Martina Michels
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Frage von Andre S. •

Frage an Martina Michels von Andre S. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Frau Michels,

mich interssiert, wie Ihre Meinung zu dem umstrittenen "Gesetzentwurf zur Sperre von Kinderporno-Webseiten" und die damit verbundene Indizierung und Sperrung von Internetseiten ist.
Sehen sie eine Gefahr für die Demokratie wenn das BKA mit nicht öffentlichen Listen beliebige Seiten ohne Richterliche Kontrolle sperren kann?
Wäre es nicht sinnvoller und nachhaltiger solche Websites dauerhaft aus dem Netz zu entfernen anstatt sie nur auszublenden?
Das das ohne großen Aufwand möglich ist hat u.a. eine Aktion von Carechield e.V. gezeigt (http://www.carechild.de/news/politik/internetzensur_carechild_versuch_blamiert_deutsche_politiker_566_1.html)
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Ihre persönliche Meinung zu diesem Thema schildern könnten.

Herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Martina Michels
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schmidt,

ich bedanke mich für Ihr Interesse und beantworte hiermit Ihre Frage zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet:

Ich unterstütze die Forderung nach wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet und sehe auch den akuten Handlungsbedarf. Der Kampf gegen Kindesmissbrauch in jeder Form muss dabei vor allem zielgenau und wirksam geführt werden. Im Fall der Kinderpornografie bedeutet das, gegen die Täter und gegen die Produzenten solchen Materials vorzugehen und die Strafverfolgungsbehörden entsprechend auszustatten. Das wäre nachhaltiger, als lediglich Internetseiten mit kinderpornografischem Material zu sperren, wie es ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung gegenwärtig vorsieht.
Die Freiheit des Internets ist offensichtlich für viele Bürgerinnen und Bürger ein hohes und schützenswertes Gut. DIE LINKE teilt diese Sicht und unterstützt demzufolge die Onlinepetition gegen die Koalitionspläne zur Sperrung von Internetseiten. Die Bundesregierung sollte die mittlerweile 70.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ernst nehmen und sie nicht als Verharmloser oder Schützer von Kinderpornografie verunglimpfen.
Dass eine Onlinepetition in so kurzer Zeit einen derartigen Erfolg haben kann, zeigt, welches demokratische Potenzial das Internet hat. Dieses Potenzial darf nicht durch intransparente, willkürliche Zensurmaßnahmen eingeschränkt werden. Die wache Internetöffentlichkeit erkennt Mogelpackungen, die zu anderen als den vorgegeben Zwecken gebraucht werden sollen. Lobbyisten verschiedenster Couleur trommeln bereits für eine Ausweitung der Sperren aus kommerziellen und politischen Gründen. Die Petition ist auch als Warnung vor einer solchen Ausweitung zu verstehen. Gegenwärtig kursiert im Internet ein Video, das anschaulich zeigt, wie diese Sperren in 27 Sekunden umgangen werden können. Im Übrigen werden die Seiten auch nicht aus dem Netz entfernt. Es gibt praktisch nur einen löcherigen Sichtschutz. Die Regierung muss sich somit fragen lassen, warum man nicht gezielt gegen die Anbieter vorgeht. Es sollte nicht darum gehen, zu versuchen, Seiten unsichtbar zu machen, sondern darum, sie wirklich aus dem Netz zu entfernen und die Täter zu verfolgen. Die Bundesregierung bleibt nach meiner Überzeugung in ihrem mit wahlkämpferischem Getöse vorgetragenen Engagement gegen Kinderpornografie an der Oberfläche und eröffnet neue rechtliche Grauzonen. Stattdessen sollte sie lieber die Kriminalämter mit ausreichend Personal und Technik für einen aussichtsreichen Kampf gegen die Täter und Produzenten kinderpornografischen Materials ausstatten. Denn die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass Kinderpornografie in abgeschotteten Gruppen direkt getauscht wird. Das kann aber nicht durch rechtlich problematische Internetsperren verhindert werden, sondern nur durch eine Stärkung der Kriminalämter.

Viele Grüße

Martina Michels, MdA
Europakandidatin auf der
Bundesliste DIE LINKE