Frage an Martin Stümpfig von Harald K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Stümpfig,
am 28. April 2015 haben Sie auf diesem Portal als Antwort auf meine These "es gibt niemals chemische Speicher die die Schwankungen von Wind und Solar ausgleichen können" ohne Begründung geantwortet, „das ist falsch“.
Nun kann man lesen (https://www.lr-online.de/lausitz/spremberg/letzte-container-angeliefert-big-battery-in-schwarze-pumpe-waechst-42439456.html), daß das Unternehmen Leag derzeit in Schwarze Pumpe aktuell Europas größten elektrischer Speicher, die sogenannte Big Battery baut. Dieses als Sensation bejubelte Projekt kostet nach Plan 25 Mio. €, benötigt eine frisch versiegelte Fläche Land von 5.830 m² und speichert maximal 53 MWh.
Bei einer in Deutschland benötigten elektrischen Leistung von 70 GW, resultiert daraus eine Strommenge von 1.680.000 MWh, d.h. würde man diese Leistung mit dieser Big Battery decken wollen, gelänge dies exakt 2,725 Sekunden (53 MWh * 3600 s/h / 70.000 MW). Sogenannte Dunkelflauten ziehen sich aber leider häufig über mehrere Tage hin, doch selbst wenn man auch nur einen einzigen Tag mit derartigen Speichern überbrücken möchte, benötigte man 32000 derartige Akkus, Kosten etwa 792 Milliarden €.
Fünf Jahre nach ihrer ersten Antwort und unter Berücksichtigung der von mir beschriebenen Realität bezüglich „chemischer Speicher“ frage ich Sie erneut:
Fordern Sie bzw. Ihre Partei die Grünen bei tendenziell steigendem Stromverbrauch und dem drohenden Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohleverstromung in den nächsten Jahren 1 Billion € für „Batterien“ auszugeben und falls ja warum scheuen Sie sich davor mit diesem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen? Falls nein, woher sollen die 1.680.000 MWh/d alternativ herkommen?
Mit freundlichen Grüßen
Harald Kroemer
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für ihre Fragen. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir so schnell wie nur möglich auf 100 % Erneuerbare Energien umsteigen. Derzeit haben wir rund 45 % Erneuerbaren Energien im Netz. Erfreulich ist, dass die Netzausfälle in den letzten Jahren sogar abnahmen, obwohl die Umstellung grundlegend ist. [1] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Versorgungsunterbrechungen/Auswertung_Strom/Versorgungsunterbrech_Strom_node.html
Während wir im Jahr 2007 noch 196.300 Unterbrechungen in allen deutschen Niederspannungsnetzen hatten, waren es im Jahr 2018 nur noch 143.700 Unterbrechungen. Das ist eine erhebliche Reduzierung und widerlegt ihre These. In in allen deutschen Mittelspannungsnetzen gab es im Jahr 2007 noch 39.500 Unterbrechungen, im Jahr 2018 waren wir bei nur noch 23.700 Unterbrechungen.
Siehe auch:
[2] https://www.pv-magazine.de/2018/10/08/weiter-sehr-hohe-versorgungssicherheit-in-deutschland/
Mit Batterien wird man keine Dunkelflaute vollständig überbrücken. Wir brauchen sowohl Kurzzeit-, als auch Langzeitspeicher. Eine Unterscheidung nehmen Sie in Ihrer Ausführung hier nicht vor.
Mit Kurzzeitspeichern (Pumpspeicher, Batterien, Druckluft…) kann man z.B. die Frequenz im Stromnetz auf exakt 50 Hertz halten. Langzeitspeicher (zukünftig v.a. Wasserstoff) dienen dazu die sogenannte Dunkelflaute zu überbrücken. In einer Übergangsphase können dies auch Gaskraftwerke auf fossiler Basis leisten, die derzeit vorhanden Kapazitäten reichen weitgehend aus. Die Einsatzzeiten dieser Kraftwerke, auch als Netzreserve deklariert, werden aber nur wenige Hundert Stunden im Jahr betragen. Deshalb werden derzeit die ersten dieser Kraftwerke von den Übertragsungsnetzbetreibern betrieben.
Die Widerstände kommen v.a. von Seiten der alten fossilen Lobby. Die gilt es zu überwinden. Die dramatische Zunahme der Erdüberhitzung verlangt entschlossenes Handeln.
Hier weitere interessante Informationen für Sie:
[3] https://www.boell.de/sites/default/files/energieatlas2018.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Martin Stümpfig