Martina Michels
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Frage von Tom M. •

Frage an Martina Michels von Tom M. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrte Frau Michels,

Die Verschuldung der Stadt beträgt nun mittlerweile stolze 63 Mrd. Euro. Geld welches der Stadt und Ihren Menschen fehlt, ob für soziale Projekte oder die Stadtentwicklung. Nun frage ich mich natürlich, wie diese Schulden entstanden sind und wer den Berg abtragen darf. Vor allem, wie lange würde es dauern, bis wir als Stadt diese Last geschultert haben. Deshalb explizit

- Was hat uns der "Berliner Bankenskandal" ( http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Bankenskandal ) gekostet, bzw. mit wieviel belastet er noch immer den Haushalt und wie wurde er von Ihrer Partei aufgearbeitet?

- Wie können Schulden in solchem Umfang getilgt werden, wenn man bedenkt, dass selbst die Zinszahlung je Jahr und Bürger bei etwa 700 Euro liegen dürften?

- Wieviele soziale Projekte und wieviel Stadtentwicklung wäre möglich, würden diese Schulden nicht in dem Maße bestehen? Hierbei interessiert mich insbesondere, wie Sie den Verlauf der Berliner Schulden ohne die Sonderbelastung durch Bürgschaften, für die Rettung der Bankgesellschaft Berlin sehen

Die Frage nach den Profiteuren möchte ich hier aussen vor lassen, jedoch fragen ich mich, ob nicht die Verluste sozialisiert und vom Steuerzahler getragen werden müssen, während wir für die verbleibenen Anteile nur einen Bruchteil dessen erhalten haben, was die Rettung gekostet haben dürfte.

Mit freundlichen Grüßen

Tom Meyer

Martina Michels
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Meyer,

Vielen Dank für Ihre umfangreiche Fragestellung, die ich gern beantworte.
Es ist richtig - und das wird leider allzu oft aus dem Gedächtnis verloren- der bundesweit größte Bankenskandal, eine Haushaltssituation, die die öffentliche Hand an den Rand der politischen Handlungsunfähigkeit getrieben hat, eine Politik, mit der Diepgen und Landowsky den Machterhalt auf Kosten der Steuerzahler, auf Kosten der Substanz des öffentlichen Eigentums betrieben haben, das war 2001 die Ausgangssituation bei der Übernahme der Regierungsverantwortung von Rot-Rot.

Mit dem Abtragen des Schuldenbergs war die große Herausforderung einer Haushaltsanierung verbunden, die wieder Spielräume für eine Gestaltungspolitik in der Stadt erobert und das soziale Augenmaß nicht verliert. Seit dieser Zeit ist viel geschehen. Ein wichtiger Schritt dabei war die Sanierung der Bankgesellschaft und deren Verkauf, um wenigstens einen Teil der Milliarden wieder einzunehmen. Uns war es dabei wichtig, die „Berliner Sparkasse“, von der tausende berliner Kunden und Kreditnehmer , die nicht über große Geldanlagen verfügen, abhängig waren, in öffentlicher Hand zu behalten und nicht dem privaten Finanzmarkt zu überlassen. Dieses Ziel haben wir gemäß EU-Auflagen mit dem Verkauf der Landesanteile an den Sparkassen- und Giroverband für 5,3 Milliarden € erreicht. Diese Verkaufssumme ist dem Land Berlin zurückgeflossen. Berlin hat dadurch seit 2007 mindestens 22 Millionen Euro Zinsen gespart. 8.000 Arbeitsplätze wurden dadurch gesichert. Die spätere weltweite Finanzkrise hat uns nachträglich in unserem Handeln bestätigt. In Berlin bleibt es beim „Girokonto für alle“ während in der Krise viele Bankkunden bei privaten Banken ihre Geldanlagen verloren.

Zu den noch heute bestehenden Erblasten gehören die Fonds der Berliner- Immobilien-Holding (sogen. „Schrottimmobilien“ im gesamten Bundesgebiet). Die Fonds der BIH konnten nicht verkauft werden, weil der potentielle Käufer nicht bereit war, die in Berlin notwendige Transparenz für ein solches Geschäft zuzulassen. Damit wird das Land Berlin weiter für eine Vielzahl an Immobilien zuständig bleiben, auf denen derzeit etwa 4,75 Milliarden Schulden lasten. Der Umgang mit diesen Immobilienfonds bleibt also weiterhin eine Herausforderung.

Wie viele soziale und stadtentwicklungspolitische Projekte hätten gefördert werden können hat wohl noch niemand konkret errechnet. Ich glaube es sind unzählige. Das kann man allein an den schmerzlichen Einschnitten, zu denen wir in der Haushaltssanierung gezwungen waren, ablesen. Dennoch konnten wir gravierende Kürzungen im sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Bereich verhindern. Im Bildungsbereich haben wir die Bedingungen verbessern können und den Einstieg in ein neues System des gemeinsamen Lernens geschaffen.

Wann der Schuldenabbau endgültig vollzogen sein wird, ist leider nicht genau vorhersehbar. Durch die Kürzungs- und Steuerpolitik der Bundesregierung, die auf Kosten von Ländern und Kommunen betrieben wird, und die unsägliche Schuldenbremse werden weiter neue Hürden für die öffentlichen Haushalte aufgebaut.

Mit freundlichen Grüßen
Martina Michels, MdA