Frage an Martina Michels von Jörg O. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Michels,
die LINKE setzt sich - laut ihren Aussagen - für bezahlbaren Wohnraum ein. In meinem Bekanntenkreis gibt es viele Menschen, die Hartz IV-Empfänger sind und auf Grund der Mietsteigerungen es zunehmend schwer haben, Ihre Wohnraum zu finanzieren bzw. bezahlbaren Wohnraum zu finden. Wie wird Ihre Partei realisieren, dass sich diese Situation nicht weiter verschärft? Welche Maßnahmen werden Sie dazu treffen?
Sehr geehrter Herr Ossowski,
Vielen Dank für die an mich gestellte Frage, die ich Ihnen gern beantworte.
Das Problem drastisch steigender Mieten in Berlin ist eines der Probleme, die in der nächsten Zeit am drängendsten zu lösen sind. Das Recht auf angemessenen Wohnraum gehört zu den wesentlichen Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben und ist ein wesentliches Menschenrecht. Berlin ist eine Mieterstadt und das soll auch so bleiben. Durch den derzeitigen Mietanstieg werden preisgünstige Mietwohnungen immer knapper. Ein Verdrängungsprozess einkommensschwacher Haushalte aus der Innenstadt hat längst eingesetzt. Damit ist der soziale Zusammenhalt und Ausgleich in der Stadt zunehmend gefährdet. DIE LINKE tritt dafür ein, die soziale Mischung in den Wohnquartieren zu erhalten und der zunehmenden sozialräumlichen Spaltung der Stadt entgegenzuwirken. Um dieses Ziel zu erreichen müssen sowohl landes- und bundesrechtliche aber auch sozialpolitische und städtebaurechtliche Rahmenbedingungen verändert werden. Die wirksamsten rechtlichen Möglichkeiten für eine Begrenzung des Mietenanstiegs liegen im Mietrecht, das vor allem auf Bundesebene geregelt wird. DIE LINKE im Deutschen Bundestag hat bereits einen Maßnahmeplan erarbeitet, der dazu konkrete Vorschläge beinhaltet. Auch auf Landesebene müssen die vorhandenen Spielräume genutzt werden. DIE LINKE in Regierungsverantwortung hat bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Vorkehrungen gegen Zwangsumzüge von Transferleistungsbeziehenden getroffen. Es ist auch weiterhin unser Ziel, dass alle Menschen, die auf Transferzahlungen (Hartz IV, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter) angewiesen sind, in ihrem sozialen Umfeld bleiben können. Deshalb wollen wir die notwendigen Regelungen in einem Landesgesetz verbindlich festlegen. In diesem Gesetz wollen wir die bisher geltenden Sonder- und Härtefallregelungen ebenso beibehalten wie die das Bruttowarmmietenkonzept. Denn damit wäre nicht die Wohnungsgröße entscheidend für die Frage, ob die Wohnkosten für Hartz-IV-Beziehende zulässig sind, sondern die Gesamtsumme der Kosten. DIE LINKE will Mieterverdrängungen durch umfassende Stadterneuerungs- und Modernisierungsmaßnahmen dadurch abwenden, dass die Träger der Maßnahmen verpflichtet werden, einen Sozialplan mit einer unabhängigen Mieterberatung aufzustellen. Dies könnte z.B. in der Umstrukturierungsverordnung geregelt werden. Die Bezirke sollten mit den Trägern städtebauliche Verträge über die Durchführung der Maßnahme abschließen.
Bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll der Mieterschutz gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder zur wirtschaftlichen Verwertung 10 Jahre betragen und für das gesamte Stadtgebiet gelten. Die Kündigungsschutzklausel-Verordnung ist entsprechend fortzuschreiben.
Durch eine Landesverordnung sollen die Bezirke ermächtigt werden, in Milieuschutzgebieten einen Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einzuführen. Auf der Landesebene ist ein Fonds vorzuhalten, mit dem das Land erforderlichenfalls Wohngebäude auf dem Wege des Vorkaufsrechts in den vom BauGB § 24 definierten Gebieten erwerben kann. Für die auslaufenden Sanierungsgebiete und andere aufgewertete innerstädtische Wohngebiete ist zu prüfen, ob durch den Erlass von Milieuschutzsatzungen eine über den »zeitgemäßen Ausstattungsstandard einer durchschnittlichen Wohnung« hinausgehende, mietpreistreibende Modernisierung unterbunden werden kann.
Die LINKE setzt sich dafür ein, dass vor allem in den besonderen Gebieten, in denen Instrumente der Städtebauförderung angewandt werden, unabhängige Mieterberatungen angeboten werden. Von Mietern in Eigenleistung erbrachte Einbauten (z.B. Gasetagenheizung) sollen entweder bis zum Zeitpunkt der vollständigen Abschreibung Bestandsschutz genießen oder die Modernisierungsmaßnahmen sind nicht umlagefähig. Eine allgemeine Duldungspflicht solcher Maßnahmen lehnen wir ab. Mieter sollen das Recht zur Mietminderung erhalten, wenn der optimierte Energiezustand eines Wohngebäudes nicht erreicht wird, weil der Eigentümer die im Energieausweis beschriebenen Maßnahmen unterlässt. Eine Modernisierungsmaßnahme bedarf der Kontrolle und Mitbestimmung durch die Mieterinnen und Mieter. Eingeführt werden soll die Pflicht zur Vorlage von Modernisierungsvarianten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen und zu begleitender Mieterberatung bei Modernisierungsankündigungen. Das Land Berlin verfügt aus unterschiedlichen Förderprogrammen des Wohnungsbaus und der Städtebauförderung noch über Belegungsbindungen für sehr viele Wohnungen. DIE LINKE spricht sich dafür aus, Belegungsrechte in den Stadtteilen, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist, wieder in Anspruch zu nehmen und die Vermieter zu verpflichten, deren Einhaltung nachzuweisen.
Um die Finanzierung der Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu sichern wollen wir Bundes- und Landesmittel bereitstellen, z.B. durch ein Landesförderprogramm für die klima- und altersgerechte Wohnungsmodernisierung aber auch EU-Mittel einsetzen. Den derzeitigen Ausschluss von Wohnungsbau aus der Förderung mit EU-Mitteln wollen wir überwinden.
Bei der Gestaltung einer sozialen Wohnungspolitik spielen die städtischen Wohnungsunternehmen eine zentrale Rolle. Die LINKE hält am Stopp des Verkaufs von Wohnungsbeständen der kommunalen Gesellschaften fest und tritt für eine schrittweise Ausweitung ihrer Wohnungsbestände in den kommenden Jahren ein. Dazu ist die Liegenschaftspolitik des Landes zum Ankauf von Grundstücken des Landes neu auszurichten. Wir wollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht nur verpflichten, die wirtschaftlichen, sondern auch die sozialen und stadtentwicklungspolitischen Zielvorgaben einzuhalten. Entsprechende Vereinbarungen zwischen dem Land und den Unternehmen sind transparent zu gestalten und offenzulegen.
Die hier ausgeführten konkreten Vorstellungen sind Auszüge aus einem wohnungspolitischen Gesamtkonzept, das DIE LINKE in ihrem Wahlprogramm veröffentlicht hat.
Herzliche Grüße
Martina Michels, MdA