Frage an Martina Michels von Stephan W. bezüglich Recht
Wie gedenken Sie die Ausschreitungen und Zerstörungen am 1. Mai in den Griff zu bekommen?
Was unternehmen Sie gegen die Autobrandstifter und die Gewalt die von Linksautonomen ausgeht?
Wie wollen Sie das Problem mit den kriminellen arabischen Großfamilien ( Intensivtäter ) klären?
Was wird unternommen um die Sicherheit in U und S-Bahn wieder hergestellt wird?
Sehr geehrter Herr Waldow,
vielen Dank für die an mich gestellten umfangreichen Fragen, die insgesamt das Thema der inneren Sicherheit betreffen. Ich will gern versuchen, sie in der gebotenen Kürze zu beantworten.
Wer die Entwicklungen der Ausschreitungen und Randale um den jährlichen 1.Mai ernsthaft betrachtet wird feststellen, dass das Konzept zur Bekämpfung von gewaltsamen Ausschreitungen bereits erfolgreich war. Mit dem Ziel, nicht länger wegzuschauen oder Straßenschlachten zwischen Polizei und gewaltbereiten Autonomen untätig oder ohnmächtig hinzunehmen und den Bezirk damit alljährlich dem Chaos zu überlassen, wurde das in unserem Bezirk entwickelte „Myfest“ unter dem Motto „Wir überlassen Kreuzberg nicht den Chaoten“ ins Leben gerufen. Dieses Myfest vereint Bewohner, Künstler und Gewerbetreibende auf Straßen und Plätzen im gesamten Ortsteil Kreuzberg und dokumentiert aus der Zivilgesellschaft heraus den Willen eines friedlichen Volkfestes und schränkt die Möglichkeiten für Randalierer ein. Parallel dazu wurde ein entsprechendes Deeskalationskonzept mit der Polizei entwickelt und erfolgreich umgesetzt, dass den Einsatz von Anti-Konflikt-Teams beinhaltet, die Konflikte bereits im Vorfeld deeskalierend beeinflussen können. Das Motto, solange wie möglich auf Deeskalation zu setzen aber in ernsthaften Störungsfällen auch zum harten Eingreifen bereit und gerüstet zu sein, konnte gerade in den letzten Jahren erfolgreich umgesetzt werden. Dazu zählt für mich selbstverständlich auch eine schnellere und konsequentere Strafverfolgung der überführten Täter nach gewaltsamen Ausschreitungen, wie das in den letzten Jahren bereits praktiziert wurde. Diese Strategie ist in meinen Augen der richtige und ausbaufähige Weg auch für die kommenden Jahre.
Für die Kriminalitätsbekämpfung, ob Autobrandstiftungen oder andere kriminelle Straftaten, gilt der Grundsatz: Mit Drohungen und Repression allein befördert man keine Motivation und Änderung des Verhaltens. Deshalb wenden wir uns gegen immer wieder hervorgebrachte Forderungen nach Strafverschärfungen oder der Herabsetzung der Altersgrenze für die Strafmündigkeit. Wer eine wirksame Strategie z.B. gegen Jugendkriminalität entwickeln will, der muss sich intensiv mit den Ursachen auseinandersetzen. Wichtiger als höhere Strafmaße ist eine schnell und effektiv arbeitende Strafverfolgung. Diese gilt übrigens nicht nur für ausgewählte Gruppen (s. Ihre Teilfrage) sondern für alle kriminellen Straftäter gleichermaßen. Wer kriminelle Handlungen begeht, muss mit der Härte des Gesetzes spürbar konfrontiert werden.
Mit dem so genannten Neuköllner Modell wurde in Berlin eine beispielhafte Maßnahme beschleunigter Gerichtsverfahren bei Jugendlichen, die von einer kriminellen Entwicklung bedroht erscheinen, ins Leben gerufen und mittlerweile auf die ganze Stadt ausgeweitet. Das Modell ist ein Baustein des Gesamtkonzeptes zur Bekämpfung der Jugendkriminalität in Berlin, das der Senat 2008 beschlossen hat. Seitdem sinkt die Zahl der neuen Serientäter. Im Rahmen des Neuköllner Modells arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte eng zusammen und ermöglichen, wenn eine eindeutige Beweislage vorliegt, ein besonders schnelles Verfahren, so dass möglichst wenig Zeit vergeht, bis ein junger Straftäter für seine begangene Tat zur Verantwortung gezogen wird.
Zudem wurde das Berliner Intensivtäterkonzept weiterentwickelt. Ein Kernpunkt dieses Konzeptes ist, dass derselbe Täter immer auf denselben Polizisten und später auf denselben Staatsanwalt trifft. Außerdem sollen alle Behörden so gut vernetzt sein, dass sie unheilvolle Tendenzen schnell erkennen und gegensteuern können. Mehr als 2.300 Verfahren sind seit Schaffung der Intensivtäterabteilung bei der Staatsanwaltschaft zur Anklage gebracht worden, mehr als 2.700 gerichtliche Entscheidungen ergangen. Im Jahr 2007 ergänzte Berlin sein Konzept um ein weiteres Instrument, die Schwellentäterrichtlinie, durch die Straftäter schon vor Beginn einer Intensivtäterkarriere abgefangen werden sollen. In ihr sind zurzeit ca. 170 Personen registriert. Durch dieses Konzept konnte die Zahl der Straftaten durch Intensivtäter in den letzten Jahren deutlich reduziert werden. Diese Strategie wollen wir fortführen und weiterentwickeln. Zu einem wichtigen Element der Stärkung der inneren Sicherheit gehört ebenso die individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten, die in Berlin als erstem Bundesland eingeführt wurde. Diese Kennzeichnungspflicht wird nicht nur zu einer besseren demokratischen Kontrolle von Polizeigewalt, sondern auch zu mehr gegenseitigem Respekt zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Polizei beitragen. Denn das offene Auftreten als Individuum und nicht als anonyme Masse ist das, was die Polizei bürgernäher macht.
Natürlich muss auch alles getan werden, um Rückfälle von Straftaten zu vermeiden. Neben Therapiemöglichkeiten, geeigneter Unterbringung und Betreuung sind dabei auch Auflagen und polizeiliche Maßnahmen gefragt.
Eine wichtige Aufgabe ist die Gewährleitung der Ordnung und Sicherheit, ob in S- und U-Bahnen oder im öffentlichen Raum insgesamt. Hier spielt ein effektiveres Zusammenspiel von Polizei und Sicherheitskräften eine große Rolle. Ein Konzept zur Verstärkung des Einsatzes auf Bahnhöfen wurde kürzlich vom Senat beschlossen. Grundlage dafür, dass die Polizei verantwortungsvoll ihre Aufgaben erfüllen kann, ist eine angemessene Personalausstattung, für die wir uns einsetzen. Kriminalitätsbekämpfung kann aber nicht alleinige Aufgabe von Polizeikräften sein. Sie umfasst vielmehr die Wahrnehmung von Verantwortung in vielen Bereichen, sei es Bildung und Erziehung, Zivilcourage bis hin zu Infrastrukturmaßnahmen und Stadtentwicklung. Ein gesellschaftliches Klima mit Toleranz, Respekt und Achtung ist die beste Grundlage zur Kriminalitätsbekämpfung.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Michels, MdA