Würden sie sich im Falle einer Wahl dafür einsetzen die Rahmenbedingungen mindestens für eine freiwillige Einigung auf ein Doppelresidenzmodell für Trennungskinder und deren Eltern zu schaffen?
Unser gemeinsames Kind wird auch nach der Trennung zu gleichen Teilen von der Mutter und mir, dem Vater betreut. Wir haben uns hier selbstständig auf ein paritätisches Wechselmodell geeinigt, unter anderem deshalb, weil dies aus erziehungspsychologischer Sicht als vorteilhafter gilt, was zahlreiche Langzeitstudien, u.a. aus Australien, Neuseeland und Belgien, wo dieses Modell der Standard ist, belegen. Ein solches Modell ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt.
Ein Problem besteht unter anderem darin, dass unsere Tochter nur einen gemeldeten Wohnsitz haben kann, da anders als in allen anderen westeuropäischen Ländern, kein Doppelresidenzmodell vorgesehen ist. Das hat u.a. zur Folge, dass nur bei einem Elternteil, trotz gleichem zeitlichen und finanziellen Aufwand das eigene Kind in der Steuerklasse berücksichtigt wird.
Sehr geehrter Herr Tacke,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Sie mit der aktuellen Rechtslage unzufrieden sind.
Die Diskussion um die bisherige Standardpraxis des Residenzmodells dauert ja schon einige Jahre an. Die SPD-Bundestagsfraktion hat nach einiger Befassung mit dem Thema 2017 beschlossen, dass auch wir eine Reform befürworten.
Es stimmt, dass einige Länder mit der Option des Wechsel- oder Doppelresidenzmodells gute Erfahrungen gemacht haben. Zudem hat sich unsere Gesellschaft verändert: Mütter sind heute in der Regel berufstätig, Väter fordern immer öfter eine gleichgestellte Elternrolle ein. Solche Scheidungsfamilien bildet das Residenzmodell nicht immer gut ab.
Daher: Die SPD will im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) eine Rechtsgrundlage schaffen, mit der das Wechselmodell nach eingehender Einzelfallprüfung und im Sinne des Kindeswohls richterlich mit den Eltern vereinbart oder angeordnet werden kann. Die Pflicht zur Anordnung eines Modells lehnen wir ab. Das Kindeswohl muss im Zentrum der richterlichen Entscheidung stehen. Beide Eltern sollen an der Erziehung beteiligt sein können, ohne dass einem Elternteil finanzielle Nachteile entstehen.
Sehr geehrter Herr Tacke, der Staat muss individuell auf die Bedürfnisse von Scheidungskindern eingehen können. Wenn das Doppelresidenzmodell das Beste für ein Kind ist, sollte das umsetzbar sein. Deshalb würde ich der Schaffung der entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bartke