarer Energie zu versorgen und zu entkarbonisieren. Beispiele hierfür sind Smart Grids, virtuelle Kraftwerke, KWK-Anlagen, Pumpspeicherkraftwerke in alten Stollen, vertikale Kleinwindkraftanlagen, Mieterstrommodelle, Schwungmassenspeicher und viele weitere.
Aber auch schon feststehende Lösungen werden nicht mit dem nötigen Willen vorangetrieben (als Beispiel soll hier der seit Jahren stockende Netzausbau genügen).
Wieso werden also Lösungen, welche die Probleme beseitigen könnten, die die Erneuerbaren Energien mit sich bringen nicht viel stärker finanziell und strukturell unterstützt?
Als noch junger Mensch Mitte zwanzig würde ich in Zukunft gerne in einer Welt leben, die nicht durch Wetterextreme beherrscht wird.

Ich freue mich und bin bereits gespannt auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
J. B.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 30. Mai 2018, in der Sie auf die Herausforderungen durch die Energiewende Bezug nehmen. Bei der Energiewende gilt für die Politik das Zieldreieck aus den gleichberechtigten Zielen sicherer Versorgung, sauberer Erzeugung und bezahlbaren Preisen.
In den letzten Jahren haben wir mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien und der Reduzierung des Stroms aus fossilen Quellen wesentliche Schritte in Richtung unseres ambitionierten Zieles machen können. Dennoch haben wir, wie von Ihnen richtig erkannt, noch viel Arbeit vor uns.
Wie Sie vielleicht wissen, konnten wir in den vergangenen Jahren den Anteil der erneuerbaren Energie von 33,5 % im Jahr 2015 auf 41,2 % im Jahr 2018 steigern. Diese Entwicklung stellt einen wesentlichen Erfolg dar. Dennoch wurde der Ausbau der erneuerbaren Energien insbesondere durch die Förderung des Ausbaus im Rahmen der EEG-Umlage erreicht. Im gleichen Zeitraum stieg daher diese Umlage, die auf den Strompreis aufgeschlagen, wird von 6,17 ct/kWh auf 6,792 ct/kWh, dies ist eine Steigerung um etwa 10 Prozent.

Um dieser für den Strompreis und damit für die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung ungünstigen Entwicklung entgegenzuwirken, wird seit dem Jahr 2012 der Zubau erneuerbarer Energien von der Bundesnetzagentur ausgeschrieben. Ausbauinteressierte Investoren können ein Gebot auf eine bestimmte Stromerzeugungsmenge über die benötigen Zuschüsse im Rahmen des EEG abgeben. Durch diesen Mechanismus erhoffen wir uns mehr marktwirtschaftliche Elemente in der bisher staatlich organisierten Energiewende. Erste Erfolge konnten bereits verzeichnet werden; bei der letzten Ausschreibung zum 01. April 2018 für Offshore-Windenergie lagen die Gebote bei 0 Cent; die Unternehmen waren also bereit, die Investition in Windenergie auf vollständig eigene Kosten durchzuführen.

Neben den Kosten des Ausbaus von erneuerbaren Energien ist auch die Akzeptanz in der Bevölkerung, etwa beim Ausbau von Windenergie zu berücksichtigen. Die Bestrebung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, Kommunen mehr Planungshoheit zu geben, rührt aus einer großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung über den massiven Zubau von Windenenergieanlagen her. Wir müssen Lösungen im Sinne der Beteiligten vor Ort finden, um die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Daher ist es mir persönlich ein großes Anliegen, Kommunen ein rechtssicheres Instrument zur eigenständigen regionalen Planung des Windenergieausbaus zu geben.

Ein weiterer wesentlicher Baustein um die Energiewende zum Erfolg zu führen, ist der Netzausbau, um künftig im windreichen Norden erzeugte Energie in den Süden der Republik transportieren zu können. Der schleppende Netzausbau rührt ebenfalls aus Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung her: Viele Anwohner an (potenziellen) Stromtrassen von Höchstspannungsleitungen lehnen den Bau oder die Erweiterung der Trassen ab, was zu langwierigen Genehmigungsverfahren führt. Dies ist ein Teufelskreis. Denn der Ausgleich der Netzschwankungen, die durch den fehlenden Netzausbau entstehen, kostet die Stromkunden über eine weitere Umlage - die sogenannten Netzentgelte, sie machen etwa 25 Prozent des Haushaltsstrompreises aus - ebenfalls sehr viel Geld. Je schneller der Netzausbau voranschreitet, desto schneller können wir hier die Kosten senken. Dennoch sollte die Bewältigung dieser Auswirkung der Energiewende nicht an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei entschieden werden. Auch Stromtrassen müssen im Dialog realisiert werden. Die Bundesregierung wird ein Gesetz zur Beschleunigung des Netzausbaus vorlegen, um dieses sehr wichtige Thema weiter voranzutreiben.
Es ist das perspektivische Ziel, Deutschland mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Stand heute ist jedoch nur die Wasserkraft grundlastfähig, d.h. sie dient als verlässliche und kontinuierliche Energiequelle, um die Versorgungssicherheit in Deutschland herzustellen. Das Ausbaupotenzial an Wasserkraft ist in Deutschland jedoch weitestgehend ausgeschöpft, sodass hier kein Zubau mehr möglich ist. Alle anderen regenerativen Energien, besonders Wind und Sonne, sind keine dauerhaft verlässlichen Energielieferanten, solange wir nicht in der Lage sind, Strom dauerhaft und in großen Mengen zu speichern. Die von Ihnen erwähnten Pumpspeicherkraftwerke liefern nicht das erforderliche Potenzial. Bei der Umwandlung von Strom in andere Energieträger, etwa Gas, sind wir noch am Anfang des Aufbaus der Technologie. Es existieren noch zu wenige Anlagen, die eine industrielle Nutzung erlauben. Die Bundesregierung fördert den Ausbau dieser Anlagen. Solange wir keine bezahlbare grundlastfähige erneuerbare Energieerzeugung vorhalten können, sind wir weiterhin auf konventionelle Energieerzeugung angewiesen.

Wir arbeiten im Wirtschaftsausschuss weiterhin intensiv an der Erreichung unserer Klimaziele und daran, das Zieldreieck der Energiewende nicht aus dem Blick zu verlieren. Daneben müssen wir bei unserer Politik darauf achten, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes durch zu hohe Strompreise nicht zu gefährden und ebenso die Akzeptanz der Bevölkerung für die Energiewende aufrecht zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Heider