Frage an Martin Stümpfig von Harald K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Stümpfig,
vielen Dank für Ihre sehr ausführliche Stellungnahme. Allerdings - und das war Ihnen vermutlich so nicht bewußt - haben Sie politikertypisch in etwa der Hälfte Ihrer Antwort Fragen thematisiert nach welchen ich nicht gefragt hatte (Wärme, Mobilität, Einsparung). Meine Frage bezog sich ausschließlich auf die Stromerzeugung. Nachdem abgeordnetenwatch.de nur eine kurze Nachfrage zuläßt beschränke ich mich auf zwei konkrete Punkte Ihrer Antwort. Sie schreiben "Gaskraftwerke werden noch einige Jahrzehnte benötigt", warum schreiben Sie nicht richtigerweise "dauerhaft benötigt". Selbst wenn sie rechnerisch 2030 100% EE hätten, müßten Sie grundsätzlich in der Lage sein zeitweise mindestens 80% des Verbrauchs durch konventionelle Stromerzeugung abzudecken. Als Ingenieur müßte Ihnen ja klar sein, daß es niemals chemische Speicher geben kann die Schwankungen der wind- und solarerzeugten Menge ausgleichen können. Auf die Frage nach den Pumpspeicherkraftwerken sind Sie wohlweislich gar nicht erst eingegangen. Außerdem müßten Sie die Frage beantworten über welchen Zeitraum Sie Speicherenergie bereitstellen wollten, sind das eher Minuten, Stunden oder Tage und was passiert bei Extremwetterlagen, wenn die Speicherkapazität erschöpft ist? Etwas wundern muß ich mich über ihre Aussage, daß die Anzahl der Windräder nicht zu berechnen wäre, obwohl Sie die benötigten Zahlen selbst angeben (Verbrauch: 600TWh, eine Turbine: 10GWh). Wenn Ihre Angaben stimmen müßten 2030 etwa 60% des Stroms durch Wind erzeugt werden, daß wären etwa 40000 Windkraftanlagen (Kosten: etwa 200 Milliarden € plus Kosten für PV, Gaskraftwerke, Speicher, Netze ...). Wollen die Grünen aus ideologischen Gründen, d.h. ohne Berücksichtigung der naturwissenschaftlichen Gegebenheiten, das Land wirklich mit 40000 gigantischen Industriebauten - ein Großteil davon in Bayern - plus den von Ihnen erwähnten Stromtrassen zupflastern und gleichzeitig in die Pleite treiben?
Viele Grüße
H. Kroemer
Sehr geehrter Herr Kroemer,
Ich bin in meiner ersten Antwort auf die Bereiche Wärme, Mobilität und Effizienz eingegangen, da kein Bereich losgelöst betrachtet werden kann und wir z.B. große Strommengen in Zukunft im Wärme- und Strombereich einsetzen werden. Die Speicherfrage ist sicherlich entscheidend. Es gibt durchaus Möglichkeiten. Diese müssen aber nun endlich zur Marktreife gebracht werden. Ich habe heute erst ein Forschungsprojekt des ZAE in Epplas bei Hof besucht. Hier wird auf der Niederspannungsebene mit Batteriespeichern die Netzstabilität erhöht und die Selbstversorgung maximiert. Diese Ansätze gilt es auszubauen. Wir können durchaus durch intelligente Speicher, durch Lastmanagement und ein gut funktionierendes Stromnetz auf der Verteil- und Hochspannungsebene den Einsatz von fossilen Kraftwerken sehr stark reduzieren. Derzeit blockieren Regularien des alten Stromzeitalters den Durchbruch bei den Speichern. Natürlich brauchen wir in wenigen Hundert Stunden im Jahr immer noch die alten fossilen Gaskraftwerke. Aber diese Dunkelflauten sind zeitlich sehr begrenzt. Deshalb können diese Leistung auch Gaskraftwerke erbringen, die vom Wirkungsgrad nicht mehr den modernsten Stand aufweisen (sie laufen eben nur wenige Hundert Stunden im Jahr). Es gibt Speicher für verschiedene Einsatzzwecke. Ihre Aussage "es gibt niemals chemische Speicher die die Schwankungen von Wind und Solar ausgleichen können" ist einfach falsch. Ich sage nicht, dass es leicht wird. Aber welche Alternative bleibt uns denn? Atomkraft? Weitere Klimaerwärmung durch ein Beibehalten des fossilen Pfades? Ihre Windkraftzahlen in Höhe von 40.000 Anlagen haben keinerlei Grundlage. In Bayern haben wir derzeit rund 750 Stück. Hierunter sind viele Anlagen der ersten Stunden - sie produzieren nur 500.000 Kwh/Jahr. Eine moderne Anlage produziert heute das 10 fache. An besten Standorten das 20 fache. Durch Repowering können wir also bei Beibehaltung der Anlagenzahl die Strommenge sehr stark steigern. Deshalb wiederhole ich: Welche sinnvolle Alternative haben wir? Die erneuerbaren Energien werden bereits in wenigen Jahren die billigste Form der Energieerzeugung sein. Die sauberste und die mit den wenigsten Altlasten sind sie heute schon - die billigste eigentlich auch, wenn man endlich ehrlich die Umweltkosten der fossilen und atomaren Kraftwerke einberechnen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Stümpfig