Frage an Martin Neumann von Andreas R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Prof. Neumann,
an meiner Berliner Universität (TU) werden regelmäßig Informationsstände US-amerikanischer Sekten aufgebaut, Freitags verwandelt sich das Hauptgebäude zu einer Moschee, die zahllose Anhänger von außerhalb anlockt und in Hörsälen ist das Kopftuch inzwischen Alltag. An den schwarzen Brettern werben dubiose Gruppen eigentlich täglich für esotherische Veranstaltungen und um Mitglieder. Ein Berliner Gymnasiast hat an seiner Schule erfolgreich einen Betraum eingeklagt.
In laizistischen Ländern wie Frankreich oder der Türkei wäre soetwas nicht möglich. In Deutschland kann jeder Esotherikverein in öffentlichen Einrichtung auf Rattenfang gehen. Ich erinnere daran, dass die Attentäter des 11. Septembers an Hamburger Universitäten in Moscheegruppen organisiert waren.
Hielten Sie es für richtig, nach dem Vorbild Frankreichs, die Trennung von Kirche und Staat in Deutschland einzuführen und gewissermaßen Religionsverbot in öffentlichen Einrichtungen einzuführen? Dazu gehört meiner Meinung nach auch der Einzug von Kirchensteuern durch Behörden, das Kopftuchverbot in Ämtern und Bildungseinrichtungen, der Religionsunterricht an Schulen (der selbst im als streng religiös geltenden Amerika verboten ist!) und auch das Verbot des Kreuzes in Gerichtssälen und Schulen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr Reichhardt,
ein generelles Religionsverbot, um Ihre Formulierung zu benutzen, halte ich nicht für sinnvoll. Eine absolute Verbannung des Religiösen aus dem öffentlichen Leben, ein staatlich verordneter Atheismus war das Ziel der kläglich gescheiterten kommunistischen Diktaturen des letzten Jahrhunderts. Eine solche Gesellschaftsordnung kann niemand wollen.
Wir Liberale hingegen setzen auf die Religionsfreiheit. Wir setzen uns für die Freiheit ein, einen persönlichen Glauben zu leben und sich dazu öffentlich zu bekennen oder nicht zu bekennen. Die christlich-liberale Koalition hat sich eindeutig im Koalitionsvertrag zum Stellenwert der Religionen als Wertevermittler bekannt.
Wir Liberale wollen nicht mit Verboten - auch des Kopftuchs - handeln, sondern streben eine pluralistische Gesellschaft an, deren Bestandteil die freie und öffentliche Religionsausübung ist. Selbstverständlich müssen die Religionen ihrerseits die Werte des Grundgesetzes als gemeinsame Grundlage für ein friedliches, tolerantes und respektvolles Miteinander akzeptieren.
Zwar liegt es grundsätzlich im Ermessen der jeweiligen Hochschule, ob sie Werbemaßnahmen an Infoständen seitens der Religionsgemeinschaften in den Universitätsgebäuden bzw. auf dem Hochschulgelände zulässt. Dennoch würde ich es persönlich begrüßen, wenn diese Räume ausschließlich dem dafür bestimmten Zweck - nämlich dem Lernen und Forschen - vorbehalten blieben. Sofern es sich in dem von Ihnen beschriebenen konkreten Fall um eine aggressive und störende Werbung handelt, die auf dem Universitätsgelände nicht zugelassen werden darf, sollten Sie sich an die Universitätsverwaltung wenden und diese zum Handeln auffordern.
Mit besten Grüßen
Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB