Frage an Martin Hahn von Silke H. bezüglich Innere Angelegenheiten
Sehr geehrter Herr Hahn,
warum führt ihre Regierungspartei zusammen mit der SPD so eine kompromisslose Schulpolitik durch (Stichwort Ganztagesschulen)? Meiner Ansicht nach sollte man Eltern die Wahl lassen, ob sie ihr Kind in einer Ganztagesschule unterbringen wollen oder nicht. Ihre Partei geht mit großen Schritten auf eine Schullandschaft mit verpflichtender Ganztagesschule zu! Insbesondere Eltern von Grundschülern, die sich bewußt für ihre Kinder entschieden haben, und in diesem Alter noch so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern, außerhalb der Schule, verbringen möchten, ist eine verpflichtende Ganztagesschule ein Schlag ins Gesicht. Die Betreuungssituation für bewußt halbtagsbeschäftigte Mütter/Väter oder Eltern mit flexiblen Arbeitszeiten hat sich unter ihrer Regierung enorm verschlechtert. Flexible Kernzeitbetreuung aber auch die Flexibilität in der Ganztagesbetreuung wurde zugunsten der Verbindlichkeit in der Ganztagesschule zurückgeschraubt. An unserer Grundschule in Markdorf ist es so, dass Regelschulkinder, die vorher an AG-Angeboten der Grundschule teilnehmen konnten (z.B. Chor, Bläserklasse), mit Einführung der freiwilligen Ganztagesschule von diesen AG-Angeboten ausgeschlossen werden. Die Ganztagesschüler und Regelschüler werden ganz offensichtlich ungleich behandelt! Dies widerspricht meiner Ansicht nach enorm dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes! So wie es aussieht werden die Schulleiter aber von ihrer Regierung zu diesem Handeln gezwungen, da sie sonst keine Fördergelder mehr für ihren Ganztagesbetrieb bekommen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich halte die freiwillige Ganztagesschule für eine gute Sache, da es sich viele Eltern leider nicht aussuchen können, ob, wie und wann sie arbeiten. Aber bitte schaffen sie für alle Eltern mehr Flexibiltät in der Betreuung!
Mit freundlichem Gruß
S. H.
Sehr geehrte Frau Hiller,
als Vater von mittlerweile vier erwachsenen Töchtern verstehe ich sehr gut, dass Sie wie viele andere Väter und Mütter auch gern möglichst viel Zeit mit ihren Kindern verbringen und sie bestmöglich fördern möchten. In vielen Familien sind aber beide Elternteile, Väter und Mütter, voll berufstätig, weil sie es entweder so entschieden haben oder schlicht, weil sie auf beide Einkommen angewiesen sind. Als Aufgabe der Landesregierung sehe ich es an, Familien dabei unterstützen, dass sie Kinder und Beruf so gut wie möglich miteinander vereinbaren können.
Die Generation Kita hat die Grundschulen und sogar schon die weiterführenden Schulen erreicht. Die Gesellschaft und die Bedürfnisse der Eltern auch bei uns im Bodenseekreis haben sich gewandelt. In persönlichen Gesprächen weisen mich Eltern immer wieder darauf hin, wie wichtig für sie Ganztagsangebote sind. Sie möchten ihre Kinder, während sie selbst bei der Arbeit sind, gut versorgt wissen. Auch deswegen ist es das Ziel der grün-roten Landesregierung das Ganztagsschulangebot weiter auszubauen.
Darüber, ob eine Schule eine gebundene Ganztagsschule, also eine verpflichtende Ganztagsschule für alle Kinder wird, oder die Schüler freiwillig am Ganztagsangebot teilnehmen, entscheidet nicht die Landesregierung, sondern der Schulträger. In ihrem Fall ist Schulträger die Stadt Markdorf. Die Schule entscheidet dann selbst, welche Angebote sie den Kindern machen möchte.
Für die Ganztagsschule, auch die verpflichtende, sprechen meiner Meinung nach viele Argumente. Die Ganztagsschule gibt den Kindern mehr Zeit zum Lernen. Die Kinder erleben in den Schulen ein neues Gemeinschaftsgefühl profitieren bei der Ausbildung sozialer Kompetenzen.
Ganztagsschulen in verbindlicher Form bieten einen rhythmisierten Ganztagsbetrieb an drei oder vier Tagen mit täglich sieben oder acht Zeitstunden für die gesamte Schule. In der verbindlichen Form nehmen alle Schüler der Schule am Ganztagsbetrieb teil.
In der Wahlform besteht an der Schule - so wie wahrscheinlich an ihrer Grundschule - nur die Möglichkeit der Teilnahme. Nach Anmeldung eines Kindes zur Teilnahme am Ganztagsbetrieb ist die Teilnahme bei der Wahlform für mindestens ein Schuljahr aber verbindlich. Auch Ganztagsschulen in der Wahlform bieten rhythmisierten Ganztagsbetrieb an drei oder vier Tagen mit täglich sieben oder acht Zeitstunden für die Ganztagsgruppen. Eltern müssen ihre Kinder aus Gründen der Planungssicherheit zum Ganztagsbetrieb für ein Schuljahr verbindlich anmelden.
Die Ganztagsschule ermöglicht einen durchstrukturierten Aufenthalt. Die Schwerpunkte der zusätzlichen Angebote im Ganztagsbetrieb liegen auf Kreativangeboten, Sport und Bewegung sowie Hausaufgabenunterstützung. Wir öffnen die Schulen noch stärker für außerschulische Partner wie Musikschulen oder Vereine.
Dass es für Kinder, die nicht am Ganztagsangebot teilnehmen in Ihrem Fall, keine AG-Angebote der Grundschule wie Chor oder Bläserklassen mehr an der Grundschule gibt und Schüler von diesen Angeboten ausgeschlossen werden, kann nur damit zusammenhängen, dass diese Angebote Teil des Ganztagsangebots sind.
Das Konzept der Halbtagsschule sah nicht unbedingt vor, dass die Musikschule zu den Kindern in die Grundschule kam. Vielmehr kamen die Kinder an ihren freien Nachmittagen in die Musikschule.
Ziel ist der Landesregierung ist der Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Ganztagsschulen, sodass alle Kinder und Jugendlichen bei Bedarf eine Ganztagsschule in erreichbarer Nähe besuchen können. Die Ganztagsschule ist meiner Meinung nach eine qualitative Weiterentwicklung auch der Grundschulen im Land.
Gemeinschaftsschulen nach § 8 a Abs. 3 SchG sind verbindliche Ganztagsschulen in der Sekundarstufe I, mit einem Zeitrahmen von vier oder drei Tagen à acht Zeitstunden. Der Ganztagsbetrieb ist wesentlicher pädagogischer Bestandteil dieser Schulart, die Schulpflicht bezieht sich daher auch auf den Ganztagsbetrieb.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Hahn