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Frage von Ulrich O. •

Frage an Martin Schulz von Ulrich O.

Sehr geehrter Herr Schulz,

vielen Dank für Ihre Antwort (11.05.) auf meine Frage vom 28.11. Meine folgende Frage versteht sich gleichsam als Ergänzung zu meiner Frage vom 27.1.15.

Sie schreiben, dass in Europa zahlreiche Initiativen zur Lösung der Flüchtlinksproblematik durchgeführt würden
"Weitere Mittel zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation vor Ort sind die Freihandelsabkommen mit Afrika. So hat die Europäische Union im März 2013 Verhandlungen mit Marokko über ein vertieftes und umfassendes Freihandelsabkommen aufgenommen. Vorgespräche über ähnliche Abkommen haben auch mit drei weiteren Staaten des südlichen Mittelmeerraums begonnen, nämlich Ägypten, Jordanien und Tunesien."

Halten Sie diese Freihandelsabkommen ernsthaft für sinnvollen Lösungsansatz zur Flüchtlingsproblematik? Das bestehende Freihandelsabkommen EPA wird selbst von Merkels Afrikabeauftragten Günter Nooke kritisiert - und die Regierung Merkel steht Freihandelsabkommen wie CETA, TTIP oder TISA bekanntlich sehr offen gegenüber ( http://www.euractiv.de/sections/entwicklungspolitik/afrika-beautragter-nooke-freihandelsabkommen-epa-macht )

Report Mainz berichtete Ende 2014 mehr als kritisch zu EPA ( http://www.swr.de/report/ruecksichtsloses-abkommen-wie-die-eu-ihre-wirtschaftlichen-interessen-gegenueber-afrika-durchsetzt/-/id=233454/did=14245872/nid=233454/qzsp1f/index.html ) und schreibt:
"Der zuständige UN-Wirtschaftsexperte für Ostafrika, Andrew Mold, sieht dadurch die afrikanische Wirtschaft langfristig bedroht. 'Die afrikanischen Länder können mit einer Wirtschaft wie der Deutschen nicht konkurrieren.(...)'"

Wie sollen also Freihandelsabkommen die Situation in Afrika verbessern, wenn Sie in den ökonomisch schwächeren Partnerländern de facto zu Knebelverträgen führen?
Wie kann die Europäische Kommission die Dreistigkeit besitzen, weitere Freihandelsbestrebungen auszubauen?

Mit freundlichen Grüßen,
U. O.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr O.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wie alle internationale Handelsabkommen mit Drittstaaten, so werden auch Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements, EPA) von der Europäischen Kommission im Auftrag und im Namen der EU verhandelt, da Handelsfragen in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen.

Die Abkommen sollen den bilateralen Handel ankurbeln und zugleich eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Armutsbekämpfung in den Partnerländern unterstützen. Die EPAs, die übrigens Teil einer weiter angelegten Entwicklungsagenda für die Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-Gruppe) sind, enthalten dabei jeweils Schutzklauseln, um die lokale Wirtschaft und deren Erzeugnisse vor übermäßigen Wettbewerb durch EU-Importe zu schützen.

Sobald ein ausgehandeltes Handelsabkommen beim Europäischen Parlament auf den Tisch kommt, wird es jeweils genau geprüft, es wird darüber debattiert und am Ende stimmt das Parlament darüber ab. Ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments kann kein Handelsabkommen in Kraft treten. Das trifft im Übrigen auch auf die von Ihnen erwähnten Abkommen CETA, TTIP und TiSA zu.

Was die Lösung der von Ihnen angesprochenen Flüchtlingsproblematik betrifft, so hat das Europäische Parlament die EU und die Mitgliedstaaten mehrfach aufgefordert, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um weitere Todesfälle auf See zu verhindern. Zugleich muss man gegen die Ursachen der Gewalt und der Unterentwicklung in den Herkunftsländern vorgehen, um die Ströme von Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten einzudämmen.

Dazu brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz der EU, durch den die Kohärenz zwischen ihrer Innen- und ihrer Außenpolitik gestärkt wird, insbesondere, was ihre Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, ihre Entwicklungspolitik und ihre Migrationspolitik betrifft. Bisher gibt es eine solche EU-Migrationspolitik nicht. Es gibt vielmehr einen Flickenteppich aus 28 verschiedenen einzelstaatlichen Systemen. Wir müssen auch die Zusammenarbeit der Union mit den Partnerländern im Nahen Osten und in Afrika stärken, um Demokratie, Grundrechte und Grundfreiheiten sowie Sicherheit und Wohlstand zu fördern.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schulz