Frage an Martina Krogmann von Julian M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geenrte Frau Krogmann,
ich habe im Fernsehen mitverfolgt, wie Sie den Vorwurf, dass es sich bei den "Internetsperren" gegen Kinderpornografie um Zensur handelt, entschiedenen zurückgewiesen haben.
Dazu habe ich zwei Fragen:
1. Was verstehen Sie unter Zensur? Der Duden sagt nämlich folgendes: "[...] von zuständiger, bes. staatlicher Stelle vorgenomme Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o.Ä., bes. auf politische, gesetzlische, sittliche od. religiose Konformität [...]". Es findet doch aber von staatlicher Stelle (dem BKA) eine Überprüfung von Internetseiten auf gesetzliche Konformität statt, oder etwa nicht?
2. Wie stellen Sie sicher, dass die von Ihnen unterstützte Infrastruktur zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Seiten nicht von späteren Regierungen dafür genutzt wird, andere Inhalte zu filtern?
Mit freundlichen Grüßen
Julian Moritz
Sehr geehrter Herr Moritz,
es gibt in Deutschland keine Zensur - schon gar nicht im Zusammenhang mit der Sperrung von kinderpornografischen Inhalten im Internet. Es ist für mich wirklich unerträglich, dass es anscheinend immer noch Personen gibt, für die das Betrachten von Bildern, auf denen Kleinstkinder und oftmals sogar Säuglinge vergewaltigt und gequält werden, zur Informationsfreiheit gehört! Ich wiederhole: dies ist unerträglich! Das Sperren solcher Seiten hat mit Zensur nichts, aber auch gar nichts zu tun!!!!!
Nochmals, allerdings auch wirklich zum letzten Mal, hier auch die rechtliche Begründung:
Bei der Kinderpornographie geht es rechtlich grundsätzlich um zwei Komplexe:
Zum einen bedroht § 184b des Strafgesetzbuches (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) all diejenigen mit Strafe,
- die kinderpornographische Schriften, wozu auch Ton- und Bildträger sowie Datenspeicher gehören, verbreiten,
- solche Schriften öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder
- die diese Machwerke herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ankündigen, anpreisen, einzuführen oder auszuführen unternehmen.
Dies sind diejenigen, die kinderpornographische Inhalte ins Netz stellen.
Gemäß § 184b des Strafgesetzbuches gilt grundsätzlich aber auch, dass sich strafbar macht, wer es unternimmt, sich kinderpornographische Schriften - dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Netz - zu verschaffen.
Der Bundesgerichtshof hat dies folgendermaßen präzisiert: "Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz, weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden" (BGH 1 StR 430/06 - Beschluss vom 10.10.2006). Entsprechend ist die Sperrung einer derartigen Seite als die Verhinderung einer Straftat zu qualifizieren. UND EBEN NATÜRLICH NICHT ALS ZENSUR!!!!
Zu Ihrer zweiten Frage:
Das Gesetz ist auf drei Jahre begrenzt. Bis dahin haben wir folgendes beschlossen:
Wortlaut des Gesetzes in § 1:
§ 1 Sperrliste
(1) Das Bundeskriminalamt führt eine Liste über vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen (Sperrliste).
In der Begründung heißt es:
"Die im Gesetzentwurf bisher für das Telemediengesetz vorgeschlagenen Regelungen zur Zugangserschwerung werden in eine spezialgesetzliche Regelung überführt. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornographischen Inhalten. Mit dem neuen Regelungsstandort in einem besonderen Gesetz soll noch deutlicher werden, dass eine Zugangserschwerung auf weitere Inhalte nicht beabsichtigt ist. Der Änderungsantrag geht damit auf die vielfach geäußerten Befürchtungen ein, die Zugangserschwerung könnte mittelfristig weiter ausgedehnt werden."
Noch klarer wird unser Ziel in § 7, Absatz 2:
§ 7 Zivilrechtliche Ansprüche:
(2) Zivilrechtliche Ansprüche gegen Diensteanbieter nach § 2, mit den zur Umsetzung dieses Gesetzes geschaffenen technischen Vorkehrungen Sperrungen vorzunehmen, sind ausgeschlossen.
Begründung: "Der neue Absatz 2 stellt sicher, dass das Sperrlistenverfahren nicht zur Begründung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche genutzt wird. Mit dieser Klarstellung wird der Befürchtung begegnet, dass Gerichte zukünftig aufgrund der durch das Sperrlistenverfahren nach diesem Gesetz vorhandenen technischen Infrastrukturen zu der Schlussfolgerung gelangen könnten, Zugangsvermittler seinen nunmehr auch im Hinblick auf andere Rechtsverletzungen (z.B. Rechte am geistigen Eigentum) zivilrechtlich zumutbar zur Sperrung heranzuziehen."
Gruß
Martina Krogmann