Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB
Martin Neumann
FDP
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Frage von Uwe F. •

Frage an Martin Neumann von Uwe F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Professor Neumann,

Welchen Standpunkt vertreten Sie (die FDP) zu folgenden Fragen:

1. Erklären Sie mir bitte, wann ich (die Rentner), die ja eine der größten Wählergruppe überhaupt sind, endlich mal auch wieder mit einer echten Netto-Erhöhung der Rente rechnen kann und wie sich die FDP dafür einsetzt um dem Slogan im letzten Bundeswahlkampf "Mehr Netto vom Brutto" auch Taten folgen zu lassen?

2. Erklären Sie mir bitte, was für die Ausbildungsförderung der Jugend getan wird? Die Jugendlichen werden in ihrer Ausbildung (Stichwort: Studiengebühren, Lebenshaltungskosten, Miete, Betriebskosten) immer höheren finanzellen Belastungen ausgesetzt und das bei gleichbleibenden Bafög-Sätzen. Diese Gruppe der Jugendlichen startet nach dem Studium in das Berufsleben (Praktikum, zeitlich befristete Stellen,) mit einer Verschuldung. Was bitte schön wird denn hier gefördert?

3. Wenn es mal, entsprechend des Willens der FDP, eine Kopfpauschale im Gesundheitswesen gibt, wie erfolgt die Beteiligung der Arbeitgeber an den Gesundheitskosten?. Gibt es eine einheitliche Deckelung der Kosten (Solidarprinzip) für Arbeitgeber / Unternehmer und den Arbeitnehmern?

4. Wie ist der Stand zur Einführung der PkW-Maut und zur Kfz-Steuer?

5. Wie soll der Schuldenabbau der Bundesregierung, ich meine nicht die Reduzierung der Neuverschuldung (Schuldenbremse), finanziert werden?

6. Deckt die "Brennelementesteuer" auch alle weiteren Kosten für Entsorgung, Aufbereitung, Endlagerung des anfallenden Atom-Mülls? Wie wird sichergestellt, das sich die Energiepreise nicht weiter auf Grund der "Brennelementesteuer" für den Verbraucher erhöhen?

Sollten Sie, sehr geehrter Herr Professor Neumann, nicht alle obigen Fragen direkt beantworten können, so würde ich Sie bitten, diese Fragen von kompetenten Mitarbeiter/innen ihrer (FDP-) Fraktion beantworten zu lassen.

Mit freundlichem Gruß

Uwe Fritz

Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Fritz,

vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an mich gewendet haben. Ich bitte Sie zu entschuldigen, dass eine solche Anzahl an Fragen zu verschiedensten Themen einige Zeit zur Beantwortung braucht.

zu Frage 1.)
Deutschland ist seit 2008 von den heftigen Auswirkungen einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen. Dank der erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung fällt die Zahl der Arbeitslosen mit aktuell 2,95 Millionen erheblich geringer aus als noch im wirtschaftlich starken Jahr 2006 mit über 5 Millionen Arbeitslosen. Damit ist Deutschland das einzige Land in der Europäischen Union, in dem es trotz Krise zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit gekommen ist. Gleichwohl sind die Gehälter der Beschäftigten im Jahr 2009 krisenbedingt gesunken. Da die Renten der Gehaltsentwicklung folgen, hätten die Renten zum 1. Juli ebenfalls um 2,10 % in Westen und 0,54 % im Osten gekürzt werden müssen. Stattdessen werden die Renten weiterhin in gleicher Höhe wie im Vorjahr ausgezahlt. Das ist sicherlich im Einzelfall für jede Rentnerin und jeden Rentner bedauerlich. Eine Anhebung der Renten in diesem Jahr wäre jedoch im Hinblick auf die negative Einkommensentwicklung der Erwerbstätigen nicht zu rechtfertigen. Sie würde zudem die Rentenkasse belasten und zu höheren Beitragssätzen für die jungen Generationen führen. Davon würden gerade die Kinder und Kindeskinder der Rentnerinnen und Rentner getroffen. Dies ist nicht im Sinne einer generationsgerechten Rentenpolitik. Umso erfreulicher ist es, dass die Wirtschaft derzeit wieder an Fahrt gewinnt. Wirtschaftliche Stabilität ist die beste Voraussetzung für Beschäftigung, steigende Gehälter und damit positive Rentenanpassungen. Seien Sie gewiss, dass die FDP-Bundestagsfraktion an ihrem Kurs für Wachstum festhält. Wachstum ist die unabdingbare Grundlage für ein faires Sozialsystem.

zu Frage 2.)
Nachdem die BAföG-Fördersätze und Freibeträge letztmalig zum August 2008 substantiell angehoben wurden hat der Bundestag noch vor der Sommerpause beschlossen, die Fördersätze und Freibeträge erneut zu steigern. Gleichzeitig werden die Förderrichtlinien so angepasst, dass das System der Studienfinanzierung den neuen Erfordernissen (Bologna-Reform) entspricht. Alleine die sich daraus ergebenden Mehrausgaben für das BAföG beziffern sich für das Jahr 2011 auf zusätzliche 364.600.000 Euro. Damit steigen die bundesseitigen Ausgaben für das BAföG von derzeit 1,38 Milliarden Euro auf ca. 1,54 Milliarden Euro. Zudem unterstützt der Bund die Begabtenförderung im Bereich der Beruflichen Bildung mit 44 Millionen Euro und im Hochschulbereich über die Begabtenförderwerke mit 136 Millionen Euro. Hinzu kommt das jüngst ins Leben gerufene Nationale Stipendienprogramm, von dem gerade auch BAföG-Empfänger profitieren.
Die OECD beziffert den Einkommensvorsprung von deutschen Akademikern im Schnitt mit 180.000 Euro gegenüber Nicht-Akademikern. Diese sind mit 3 % deutlich unterdurchschnittlich häufig arbeitslos, vergleichsweise selten von geringem Haushaltseinkommen oder gar Armut betroffen. Die Höhe der BAföG-Rückzahlung ist dagegen bei 10.000 Euro gedeckelt. Die Höhe der zu zahlenden Studienbeiträge beläuft sich kumuliert auf ca. 3.000 Euro. Gleichzeitig finden sich finanzielle Stützmaßnahmen der Bundesländer, um soziale Härten abzufedern. Diese werden jedoch vergleichsweise selten in Anspruch genommen.

zu Frage 3.)
Wir haben ein Gesundheitssystem, um das uns andere Länder beneiden: Die Patienten genießen eine sehr gute medizinische Versorgung, bei im internationalen Vergleich moderaten Ausgaben. Mit dem demografischen Wandel und dem medizinisch-technischen Fortschritt steht dieses Gesundheitswesen jedoch vor großen Herausforderungen. Jedem muss klar sein, dass dadurch die Kosten eher steigen als sinken werden. Das Gesundheitswesen braucht eine solide Basis, um für diese Herausforderungen – ohne irgendwann zu Abstrichen bei Leistungen und Qualität gezwungen zu sein – gewappnet zu sein. Die Antwort der FDP auf diese drängenden Probleme ist aber nicht die Kopfpauschale. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition hat hierzu mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz, GKV-FinG)“ die richtigen Weichen gestellt. Der Gesetzentwurf ist ein guter Kompromiss für ein zukunftsfestes und leistungsstarkes Gesundheitssystem.

Mit dem Gesetzentwurf verbinden wir eine strukturelle Neuordnung des Gesundheitswesens mit fairen und gleichmäßig verteilten Ausgabenbegrenzungen. Dabei wird die Qualität der Versorgung nicht gefährdet oder Leistungen beschränkt. Zugleich führen wir den einkommensabhängigen Kassenbeitrag auf das Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzkrise zurück. Die Absenkung des einkommensabhängigen Beitrages auf Pump ist nun nicht mehr erforderlich.
Es ist uns gelungen, die Finanzierung der Gesundheitskosten von den Arbeitskosten abzukoppeln und damit auf eine stabile und verlässliche Grundlage zu stellen: Künftig sollen Ausgabensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung über einkommensunabhängige Zusatzbeiträge finanziert werden. Eine schlechtere konjunkturelle Entwicklung und eine hiermit verbundene höhere Arbeitslosigkeit haben nicht mehr zwangsläufig Einnahmeausfälle für die gesetzliche Krankenversicherung zur Folge. Der Arbeitgeberanteil wird darüber hinaus nun bei 7,3 Beitragssatzpunkten festgeschrieben. Beschäftigungschancen werden damit nicht mehr durch steigende Krankenversicherungsbeiträge gefährdet.

Jede Krankenkasse entscheidet künftig selbst, in welcher Höhe sie von ihren Mitgliedern Zusatzbeiträge als festen Euro-Betrag erhebt. Er ist von allen Mitgliedern in gleicher Höhe direkt an die jeweilige Krankenkasse zu zahlen. Mit diesem einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag erhalten die gesetzlichen Krankenkassen wieder mehr Beitragsautonomie und damit größere Spielräume im Sinne ihrer Versicherten und Patienten. Es wird für diese künftig leichter, Preis und Leistung ihrer Krankenversicherung miteinander zu vergleichen. Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen um eine gute und kostengünstige Versorgung wird gestärkt.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat immer hervorgehoben, dass ein stärker einkommensunabhängig finanziertes Krankenversicherungssystem mit einem sozialen Ausgleich verbunden werden muss. Insbesondere die Bezieher geringer Einkommen müssen wirksam vor Überforderung geschützt werden. Aktuell kann ein pauschaler Zusatzbeitrag von acht Euro ohne irgendeine Form des Ausgleiches erhoben werden. Dies belastet gering verdienende Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung überproportional. Wir haben deshalb nun vereinbart, dass von Anfang an geprüft werden soll, ob das Mitglied durch einen Zusatzbeitrag überfordert wird: Übersteigt der durch das Bundesversicherungsamt (BVA) jährlich berechnete durchschnittliche Zusatzbeitrag 2 Prozent des individuellen beitragspflichtigen Einkommens, wird er sozial ausgeglichen. Dieser gerechtere Ausgleich wird unbürokratisch umgesetzt und findet direkt bei den Arbeitgebern und den Rentenversicherungsträgern statt, indem der einkommensabhängige Beitrag des Mitglieds entsprechend reduziert wird. Beim Mitglied wirkt sich der soziale Ausgleich damit als höheres Netto-Entgelt aus. Der soziale Ausgleich orientiert sich am durchschnittlichen Zusatzbeitrag und nicht am jeweiligen Zusatzbeitrag der gewählten Krankenkasse. Die Mitglieder haben damit den Anreiz, sich für eine günstige oder eine etwas teurere Krankenkasse mit z.B. besserem Service zu entscheiden. Finanziert wird der soziale Ausgleich aus Steuermitteln. Steuererhöhungen sind dafür nicht erforderlich.

Die momentane Deckelung des Zusatzbeitrages stellt darüber hinaus Krankenkassen mit vielen gering verdienenden Mitgliedern vor ein erhebliches Problem: Ihrer Finanzierung über Zusatzbeiträge sind Grenzen gesetzt. Sie befürchten, die notwendigen Finanzmittel zur Finanzierung ihrer Leistungsausgaben nicht erheben zu können. Diese, teilweise bereits Existenz bedrohende Schieflage wird durch das Ersetzen der Deckelung durch die oben geschilderte Belastungsgrenze gelöst. Weitere, von der FDP-Bundestagsfraktion seit Langem geforderte strukturelle Maßnahmen wie eine Reform der ärztlichen Vergütung und einer Ausweitung der Kostenerstattung werden wir nun zügig angehen. Ziel der FDP-Bundestagsfraktion ist ein wettbewerbliches Gesundheitssystem, das Wahlfreiheit ermöglicht und eine stabile Basis für künftige Herausforderungen gewährleistet.

zu Frage 4.)
Die Einführung einer PKW-Maut ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen und steht daher nicht auf der Tagesordnung. Mehrbelastungen für Autofahrer kommen für die FDP nicht in Frage. Das haben wir vor der Wahl gesagt und dabei bleiben wir.

zu Frage 5.)
Für die FDP ist die Generationengerechtigkeit ein Leitbild unserer Politik. Die horrende Staatsverschuldung belastet kommende Generationen und die Handlungsfähigkeit zukünftiger Politik. Mit dem Sparpaket der christlich-liberalen Koalition erfolgt eine Weichenstellung für eine strukturelle und dauerhafte Konsolidierung des Bundeshaushalts. Das Sparvolumen von 13,2 Mrd. Euro in 2011 wächst bis 2014 auf 26,6 Mrd. Euro an. Damit umfasst das Sparpaket in den nächsten vier Jahren ein Gesamtvolumen von über 80 Mrd. Euro. Trotzdem ist auch dann die Neuverschuldung noch nicht bei null angelangt, von einem Abbau der Staatsverschuldung ganz zu schweigen. Langfristig steht natürlich das Ziel des Schuldenabbaus. Doch zunächst müssen wir einen ausgeglichenen Haushalt schaffen, dafür sind wir die ersten Schritte gegangen und dann können wir damit beginnen Schulden abzubauen. Ich versichere Ihnen, die FDP wird dranbleiben.

zu Frage 6.)
Die Brennelementesteuer ist der Beitrag der Energieversorgungsunternehmen (EVU) zur Haushaltssanierung. Die Kosten der Zwischenlagerung und Endlagerung von Atommüll sind durch Gebühren, die die Kernkraft-Betreiber an den Bund zahlen müssen, refinanziert. Die Brennelementesteuer ist nicht preissteigernd, da Kernkraftwerke außer bei Direktlieferverträgen mit der Industrie nicht preisbildend sind. Der Börsenpreis orientiert sich immer an den Kosten der sog. Grenzkraftwerke, also derjenigen Kraftwerke, die die letzte Kilowattstunde ins Netz liefern. Das sind fast nie die Kernkraftwerke. Die Steuer schöpft somit die Gewinne der EVUs ab, ohne die Verbraucher zu belasten. Allein im Bereich der Industriekunden könnte es zu Preissteigerungen kommen.

Mit besten Grüßen aus Berlin

Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB