Portrait von Mathias Krebs
Mathias Krebs
Einzelbewerbung
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Mathias Krebs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Maria H. •

Frage an Mathias Krebs von Maria H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Wie stehen Sie zum Thema Massentierhaltung in der heutigen Landwirtschaft? Sollte der Staat nicht Grenzen festlegen, wieviele Tiere maximal in einem Stall gehalten werden dürfen? Welche Tierzahlen würden Sie bei Schweinen, Rindern und Geflügel als Höchstgrenzen festlegen?

Portrait von Mathias Krebs
Antwort von
Einzelbewerbung

Vielen Dank für das stellen Ihrer Frage!

Bitte verzeihen Sie, wenn meine Antwort etwas lang ausfällt, aber mit dem Thema haben Sie bei mir einen Nerv getroffen.

Wie Sie meinem Lebenslauf entnehmen können habe ich Agrarwissenschaft studiert. Wobei mein Schwerpunkt im Pflanzenbau und nicht in der Tierhaltung lag. Allerdings hatte ich im Bachelor-Studium auch einige Module zu Themen der Tierhaltung und Zucht. Auch hatte ich im Gegensatz zu den meisten Bürgern die Möglichkeit Tierställe zu besichtigen (vor allem Rinder- und Schweineställe) und verschiedene Haltungssysteme kennen zu lernen. Deswegen stecke ich hier vielleicht etwas mehr im Thema als der gewöhnliche, Landwirtschaftsfremde Bürger. Ich kann nur sagen das es sich bei den Horrorbildern die gerne im Fernsehen ausgestrahlt werden nicht um die Regel handelt. Aber ohne Frage müssen diese Aufnahmen ja auch irgendwo entstanden sein!

Aber nun zu Ihrer Frage, der Begriff „Massentierhaltung“ gefällt mir gar nicht! Was verstehen wir denn darunter? Sind 100 Kühe eine „Masse“ oder erst 1000?

Auf Wikipedia heißt es zu „Massentierhaltung“, dass damit die intensive Tierhaltung gemeint ist. Soweit, so gut. Es werden auch gleich zwei Definitionen dazu geliefert. So heißt es dort: „Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) definiert intensive Tierhaltung als Systeme, in denen weniger als 10 % der Futtertrockenmasse dem eigenen Betrieb entstammt und in denen die Besatzdichte 10 Großvieheinheiten pro Hektar betrieblicher landwirtschaftlicher Nutzfläche übersteigt.“ oder „Nach einer Verordnung des Europäischen Parlamentes beginnt intensive Viehhaltung bei Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Geflügel oder Schweinen mit 40000 Plätzen für Geflügel, mit 2000 Plätzen für Mastschweine (über 30 kg), mit 750 Plätzen für Sauen und intensive Aquakultur bei einer Produktionskapazität von 1000 t Fisch oder Muscheln pro Jahr.“

Bei der EU hat man also feste Grenzen, bei 1999 Mastplätzen für Schweine handelt es sich nicht um intensive Tierhaltung aber bei 2000 schon! Kann man so sehen, finde ich aber nicht richtig. Zu Rindern wird gar nichts gesagt…

Hier finde ich den Ansatz der FAO dann schon wesentlich besser! Denn an der reinen Tierkapazität eines Stalls oder Stallkomplexes etwas Negatives festzumachen halte ich für Unsinn. Entscheidend ist doch welche Bedingungen für das einzelne Tier herrschen. Ich glaube nicht, dass es den 10 Kühen in Anbindehaltung besser geht, als den 100 Kühen in einem Laufstall. Und nach der FAO Definition wären 11 Kühe, wenn der Bauer nur 1 Hektar hätte schon intensive Tierhaltung, also langläufig als Massentierhaltung zu bezeichnen. Aber wer würde 11 Kühe schon als Massentierhaltung bezeichnen? Elf Kühe entsprechen doch viel mehr dem Bilderbuch denken, dem viele noch anhaften wenn sie an Landwirtschaft denken.

Ich bin der Meinung, es kommt nicht auf die Tierzahl im Stall an, sondern vielmehr auf die Haltungsbedingungen, Anbindestall versus Laufstall bei Milchkühen zum Beispiel. Hier sei gesagt, dass alle großen Rinderställe Laufställe sind (d.h. die Kühe können sich frei bewegen). Wobei zur Kuh gesagt werden muss das es sich hier um einen Wiederkäuer handelt, d.h. die Kuh liegt viel, würgt ihr Futter dabei wieder hoch und kaut es durch. Also kommt es in der Milchkuhhaltung auch sehr auf den Liegekomfort für die Kühe an. Den Ansatz, wie viele Tiere pro Landwirtschaftlicher Flächeneinhalt gehalten werden, halte ich bei der Definition von intensiver Tierhaltung für absolut richtig. Wobei mir die Zahl von 10 GV (GV=Großvieheinheit, wobei per Definition eine GV 500 kg Lebendgewicht entspricht) je ha als Grenze etwas zu hoch ist.

Zur Information, eine Milchkuh entspricht einer GV. Nach der FAO Definition dürfte es in unserer Region wohl auch gar keine Massentierhaltung geben. Denn die aller meisten Betriebe haben wohl ausreichend Fläche für die Tierhaltung die sie betreiben (Das mag in manchen Regionen in Niedersachsen anders aussehen). Eventuell gibt es bei uns Geflügelbetriebe die nicht genug Fläche haben, um nicht als intensive Tierhaltung eingestuft zu werden (hier will ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wobei ich in meiner näheren Umgebung einen Putenmastbetrieb kenne zu dem auch entsprechende Ackerfläche gehört). Grundsätzlich ist der Viehbesatz in unserer Region jedenfalls Himmelweit von 10 GV pro ha oder gar mehr entfernt. Zu Ihrer Information, gemäß dem Statistikamt liegt der Besatz mit Großvieheinheiten (kumuliert über Rinder, Schweine, Geflügel und Schafe) je ha in der Prignitz bei ca. 0,5 GV/ha und in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Havelland sogar noch darunter.

Die Vorgabe, dass eine bestimmte Menge des Futters vom eigenen Betrieb kommen muss halte ich für unnötig. Viel wichtiger ist doch das es ausreichend Fläche für die sinnvolle Verwertung des Kots bzw. der Gülle gibt. Hier regelt die Düngeverordnung die Höchstmengen, die pro Hektar und Jahr ausgebracht werden dürfen (Regelgröße ist die Stickstoffmenge). Jetzt schweife ich aber zu weit vom eigentlichen Thema, der intensiven Tierhaltung bzw. „Massentierhaltung“, ab.

Also zurück zu Ihrer Frage. Meiner Meinung nach kommt es nicht auf die Kopfzahl der in einem Betrieb gehaltenen Tiere an, sondern vielmehr auf gute Haltungsbedingungen! Aber was sind gute Haltungsbedingungen? Hier ist die Wissenschaft sicherlich gefordert die bestehenden Systeme weiterzuentwickeln. Aber es sei auch gesagt, kein Tierhalter kann ein Interesse daran haben, dass sich seine Tiere nicht wohlfühlen. Denn Tiere die sich nicht wohlfühlen wachsen schlechter (haben geringere Lebenstagszunahmen oder bei Milchkühen eine geringere Milchleistung). Und das ist nie im Interesse des Halters. Denn hier verliert er Geld in Form schlechter Futterwertung! Ich will natürlich auch nicht abstreiten das es immer Schwarze Schafe gibt. Aber die überwiegende Masse der Betriebe sorgt sich um das wohl seiner Tiere. Egal wie groß oder klein der Stall bzw. Tierbestand auch ist.

Um auf den Punkt zu kommen, wobei ich denke das sich meine Antwort auf Ihre Frage auch schon herauskristallisiert hat: Ich bin dagegen, dass der Staat Höchstgrenzen für die Kopfzahl von Tieren, die in einem Betrieb oder Stall gehalten werden dürfen, einführt. Vielmehr sollte der Großviehbesatz pro Flächeneinheit, in einer Region begrenzt werden.

Aber wenn ich als Beispiel mal meinen Heimatort Stüdenitz nehmen darf, bei uns gibt es eine Agrargenossenschaft mit knapp 1000 Milchkühen in einem Stall. Mir ist es jetzt egal ob ein Betrieb mit deutlich über 1000 ha Landwirtschaftlicher Nutzfläche 1000 Milchkühe hält oder ob 10 Landwirte im Ort je 100 Milchkühe halten und dafür auch nur gut 100 ha Fläche je Landwirt haben. Viel wichtiger ist für mich und sicher auch für die Kühe, wie sie gehalten werden! Wenn überhaupt sollte der Staat Mindeststandards für die Tierhaltung setzen, sei es Stallfläche je Tier oder anderes. Aber die Anzahl der Tiere zu begrenzen halte ich für nicht Ziel führend. Wir verbieten ja auch nicht Berlin weil dort über 3 Millionen Menschen „gehalten“ werden. Ob das für einen „Jäger und Sammler“ Artgerecht ist???

Also nochmal kurz zusammengefasst. Haltungsbedingungen stetig verbessern ist richtig, aber wir müssen weg von dem, mit so viel negativen behafteten Begriff „Massentierhaltung“. Anstatt sich auf die Größe von Ställen zu konzentrieren, sollten sich die Interessierten Bürger lieber um gute Haltungsbedingungen bemühen. Auch in kleinen Tierherden kann es zu schlechten Haltungsbedingungen kommen. Zu Thema Tierhaltung könnte ich noch so viel sagen, aber bevor ich kein Ende finde, breche ich hier ab.

Nochmals Danke das Sie sich für meine Ansichten interessieren und mir eine Frage gestellt haben.

Ich würde mich freuen wenn Sie am 22. September mit Ihrer Erststimme für mich stimmen würden.

Mein Motto bleibt: Aus der Region, für die Region!

Viele Grüße

Mathias Krebs