Frage an Martina Krogmann von Patrick S. bezüglich Recht
Hallo Frau Dr. Krogmann,
Sie haben sicherlich die Neuigkeiten über den Amoklauf in Winnenden mitbekommen. Ich habe in diesen Punkten zwei Fragen, die mir auf der Zunge liegen:
a) Wie stehen Sie zu einem Verbot von Killerspielen? Diese (mich persönlich ermüdende) Debatte ist ja wieder hochgekocht in diesem Zusammenhang. Würden sie für oder gegen ein Verbot stimmen?
b) Halten Sie unser Waffengesetz für zu lasch? Es wurde ja von vielen Bundestagsabgeordneten gefordert, dass das Waffengesetz weiter verschärft wird und der Zugang zu Waffen erschwert werden soll.
Mit freundlichen Grüßen,
Patrick Sakrausky
Sehr geehrter Herr Sakrausky,
zunächst zur Thematik der "Killerspiele". Natürlich kann ich hier in diesem Rahmen nur einige grundsätzliche Bemerkungen dazu machen. Was wir brauchen, ist eine ruhige und sachliche Analyse eines sehr schwierigen multikausalen Problems. Was wir nicht brauchen sind immer wiederkehrende reflexartige Schnellschüsse. Es gibt Spiele, die in Deutschland aus guten Gründen nicht verkauft werden dürfen. Das sollte auch so bleiben. Wer sie trotzdem in Deutschland verkauft, macht sich strafbar. Auch das ist richtig.
Sehr intensiv sollten wir aber über die Frage nachdenken, ob derjenige, der solch ein Spiel bloß besitzt und spielt, sich strafbar machen sollte. Der Besitz von Kinder-Pornos ist strafbar. Dies ist deshalb richtig, weil hier die Kinder, die Opfer der Hersteller geworden sind, geschützt werden sollen. Bei verbotenen Spielen greift diese Analogie nicht. Durch die bloße Herstellung und den bloßen Besitz der Spiele sind noch keine Menschen geschädigt worden. Daher wäre eine Vorverlegung der Strafbarkeit auf den bloßen Besitz meiner Meinung nach zwar populär, sachlich aber - auch unter rechtssystematischen Gesichtspunkten - nicht zutreffend.
Die Diskussion über die Kausalzusammenhänge zwischen Amokläufern und Spielern von Computerspielen - verbotenen und erlaubten - ist umfangreich. Klar ist jedoch, dass die Spiele sicher nicht die alleinige Ursache für die Amokläufe sind. Die Gründe für jeden dieser Amokläufe hängen natürlicherweise sehr vom Einzelfall ab. Eine Patentlösung wird es hier nicht geben und auch nicht geben können. Es gab Amokläufe von Menschen, die niemals am Computer gespielt haben. Da es glücklicherweise wesentlich weniger Amokläufer als Nutzer verbotener Spiele gibt, ist die Strafbarkeit des bloßen Besitzes auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität mehr als problematisch. Ich denke, die bestehenden Regelungen sind im Wesentlichen ausreichend. Seit 2003 besteht die Pflicht, Spiele, die an Minderjährige verkauft werden sollen, der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) vorzulegen. Die Altersfreigabe ist seither verbindlich und nicht mehr eine bloße Empfehlung. Der Vertrieb von Computerspielen ohne Altersfreigabe ist im Versandhandel und im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen (beispielsweise am Kiosk) verboten.
Zum Waffenrecht: Aus meiner Sicht bedarf es keiner weiteren Änderung des Waffenrechts. In den vergangenen Jahren haben wir mehrere Verschärfungen vorgenommen, u.a. bei den Aufbewahrungspflichten, beim Mindestalter zum Erwerb von Schusswaffen und beim Verbot von "Pump-Guns". Am 1. April 2008 sind weitere Änderungen in Kraft getreten, die insbesondere Stichwaffen und die sogenannten "Anscheinswaffen" betreffen. Das deutsche Waffenrecht wurde permanent an die sich wandelnden Anforderungen angepasst. Im Fall des Amoklaufes von Winnenden wurde gegen geltendes Recht verstoßen - gegen Rechtsverstöße helfen auch schärfere Gesetze nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Krogmann