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Martina Krogmann
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Frage von Thomas D. •

Frage an Martina Krogmann von Thomas D. bezüglich Wirtschaft

Liebe Martina Krogmann,

warum hat die CDU-Fraktion im gestrigen Wirtschaftsausschuß für die Umdefinition von offenen Standards gestimmt?

Ist der Fraktion bekannt, daß dadurch offene Standards quasi geschlossen werden, weil durch das vorgesehene Lizenzmodell lediglich die großen Anbieter (wie z. B. Microsoft) gefördert, freier Software (Opensource) aber Nachteile entstehen? Freie Software wird vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) genutzt. Der Service wird auch von KMUs geleistet.

Durch diesen Beschluß wird die Vormachtstellung einiger Großkonzerne gefestigt oder sogar noch ausgebaut, was zu *weniger* Wettbewerb führen wird. Haben die Koalitionsfraktionen diese Folge bedacht?

Für die Antworten schon mal vielen Dank im Voraus.

Liebe Grüße aus Niedersachsen

Thomi Dammann
Dipl.-Inform.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dammann,

bei Ihren Fragen geht es um den Antrag der Großen Koalition „Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern“.

In dem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, das Bewusstsein für offene Dokumentenstandards in Wirtschaft, Verwaltung und Politik durch verschiedene Maßnahmen zu fördern und dadurch den Zugang zu Wissen und Information für alle zu gewährleisten. Ich habe den Antrag maßgeblich miterarbeitet und bin sehr froh, dass es uns in der Großen Koalition gelungen ist, diesen für die Informationsgesellschaft so wichtigen Antrag zu verabschieden. Deshalb nehme ich zu Ihren Bedenken sehr gerne Stellung, da aus meiner Sicht in der öffentlichen Diskussion durch zum Teil falsche Berichterstattung ein falscher Eindruck entstanden ist.

Lassen Sie mich zuallererst anmerken, dass niemand für die „Umdefinition von offenen Standards“ gestimmt hat. In unserem Änderungsantrag heißt es: „Standards sollen dann als „offen“ betrachtet werden, wenn sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert sind. Die Schnittstellen müssen offen gelegt und die technischen Spezifikationen umsetzbar sein. Die Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen soll dabei den Vorgaben der internationalen Standardisierungsorganisationen entsprechen.“

Über die grundsätzlichen Kriterien, die einen offenen Standard ausmachen, herrscht weitestgehend Einigkeit, und diese spiegeln sich selbstverständlich im Antrag wider. Der zentrale Streitpunkt – und letztendlich eine weltanschauliche Frage – ist jedoch, ob ein offener Standard Patente und Lizenzanforderungen enthalten darf oder nicht.

Es ist klar, dass die verschiedenen Interessengruppen abweichende Anforderungen an die Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen stellen. In Ihrer Frage beziehen Sie sich vermutlich auf den Kriterienkatalog, der in der *Freien Software*-Bewegung zur Definition von offenen Standards verwendet wird und der explizit jegliche Patent- und Lizenzansprüche ausschließt.

Die drei wichtigsten internationalen und zwischenstaatlich anerkannten Standardisierungsorganisationen sind die ITU (International Telecommunication Union), die ISO (International Organization for Standardization) und die IEC (International Electrotechnical Commission). Diese Organisationen entscheiden letztendlich darüber, was ein internationaler Standard wird. Alle drei erlauben dabei auch Standards, die Patente enthalten und/oder eine besondere Lizenzierung erfordern. Die Nutzungsbedingungen müssen jedoch in diesen Fällen immer nach dem RAND-Prinzip („Reasonable And Non-Discriminatory“) erfolgen.

Nehmen Sie als Beispiel das Open Document Format (ODF), das ohne Zweifel von allen Seiten als ein offener Standard anerkannt wird. Dieses Format wurde nicht von einer Vereinigung aus der *Freien Software*-Szene, von der EU-Kommission oder vom Deutschen Bundestag zum Standard erhoben, sondern von der ISO (Norm ISO/IEC 26300).

Deshalb haben wir uns dafür entschlossen, in dieser wichtigen Frage der Auffassung der anerkannten und dafür zuständigen Organisationen zu folgen und haben auf eine eigene Definition verzichtet. Die Informationsgesellschaft ist nicht deutsch, sie ist auch nicht europäisch, sondern sie ist global!

Die Große Koalition hat den Begriff „offener Standard“ also mitnichten umdefiniert oder gemäß den Interessen einiger Großkonzerne zurecht gebogen. Auch werden durch die gewählte Formulierung weder offene Standards geschlossen, noch gibt es ein vorgeschriebenes Lizenzmodell. Vielmehr wird der Wettbewerb auch unter den verschiedenen Standards gefördert, denn letztendlich entscheidet sich am Markt, welches Format angenommen wird und die größere Verbreitung findet.

Meine Rede finden Sie unter: siehe Link
http://www.martina-krogmann.de/index.asp?Cat=2&Sub=3&inc=berlin/plenum.asp

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantworten und Ihre Befürchtungen zerstreuen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Krogmann