Frage an Martin Schulz von Anja W.
Wie kann es passieren dass trotz hoher Zahlungen aus der EU für Anti-Wilderei Massnahmen in Tansania so viele Elefanten abgeschlachtet werden und warum vertraut die EU blind den beschönigten Zahlen der Regierung von Tansania?
Und wann gibt es endlich ein KOMPLETTES, EU- weites Im- und Exportverbot von Elfenbein, Horn des Nashorns und sämtlicher Jagdtrophäen.
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Artenschutz und zum Handel mit gefährdeten wildlebenden Tierarten, die ich gerne beantworte.
Ich begrüße Ihren engagierten Einsatz für den Schutz von gefährdeten wildlebenden Tierarten sehr. Gleichzeitig teile ich Ihre Besorgnis, was offensichtliche Defizite in der praktischen Umsetzung des geltenden Artenschutzes und in der Bekämpfung der Wilderei angeht.
Die Europäische Union (damals die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) hat seit 1984 die Vereinbarungen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) durch die Bestimmungen über den Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in die Praxis umgesetzt. Aufgrund dieser EU-weiten Vorschriften, die auf nationaler Ebene näher konkretisiert bzw. umgesetzt wurden, genießen viele Tier- und Pflanzenarten einen weitergehenden Schutz, als dies im Washingtoner Artenschutzübereinkommen vorgesehen ist.
So dürfen artengeschützte Exemplare grundsätzlich nur mit einer artenschutzrechtlichen Genehmigung ein- und ausgeführt werden. Dies gilt insbesondere für
* Elfenbein oder Elefantenleder (z.B. Skulpturen und Schnitzereien aus Elfenbein, Taschen aus Elefantenleder oder präparierte Elefantenfüße als Schirmständer)
* Jagdtrophäen von geschützten Tierarten
sowie
* alle Nashornprodukte (z.B. Hörner, präparierte Nashornfüße, Potenzmittel aus Nashornpulver).
Näheres zu den geltenden artenschutzrechtlichen Regelungen finden Sie beispielsweise auf der Webseite der deutschen Zollverwaltung http://www.zoll.de/DE/Privatpersonen/Reisen/Rueckkehr-aus-einem-Nicht-EU-Staat/Einschraenkungen/Tiere-und-Pflanzen/Artenschutz/artenschutz_node.html sowie in englischer Sprache auf der Webseite der bei der Europäischen Kommission zuständigen Generaldirektion für Umwelt http://ec.europa.eu/environment/cites/home_en.htm .
Das Europäische Parlament verfolgt in diesem Zusammenhang intensiv und kritisch Anwendung, Überwachung und Fortentwicklung der geltenden artenschutzrechtlichen Bestimmungen.
Das Parlament hat daher bereits in seiner Entschließung vom 6. Februar 2013 http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2013-0047+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE die EU aufgefordert, sich auf internationaler Ebene gegen die illegale Tötung von Elefanten und Nashörnern einsetzen.
Alle Unterzeichnerstaaten des Washingtoner Artenschutzübereinkommens wurden gleichzeitig dazu aufgefordert, ihre Bemühungen zum Erhalt wild lebender Tiere und Pflanzen zu verstärken und den Kampf gegen Wilderei von Elefanten und Nashörnern zu intensivieren.
In diesem Zusammenhang wurde es auch ausdrücklich begrüßt, dass der Vorschlag Tansanias zur Herabstufung des Schutzniveaus der dortigen Bestände an Afrikanischen Elefanten und zum einmaligen Verkauf tansanischer Elfenbeinvorräte zurückgezogen wurde.
Näheres zu dieser Entschließung finden Sie auch in der entsprechenden Pressemitteilung http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/content/20130201IPR05576/html/EU-muss-Wilderei-gef%C3%A4hrdeter-Tierarten-bek%C3%A4mpfen .
Das Europäische Parlament wird die Entwicklungen in diesem Bereich auch weiterhin kritisch beobachten und konstruktiv begleiten.
Mit freundlichen Grüßen aus Brüssel
Martin Schulz