Frage an Martina Krogmann von Christoph W. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag Frau Dr. Krogmann,
bzgl. der Millenniumsziele möchte ich gerne wissen,
- wie Sie den Stand der Umsetzung einschätzen und
- ob diese Ziele erreicht werden werden.
Für andere Leser und User:
Bei diesen Zielen handelt es sich um - auf dem UN-Jahrtausendgipfel in New York 2000 - von den Staats- und Regierungschefs versprochene Ziele, die bis zum Jahr 2015 verwirklicht werden sollen.
Hinter dem Begriff stehen acht Entwicklungsziele: Dazu gehört die Halbierung der Zahl der Menschen, die bitterarm sind und hungern, Grundschulzugang für alle Jungen und Mädchen, die Gleichstellung der Geschlechter, die Absenkung der Kinder- und Müttersterblichkeit, der Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose sowie der Erhalt einer intakten Umwelt - und das alles unterstützt durch verlässliche Finanzhilfen der Industriestaaten, die sich zudem für ein faires Weltfinanz- und Handelssystem einsetzen.
Herzlichen Dank!
Christoph Witthöft
Sehr geehrter Herr Witthöft,
in der Tat macht mir der Stand der Umsetzung Sorge. Dem Jahresberichtbericht 2008 der VN zufolge, haben Industrie- wie auch Entwicklungsländer ihre Zusagen nicht eingehalten und nur mäßiges Engagement zur Umsetzung der MDG gezeigt.
Die Millenniumserklärung, die den bisher breitesten Konsens über die Kernelemente entwicklungspolitischen Handelns darstellt, richtet sich gleichermaßen an die Industrie- und die Entwicklungsländer. Sie verpflichtet jeden einzelnen Staat darauf, seinen Anteil an der Erreichung der Millenniumsziele zu leisten. Auch wenn es in Teilbereichen positive Entwicklungen gibt, die MDG (Millennium Development Goals) wegen der Entwicklungserfolge in den bevölkerungsreichen Schwellenländern global betrachtet möglicherweise sogar erreicht werden können, ist festzustellen, dass viele der ärmsten Länder der Erde – vor allem in Subsaharaafrika – noch weit von ausreichenden Fortschritten entfernt sind. Dies liegt aus meiner Sicht an Versäumnissen auf beiden Seiten, sowohl auf Seiten der Industrieländer als auch auf Seiten der Entwicklungsländer selbst. Es steht zu befürchten, dass die gegenwärtige weltweite Finanz- und Wirtschaftkrise die Situation noch verschlechtern wird. Die Vereinten Nationen (VN) haben deutlich gemacht, dass die MDG nur durch erhebliche Kraftanstrengungen, sowohl in den Entwicklungsländern als auch den Industriestaaten zu erreichen sind. Diese zeichnen sich jedoch nicht in hinreichendem Maße ab.
Auf der Seite der Entwicklungsländer stehen Mängel bei allen oder Teilen der für gute Regierungsführung relevanten Elemente im Vordergrund. Eine Studie der Weltbank belegt den engen Zusammenhang zwischen Regierungsführung und Pro-Kopf-Einkommen und unterstreicht damit die zentrale Verantwortung der Partner. Auf der Seite der Industrieländer sind unzureichendes Engagement für die Herstellung einer auf Interessensausgleich abzielenden Handels- und Finanzordnung, Defizite bei Art und Umfang der Entwicklungsfinanzierung, mangelndes Engagement in Fragen der Regierungsführung, mangelnde Zuverlässigkeit, Koordination, Vorhersehbarkeit und Langfristigkeit der Entwicklungsfinanzierung zu konstatieren. Hinzu kommt die Herausforderung, die Hilfe effizienter und arbeitsteiliger auszugestalten.
Für mich ist die Entwicklungspolitik ein Gebot der Solidarität mit den weniger entwickelten Staaten. Gerade in der vergangenen Woche haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen großen "Afrika-Kongress" abgehalten, auf dem die Bundeskanzlerin auch gemeinsam mit Bob Geldorf dieses Ziel auch und gerade in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich gemacht hat. Auch uns hat der bei einigen Ländern zu beobachtende Rückgang der öffentlichen Entwicklungsleistungen, zuletzt dokumentiert in dem am 11. Juni diesen Jahres vorgestellten DATA Bericht, besorgt. Die Bundeskanzlerin hat die G-8 Partner mehrfach mit Nachdruck dazu aufgerufen, ihren Zusagen nachzukommen.
Dazu möchte ich auf die bisher beispiellose Steigerung des Entwicklungshaushalts in dieser Legislaturperiode hinweisen. Unter Bundeskanzlerin Merkel haben wir unseren Etat für Entwicklungshilfe nach Jahren der Absenkungen um rund 2 Mrd. € gesteigert. Es hat sich etwas bewegt bei der Entwicklungsfinanzierung, und zwar in großen Schritten. Der schon erwähnten DATA-Bericht würdigt Deutschland bei den innovativen Finanzierungsinstrumenten als Spitzenreiter. Dessen ungeachtet werden wir bei der Entwicklungsfinanzierung zukünftig noch dicke Bretter zu bohren haben. Und wir dürfen nicht vergessen, dass zur Erreichung der Ziele der Millenniumserklärung weitaus differenzierte Anstrengungen der Entwicklungspartner erforderlich sind, als die Einhaltung der Finanzierungsversprechen durch die Bundesregierung. Auch an diesen Herausforderungen arbeiten wir intensiv.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Krogmann