Frage an Martina Michels von Andreas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Michels
Wie stehen Sie und ihre Partei zu dem Thema des Mindestlohn für Dienstleistende wie zum Beispiel Friseure oder von Bedienungskräften in der Gastronimie/Hotel? Wie setzen Sie sich dafür ein und wann gibt es dort endlich einen Mindestlohn?
Mit freundlichem Gruß
A.Sokoll
Sehr geehrter Herr Sokoll,
Vielen Dank für die an mich gestellte Frage, die ich Ihnen gern beantworte. Die Durchsetzung eines flächendeckenden Mindestlohnes spielt für uns als LINKE in der Politikausrichtung eine zentrale Rolle. Gerade in den Bereichen, die Sie in Ihrer Frage ansprechen und in denen es bisher keine Branchenregelung gibt, ist es nicht länger hinnehmbar, dass Menschen so gering bezahlt werden, dass sie von ihrer eigenen Arbeit nicht ausreichend leben können, sondern gezwungen sind, mit Sozialleistungen wie Hartz IV aufzustocken.
Beim gesetzlichen Mindestlohn geht es also darum, zu sichern, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können. Auch aus Sicht der Steuerzahlerinnen und -zahler sind Niedriglöhne nicht verantwortbar, denn so werden aus Steuermitteln Unternehmen subventioniert, die durch unzureichende Löhne Extraprofite erzielen.
DIE LINKE steht für die Einführung eines bundesweiten und branchenübergreifenden gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohns, der schnell auf zehn Euro die Stunde ansteigen soll. Diese Forderung, von der auch Friseure und andere Dienstleister profitieren würden, ist allerdings nur auf Bundesebene durchsetzbar. In Berlin haben wir die Möglichkeiten genutzt, die uns ermöglichen auf Landesebene tätig zu werden. So haben wir in Berlin unter Rot-Rot 2010 ein neues Ausschreibungs- und Vergabegesetz durchgesetzt, in dem festgelegt wird, dass Unternehmen nur öffentliche Aufträge erhalten, wenn sie Mindestlohn zahlen. Mit diesem Gesetz haben wir mehr Gerechtigkeit geschaffen. Auch wir sagen, Leistung muss sich lohnen. Aber Leistung lohnt sich nur, wenn sie gut entlohnt wird. Von Arbeit muss man bzw. frau auch leben können. Dafür steht die Linke im Bund wie im Land.
Deshalb wird in dem Vergabegesetz die Bindung an die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz fixierten Löhne festgelegt. Soweit es für bestimmte Branchen keine Tarifverträge gibt oder die dort vorgesehenen Tarifverträge unter dem Lohn von 7,50 Euro pro Stunde liegen, wird ein Mindestlohn von 7,50 Euro verlangt. Mit den 7,50 Euro haben wir uns an den damaligen Mindestlohnforderungen des DGB orientiert. Heute sind DIE LINKE und die Gewerkschaften der Auffassung, dass der Mindestlohn schrittweise erhöht werden muss - mittelfristig bis auf 10 Euro. Wir wollen den Mindestlohn sofort von derzeit 7,50 Euro auf 8,50 Euro (1.470 Euro monatlich) anheben und dann jährlich der ökonomischen Entwicklung und Preissteigerung anpassen. Mit dem Mindestlohn wirken wir dem zunehmenden Trend des Einsatzes von Niedriglohnkräften entgegen und stärken außerdem den fairen Wettbewerb. Der Mindestlohn verhindert Wettbewerbsverzerrung zwischen Unternehmen, die ihre Arbeitskräfte nach den in Berlin geltenden Tarifen entlohnen, und anderen Unternehmen, die deutlich geringere Entgelte zahlen. Und es verhindert, dass Löhne für eine Ganztagsbeschäftigung vom Jobcenter aufgestockt werden müssen. Zur Frage des Mindestlohns in Deutschland wird übrigens sehr oft von Politikern betont, er sei nicht durchsetzbar und würde die Bedingungen am Arbeitsmarkt verschlechtern. Aber gerade durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns kann die Politik für faire Bedingungen sorgen - für Zuwanderer wie Einheimische. Faire Entlohnung schützt auch vor Lohndumping. Hier hilft ein Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus. Ein universelles Mindestlohnmodell existiert mittlerweile in 20 von 27 EU Staaten und übrigens auch in den USA. In dieser Hinsicht könnte Deutschland durchaus von Europa lernen.
Herzliche Grüße
Martina Michel, MdA