Frage an Martina Krogmann von Bernd M. bezüglich Wirtschaft
Was will die CDU tun, damit Deutschland ein flächendeckendes DSL-Netz bekommt? Es gibt ja immer noch wüstenähnliche Regionen auf diesem Gebiet?
Sehr geehrter Herr Müller,
für Ihre mail zu den DSL-Versorgungslücken in Deutschland, einem Thema, das mich als Sprecherin für Telekommunikation und Neue Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion politisch sehr beschäftigt, danke ich Ihnen.
Eine moderne, breitbandige Telekommunikationsinfrastruktur ist ein immer wichtigerer Standortfaktor im internationalen Wettbewerb. Schon in naher Zukunft werden noch mehr Angebote im Internet nur mit einem schnellen Zugang zum Netz genutzt werden können. Diejenigen Nutzer, die nur einen analogen oder ISDN-Anschluss haben, werden von vielen Anwendungen ausgeschlossen sein. Deutschland ist unter Rot-Grün bei der Breitbandpenetration im internationalen Vergleich weit zurückgefallen. Nur 17 % aller Haushalte in Deutschland nutzen einen Breitbandanschluss. Damit liegen wir weiter hinter den USA, Japan und Südkorea und noch unter dem europäischen Durchschnitt von 20 %.
Neben der geringen Anschlussrate haben wir in Deutschland ein weiteres Problem: viele Regionen in Deutschland gerade in dünner besiedelten, ländlichen Räumen sind von der Breitbandnutzung gewissermaßen ausgeschlossen. Ein DSL-Anschluss steht nicht zur Verfügung, da es für die TK-Unternehmen aus betriebswirtschaftlichen Gründen vielfach unrentabel ist, Leitungen zu verlegen. Dies stellt einen gravierenden strukturellen Standortnachteil für die betroffenen Regionen dar: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, Verlust von Arbeitsplätzen und Unattraktivität als Wohnort sind die Folge.
Wir müssen Chancengleichheit zwischen Ballungszentren und ländlichen Regionen herstellen. Alle Deutschen müssen gleichermaßen an den Potentialen und Chancen von Breitband-Internet teilhaben können, so dass nicht eine weitere Dimension sozialer Ungleichheit entsteht. Eine Spaltung der Gesellschaft in Online und Offline, in Breitband und Schmalband können wir uns nicht leisten, wenn wir unseren wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie unseren Wohlstand nachhaltig bewahren wollen.
Besonders wichtig ist dabei die Verfügbarkeit von Breitband für Regionen, die von den wirtschaftlichen Zentren und Ballungsräumen weit entfernt liegen. Erst eine leistungsfähige Internet-Anbindung sorgt dafür, dass Entfernungen im Wirtschaftsleben einer zunehmend auf Dienstleistung fokussierten Gesellschaft eine immer geringere Rolle spielen. Gerade für den ländlichen Raum birgt diese Entwicklung potentiell große Chancen.
Durch das Engagement der CDU/CSU-Fraktion und der CDU/CSU-regierten Bundesländer konnten bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im letzten Sommer erhebliche Verbesserungen gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung durchgesetzt werden. Wir haben uns im Interesse eines dynamischen Wettbewerbs für einfache und übersichtliche, in sich stimmige Regelungsstrukturen eingesetzt.
Derzeit dominiert die Deutsche Telekom AG noch mit 5,7 Mio. DSL-Anschlüssen (dies entspricht etwas mehr als 86%) den Markt für breitbandige Internet-Zugänge. Andere bundesweit oder regional beschränkt tätige Anschlussnetzbetreiber haben derzeit einen Marktanteil von 13,6%. Seit der Verabschiedung des TKG hat in den Ballungszentren ein wettbewerbsbedingter Preiskampf verschiedener Anbieter von DSL-Anschlüssen und anderen breitbandigen Diensten eingesetzt. In ländlichen Regionen und in weiten Teilen der neuen Bundesländer stehen der Entwicklung in den Ballungszentren aber nach wie vor erhebliche Versorgungsdefizite gegenüber:
Nach wie vor sind 4,8 Millionen Haushalte und Unternehmen von der DSL-Versorgung ausgeschlossen:
- 1,8 Millionen Kunden in den so genannten OPAL-Gebieten mit heute nicht breitband-fähigem Glasfasernetz in den neuen Bundesländern und in Teilen Westdeutschlands,
- eine Million Kunden in ländlichen Regionen und Stadtrandgebieten, in denen die maximale Kupferkabelreichweite von 4,5 Kilometern überschritten wird,
- zwei Millionen Kunden in Regionen mit zu geringer Nachfrage, als das sich Investitionen zum DSL-Ausbau für die Unternehmen betriebswirtschaftlich lohnen würden.
Erste negative Folgen dieser Entwicklung gibt es schon jetzt: Viele Firmen und Freiberufler, die zunehmend auf einen schnellen Internetzugang angewiesen sind, wandern aus den benachteiligten Regionen ab, andere Unternehmen siedeln sich in Gegenden ohne bezahlbaren Breitbandanschluss gar nicht erst an. Viele Verbraucher sind von den neuen Diensten und Angeboten im Internet (Musik, TV, e-Leraning, eGovernment, etc.) von vornherein ausgeschlossen.
Das zentrale Problem fehlender Flächendeckung ist die derzeitige Fokussierung in Deutschland auf DSL: 97% aller Breitbandanschlüsse entfallen darauf. Alternative Zugangstechnologien wie Fernsehkabel, Satellit oder Powerline (Zugang über Stromleitung) haben vor allem wegen der Kosten oder technischer Mängel nur äußerst geringe Marktanteile. Insbesondere der Zugang über das Fernsehkabelnetz (CATV) – in anderen Ländern die Alternative zu DSL – spielt in Deutschland keine große Rolle. Notwenige Milliardeninvestitionen für die Rückkanalfähigkeit der Kabelnetze scheitern vor allem an der zersplitterten Eigentümerstruktur auf den verschiedenen Netzebenen.
Versorgungslücken gerade im ländlichen Raum könnten jedoch durch neue Zugangstechnologien geschlossen werden. Vor allem die neuen Funktechnologien wie WIMAX oder portable DSL (UMTS) könnten gerade für die bisher benachteiligten Gebiete erhebliche Chancen bieten. Die ersten Pilotprojekte haben bereits erfolgreich den Betrieb aufgenommen. Bei dem zu erwartenden Preisverfall für die neuen Technologien ist damit zu rechnen, dass immer mehr Gebiete zu wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen einen Breitbandzugang erhalten werden.
Diese Entwicklung zeigt, dass der Infrastrukturwettbewerb – nur Tschechien und Kroatien haben nach einer Studie von Arthur D. Little weniger Wettbewerb bei den Zugangstechniken und weniger Wachstum der Breitbandanschlussrate – in Deutschland dringend gesteigert werden muss. Eine Studie der britischen Telekommunikationsberatung SPC Network zeigt, dass EU-weit mit jedem Prozent Abnahme der Marktkonzentration bei Breitband-Zugängen die Verbreitung von schnellen Internetanschlüssen um 3% gestiegen ist.
Die Bundesregierung hat die Novelle des Telekommunikationsgesetzes, deren Hauptziel die Steigerung des Wettbewerbs bei Infrastrukturen und Diensten war, einfach verbummelt und zwei Jahre zu spät verabschiedet. Viele andere EU-Staaten waren hier einfach schneller und haben uns auf dem Gebiet der dynamischen Kommunikationstechnologien überholt. Damit trägt die Bundesregierung die Verantwortung dafür, dass wir in einem weiteren innovativen Bereich unserer Volkswirtschaft den Anschluss verloren haben.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass wir eine Henne-Ei-Problematik in Deutschland haben: Breitbandige Internet-Zugänge bieten dem normalen Bürger mangels ansprechender Angebote noch keinen attraktiven Mehrwert. Ein Boom anspruchsvoller und innovativer Angebote ist aber nicht zu erwarten, solange die Breitbandpenetration in Deutschland noch gering ist.
Dies muss anders werden. Dabei kommt der Politik eine entscheidende Rolle zu. In einem modernen, zukunftsfähigen Staat muss die öffentliche Hand selbst attraktive Dienstleistungen und Inhalte online anbieten und so Impulse setzen. Neue Dienste im Bereich e-government, e-health und e-learning bedingen in der Regel einen breitbandigen Internet-Zugang und machen damit das Breitband für den Bürger noch interessanter, da es ihm die Teilnahme am wirtschaftlichen und kulturellen Leben erleichtert und gleichzeitig viele staatliche und kommunale Dienstleistungen vor Ort ermöglicht.
Schließlich dürfen Investitionen und Innovationen nicht durch regulatorische Hindernisse blockiert oder verzögert werden. Dazu ist eine schnelle und konsequente Umsetzung der Rechtsvorschriften und Wettbewerbsregeln der EU unerlässlich: Schnelligkeit ist von grundlegender Bedeutung in einem sich derartig rasch entwickelnden Sektor. Jede Verzögerung bei Marktanalysen oder der Erlassung der daraus resultierenden Regulierungsmaßnahmen hat äußerst negative Signalwirkung auf Unternehmen und Verbraucher. Geplante Investitionen bleiben aus, solange ein entsprechender verlässlicher Rechtrahmen fehlt. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass das geplante Lizenzvergabeverfahren für die WiMAX-Frequenzbänder so schnell wie irgend möglich abgeschlossen wird - die Investoren brauchen schnellstmöglich Sicherheit. Deshalb dürfen Investitionen auf neuen Märkten und in neue Technologien nicht durch staatliche Regulierung behindert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Krogmann