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Martin Häusling
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Frage von Bettina F. •

Frage an Martin Häusling von Bettina F. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Häusling,

die SCCS, das Scientific Committee on Consumer Safety, hat ein Gutachten bezüglich Duftstoffallergien in Kosmetikprodukten herausgegeben. Die verschiedenen Einschätzungen und Empfehlungen werden möglicherweise in der neuen Kosmetikverordnung verankert. In dem Gutachten gibt es keine Unterscheidung zwischen natürlichen Extrakten und rein chemischen Einzelstoffen. Dies kann dazu führen, dass Hersteller von Naturkosmetika einen Teil ihrer Produkte vom Markt nehmen, weil sie die vorgeschlagene Grenze von 0,01 % für bestimmten Inhaltsstoffe überschreiten.Mir stellen sich folgende Fragen:

Hat das SCCS das Recht, nicht nachgewiesene (also prehaptene/prohaptene) Stoffe, ohne Nachweise als potente Allergene einzustufen?

Hat das SCCS das Recht, unwissenschaftlich einen Threshold einer eventuellen Sensibilisierung von 0,8 μg/cm2 umzuwandeln in eine maximale Dosierung von 0,1 % im Fertigprodukt, ohne jegliche Anwendungskonzentration zu berücksichtigen?

Es ist bekannt, dass etwa 1% der Bevölkerung an Polysensibilisierung leidet. Dieses eine Prozent wird bei den Statistiken nicht berücksichtigt. Würde man es so berechnen, käme man auf einen Prozentsatz von 1 – 1,2% der Bevölkerung, die auf Duftstoffe reagieren.

Ist es der Kommission bewusst, dass bei einer Beschränkung oder einem Verbot dieser Stoffe die 98,8 % der Bevölkerung in ihrem Grundrecht der freien Entfaltung beschnitten wird?

Die Kennzeichnung der kosmetischen Präparate ist m. E. ausreichend, die Allergiker haben die Möglichkeit, Allergene zu erkennen und zu vermeiden. Die These des SCCS, dass Verbraucher mit einer Duftstoffsensibilisierung das Risiko auf sich nehmen, weiterhin parfümierte Produkte zu verwenden, darf nicht zu einer Einschränkung bei der großen Mehrheit der Verbraucher führen.
Risikoerkennung und Risikobewertung müssen getrennt betrachtet werden.

Sind Sie mit diesem Thema vertraut und könnten Sie Einfluss nehmen, dass dieser Gesetzesentwurf nicht unterstützt wird?

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Frauen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Frauen,

vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihre Anfrage.

Grundsätzlich ist es aus Sicht des Verbraucherschutzes sinnvoll, allergen wirksame Duftstoffe in Kosmetika zu kennzeichnen und Allergiker die Möglichkeit zu geben, Kosmetika zu vermeiden, in denen die für sie problematischen Duftstoffe enthalten sind. Bisher gibt es eine solche Kennzeichnungspflicht für 26 Duftstoffe.

Das SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety), ein wissenschaftlicher Ausschuss der EU, hat nun überprüft, ob noch weitere Duftstoffe aus gesundheitlicher Sicht problematisch sind. Hierbei zielt das SCCS auf die Prävention der Neuentwicklung von Allergien ab. Es ist nachgewiesen, dass Allergien sich durch eine Akkumulation der Exposition entwickeln können und insbesondere die Exposition im Kindesalter eine Rolle spielt. Wird sie heruntergesetzt, entwickeln sich weniger Allergien. Da Allergien unheilbar sind und ein Leben lang bestehen bleiben und die Lebensqualität sehr einschränken, sollte man diesen Aspekt keinesfalls vernachlässigen. Daher ist die wissenschaftliche Beurteilung des SCCS wichtig - nicht nur zum Schutz der Allergiker, sondern auch zur Prävention von Allergien.

Gleichzeitig handelt es sich bei der Stellungnahme des SCCS jedoch nur um eine wissenschaftliche Stellungnahme und noch nicht um politische Handlungsempfehlungen. Die EU-Kommission hat sich bislang noch nicht dazu geäußert. Eine 1:1-Übernahme der Vorschläge des SCCS ist sicherlich nicht zu erwarten.

Aus unserer Sicht sollte man die wissenschaftliche Bewertung des SCCS ernst nehmen, aber gleichzeitig auch überprüfen, wie hilfreich eine Kennzeichnung von über 120 Duftstoffen für Allergiker tatsächlich ist. In der Realität werden Allergiker meistens darauf achten, ob überhaupt Duftstoffe in Kosmetika enthalten sind. Zudem ist eine zu detaillierte Aufschlüsselung angesichts der normalerweise in der Praxis durchgeführten Allergietests für die meisten Allergiker keine wirkliche Verbesserung.

Ähnliches gilt für die Beschränkung von Duftstoffen in Kosmetika: Auch hier muss man abwägen, wie groß der Nutzen für Allergiker bzw. für die Prävention von Allergien ist, wie stark aber auf der anderen Seite Hersteller und die anderen Verbraucher davon betroffen wären, weil bestimmte Produkte nicht mehr hergestellt werden könnten. Dies gilt nicht nur für Naturkosmetika, sondern auch für andere Kosmetika mit synthetischen Duftstoffen.

Wichtiger erscheint es uns daher - sowohl für Allergiker als auch für Menschen, die eine Exposition und mögliche Allergieentwicklung vermeiden wollen - dass es ein ausreichendes Angebot duftstofffreier Kosmetika gibt. Daher ist es aus unserer Sicht wichtig, dass der Begriff "parfumfrei" genau festgelegt wird und ausschließt, dass Kosmetika als "parfumfrei" gekennzeichnet werden, obwohl sie Duftstoffe in geringen Mengen einsetzen oder Öle, deren Primärfunktion nicht das Parfümieren ist.

Daher werden wir, wenn die Vorschläge der EU-Kommission hinsichtlich der weiteren Deklaration oder Beschränkung von Duftstoffen vorliegen, diese sorgfältig daraufhin prüfen, dass sie einerseits Verbraucher wirkungsvoll vor Allergien und deren Entstehung schützen können und andererseits aber auch den Verbrauchern weiterhin eine breite Auswahl insbesondere an Naturkosmetika bieten und die Herstellung von Naturkosmetika nicht unverhältnismäßig und unnötig, da ohne Mehrgewinn für Allergiker, einschränkt.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Häusling

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