Frage an Martina Michels von Wolfgang M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Viele EU-Parlamentarier sitzen vor allem wegen den hohen Bezügen im EU-Parlament. Und sie segnen dann im Grunde alles ab, was Konzerne wie z. B. Volkswagen verlangen.
Was werden Sie und die Linken im EU-Parlament unternehmen,
- dass EU-Politik transparenter wird und nicht von diesen Bezügen honoriert wird und
- dass EU-Politik kostengünstiger wird - also nicht in Straßburg & Brüssel "regiert" wird? Also aus der deutschen Einheit gelernt wird - der Regierungssitz von Bonn nach Berlin verlegt wurde.
Sehr geehrter Herr M.,
Die Bezüge der Europaabgeordneten sind für Jeden öffentlich nachzuvollziehen. Sie können Sie - ganz transparent erläutert - auf der Internetseite des Europaparlaments nachlesen. Das betrifft auch eventuelle Nebeneinkünfte, zu deren Offenlegung jedes Mitglied im Europaparlament verpflichtet ist. Auch das ist veröffentlicht (übrigens ganz im Gegensatz zum Deutschen Bundestag).
Mein Motiv, in die Politik zu gehen, war und ist die Herausforderung anzunehmen, um etwas zu bewirken und zu verändern. Ich sehe es als Aufgabe an, so viel wie möglich an Informationen aus meiner Arbeit im Parlament offenzulegen. Deshalb gebe ich z.B. einen wöchentlichen Newsletter („Martinas Woche“) heraus, um über das parlamentarische Wirken zu berichten.
Transparenz ist ein wichtiges Anliegen der Linken und so haben wir uns mit dafür eingesetzt, dass es bei uns im Europaparlament, anders als im Bundestag(!), ein Lobbyisten- und Transparentregister gibt. Zudem gibt es einen Verhaltenskodex, an den sich alle MdEP halten müssen. Jeder Lobbyist muss sich in dieses Lobbyregister eintragen, um das Parlament besuchen zu können. Ich weiß aus eigener Erfahrung z.B. aus der Debatte um die neue Urheberrechts-Richtlinie, wie vor allem große Lobbyisten (Burda, Springer und Google) versuchen, Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Auch darüber habe ich in meinen Newslettern berichtet.
Wir betrachten dieses Register allerdings nur als ersten Schritt. Denn zur Transparenz gehört vielmehr, dass kenntlich gemacht wird, welche Lobbyisten in welcher Form bereits an der Erarbeitung der Vorlagen der EU-Kommission mitgewirkt haben. Dafür werden wir uns weiterhin einsetzen.
Der dreifache Parlamentssitz - Brüssel, Luxemburg, Strasbourg - ist immer wieder Gegenstand intensiver Debatten im Europaparlament. Sowohl der Kostenaspekt als auch der Umweltfußabdruck sind dabei stets zentrale Argumente für die Zusammenlegung an einem Ort und auch für Abgeordnete wie Mitarbeiter ist der regelmäßige Umzug sehr anstrengend. Wenn das Parlament diese Entscheidung treffen könnte, wäre ein Single-Seat auch längst entschieden. Denn eine Mehrheit der bisher 751 Abgeordneten hat bereits mehrfach gefordert, den Parlamentssitz nach Brüssel zu verlagern. Es waren aber die Regierungen der Mitgliedstaaten der EU, die sich 1992 einstimmig darauf geeinigt haben, im EU-Vertrag die Sitze der EU-Organe dauerhaft festzulegen. Für jede Änderung des gegenwärtigen Systems wäre eine Änderung des Vertrags erforderlich, die von den Regierungen aller Mitgliedstaaten einstimmig vereinbart und von allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden müsste.
Mit freundlichen Grüßen,
Martina Michels