Martina Selzer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thorsten W. •

Frage an Martina Selzer von Thorsten W. bezüglich Finanzen

1.
Wie wollen Sie bzw. Ihre Partei verhindern das Deutschland auf eine Pensionskrise (zu hohe Beamtenpensionen deren Gesamthöhe meines Wissens nach aktuell in Hessen gar nicht statistisch ausgewiesen werden) zusteuert?

2.
Wie setzen Sie oder Ihre Partei sich ein das die zwei-Klassen-Altersvorsorge zwischen den Beamten (aktuelles Versorgungsniveau ca. 68% obwohl nie eingezahlt) und den Millionen gesetzlich Rentenversicherten (Rentenniveau grob 43%) angeglichen wird?
Ich bin für Angleichung und nicht den Beamten etwas wegzunehmen...

3.
Was sagen Sie dazu das ein Österreicher (es zahlen alle ein) ein Versorgungsniveau von ca. 90% nach dem aktiven Arbeitsleben hat und über die stark besteuerten Rentenbezüge von deutschen Rentnern nur lachen kann?
Wann kommt endlich eine provisionsfreie Deutschlandrente (z.B. Anlage ETF-Indexfonds MSCI World) in die Alle (auch Unternehmer wie ich und Beamte) einzahlen? Bei aktuellen Altersvorsorgeverträgen (Rürup, etc.) gehen im Schnitt 30% der Anparbeträge in Abschlusskosten und Verwaltungskosten.

4.
Ich bin selber Unternehmer und muss leider feststellen das alle verfügbaren Altersvorsorgemechanismen (wir haben die meisten Durchführungswege in Europa und keiner ist lohnenswert) untauglich sind und nur der Versicherungslobby und -branche nützen. Diese Meinung wird im Übrigen auch von einigen Verbraucherzentralen in Deutschland geteilt.

5.
Wie möchten Sie dem Fakt entgegen steuern das die Deutschen direkt nach den Belgiern weltweit am zweitstärksten besteuert werden?
Unser Staat hat kein wirkliches Geldproblem sondern muss effizienter wirtschaften und den Bürgern ermöglichen sich einen finanziellen Puffer aufzubauen ohne das fast 50% des Lohns ihm weggenommen werden.

6.
Wie möchten Sie entgegensteuern das 20% in diesem Land in Vollzeit arbeiten und trotzdem aufstocken müssen um über die Runden zu kommen?

Ich freue mich auf Ihre Antworten

Netter Gruß und danke

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr W.,
bitte erlauben Sie mir, dass ich aufgrund der Komplexität Ihres Fragenkatalogs teilweise auf die Formulierungen aus dem Grünen Bundestagswahlprogramm zurückgreife. Ich stehe 100%ig hinter dem Konzept der Grünen Bürgerversicherung, bin aber keine Expertin auf diesem Gebiet.
Zu den Fragen 1. und 2.:
"Wir wollen auch in der Rente den ersten Schritt zur Bürger*innenversicherung gehen und hierfür die nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen, Minijobber*innen und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Auch Langzeitarbeitslose sollen wieder versichert werden. Für die Selbständigen und insbesondere die Existenzgründer*innen wird es Übergangsregelungen geben. Zudem wollen wir Selbständigen mit Beitragsrückständen bei der Krankenversicherung helfen und Schulden erlassen. In einem späteren Schritt wollen wir auch Freiberufler*innen und Beamt*innen in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Hierfür werden wir mit den Ländern zusammenarbeiten. Bereits erworbene Anwartschaften auf Versorgung und bestehende Beamtenverhältnisse bleiben dabei aus Gründen des Vertrauensschutzes unberührt." (BTW-Programm, S. 199)
Der letzte Satz zeigt die Problematik auf, das bestehende System in eine solidarische Bürgerversicherung umzuwandeln, ohne die bestehenden Verträge zu verletzen. Dies ist eine heikle Aufgabe, die ich gerne den Experten zu diesem Thema überlasse...
Zu Frage 3.:
Zu den Verhältnissen in Österreich kann ich leider nichts sagen.
Zu den Fragen 5. und 6.:
"Bei Geringverdiener*innen sind die Löhne in den vergangenen Jahrzehnten real gesunken. Der eingeführte Mindestlohn war ein wichtiger Etappensieg. Er muss ausnahmslos für alle Angestellten gelten. Damit Geringverdienende mehr im Geldbeutel haben, wollen wir sie bei den Sozialabgaben entlasten. Viele Millionen Menschen arbeiten in Leiharbeit oder befristet. Was im Sinne der Flexibilität gelegentlich sinnvoll sein kann, wird oft missbraucht, um Löhne dauerhaft zu senken. Den Trend zu immer mehr unsicheren Jobs wollen wir GRÜNE umkehren. Ohne guten sachlichen Grund sollten Jobs nicht mehr befristet werden können und Leiharbeit ab dem ersten Tag gleich bezahlt werden – plus Flexibilitätsprämie. .. Minijobs wollen wir in sozialversicherungspflichtige Jobs umwandeln und dafür sorgen, dass die Beiträge durch Steuern, Abgaben und soziale Leistungen so aufeinander abgestimmt werden, dass sich Erwerbsarbeit immer rechnet. Dabei darf die Belastung mit Steuern und Abgaben nicht sprunghaft steigen. So wird es attraktiver, mehr als nur geringfügig zu arbeiten." (BTW-Programm, S. 193)

Herzliche Grüße
Martina Selzer