Frage an Martin Bill von Barbara S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bill,
man hört neuerdings nichts mehr aus dem Rathaus, aber nach der Wahl soll/muss die Grundsteuererhebung neu geregelt werden. Welche Rolle spielt in den Überlegungen Ihrer Partei die Besteuerung von Erbbaurechtsgrundstücken? Diese wurden z. B. in den Zwanziger- (Stichwort Fritz Schumacher) und Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts - auch und gerade in Langenhorn - an solche Pächter vergeben, die sich den Kauf nicht leisten konnten. Es handelt sich teilweise um recht große Grundstücke ohne Möglichkeit zur Teilung. Manche Pächter, die in einigen Fällen jahrzehntelang ein Grundstück "für die Stadt" gepflegt (und übrigens bei jeder Pachtverlängerung erneut Grunderwerbssteuer gezahlt!) haben, würden bei einer erheblichen Erhöhung der Grundsteuer, je nach Modell, in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten und müssten möglicherweise ihr Heim verlassen. Was plant Ihre Partei im Falle hinsichtlich Grundsteuerneuregelung im Allgemeinen und Grundsteuererhebung für Erbbaurechtsgrundstücke?
Mit freundlichen Grüßen
B. S.
Sehr geehrter Frau Schade
wir halten uns aus gutem Grund bei der Grundsteuer bedeckt, denn es ist noch nicht klar, wie die Neuregelung für Hamburg aussehen wird.
Klar ist für uns nur, dass wir das von der Bundesregierung und vielen Bundesländern vorgeschlagene wertabhängige Modell in der vorliegenden Form nicht wollen. Denn es würde für Hamburg, und auch viele andere Städte und Regionen mit überdurchschnittlicher Wertentwicklung von Grundstücken und Gebäuden, gravierende Verschiebungen bei der Grundsteuerlast bedeuten.
Deshalb haben wir uns für eine Öffnungsklausel stark gemacht, die uns ermöglicht, von dem Bundesmodell abzuweichen. Zur Zeit prüfen wir Modelle, die deutlich geringere Änderungen bei der Grundsteuererhebung bedeuten würden. Klar ist allerdings: Es wird Veränderungen geben – das war nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes unausweichlich.
Was allerdings nicht stimmt, ist, dass es eine „Grundsteuererhöhung“ gibt. Am Ende ist das Ziel, dass durch die Neuregelung exakt so viel Grundsteuer erhoben wird, wie dies zuvor der Fall gewesen ist. Wir sprechen dabei von „Aufkommensneutralität“.
Was bedeutet das konkret?
Es wird für jede*n Einzelne*n Änderungen bei der Höhe der Grundsteuer geben. Menschen, die in besonders guten Lagen leben, werden voraussichtlich etwas mehr Grundsteuer zahlen als bisher, Menschen in weniger guten Lagen tendenziell etwas weniger. Wir versuchen hier ein Modell zu finden, das einerseits gerechter ist, als das bestehende Grundsteuermodell, das andererseits aber nicht zu so extremen Ausschlägen führt, wie das Modell des Bundes, mit teilweise einer Vervielfachungen der Belastung.
Abschließend:
Eine Neufassung der Grundsteuer ließe sich, egal mit welcher Partei nicht mehr verhindern – wer etwas anderes behauptet, sagt die Unwahrheit. Selbst, wenn man als Bundesland darauf verzichten würde, die Grundsteuer zu erheben, müsste man dafür massiv zusätzlich in den Länderfinanzausgleich zahlen – sprich Steuereinnahmen würden ausbleiben und zusätzliche Mehrkosten würden anfallen, die wiederum aus Steuermitteln finanziert werden müssten. Dadurch entstünde ein Haushaltsloch von problematischem Ausmaße.
Die Frage ist am Ende eine der Ausgestaltung. Unser Anspruch ist: Eine einfachere, gerechtere Grundsteuer, die das gesamte Gefüge nicht zu stark verändert und Mieter*innen sowie Eigentümer*innen nicht über Gebühr zusätzlich belastet. Das ist leider nicht so einfach, wie das klingt, sondern im Gegenteil äußerst komplex. Aber mit der konkrete Ausgestaltung müssen wir auch erst bis spätestens 2024 fertig sein. Trotzdem wird bereits weit vor der Umsetzung feststehen, welches Modell wir am Ende anstreben. Allerdings noch nicht zum jetzigen Zeitpunkt, da wir erst seit wenigen Monaten überhaupt wissen, wie die Bundesregelung aussieht und was in diesem Rahmen möglich ist. Wir stehen erst am Beginn einer konkreten Neufassung. Derzeit werden in der Finanzbehörde unterschiedliche Modelle auf ihre Wirkung hin durchgerechnet. Dieser Vorgang ist langwierig und komplex. Da wir Grüne in Zukunft Grundstücke nur noch über Erbbaurecht vergeben wollen – werden wir auf eine Grundsteuerlösung dringen, die das Erbbaurecht auch in Zukunft nutzbar macht und nicht erschwert. Wie genau diese Lösung aussehen wird, vermögen wir noch nicht zu sagen.
Freundlicher Gruß
Martin Bill