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Frage von Benjamin G. •

Frage an Marlies Volkmer von Benjamin G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Liebe Marlies,
für die Eierproduktion wurden vom Menschen spezielle Legehennen gezüchtet, die zusammen mit den männlichen Küken in Schlüpfbetrieben zur Welt kommen.
Dabei werden die männlichen von den weiblichen Küken getrennt. Da die männlichen Küken aus kapitalistischen Gründen nicht zur Mast "geeignet" sind, werden diese vergast. Die weiblichen Küken werden zu Legehennen heran gezüchtet.
Das Vergasen der männlichen Küken mit Kohlenstoffdioxid ist nach dem Tierschutzgesetz verboten und politisch geächtet, wird aber trotzdem weiterhin praktiziert. Schätzungen zufolge kommen alleine in Deutschland jährlich 45 Millionen Küken und 280 Millionen Küken in der EU pro Jahr ums Leben.
Weiterhin "lohnt" sich ein Nachschlüpfen der Küken nicht, egal ob männlich oder weiblich, diese werden anschließend ebenfalls ermordet.

Meine Fragen an dich wären:
Was willst du als Abgeordnete gegen diese katastrophalen Misstände tun?
Das Verbot besteht bereits, welche konkreten Umsetzungsmöglichkeiten kannst du dir vorstellen?
Sollte es nicht generell mehr Anreize geben vegane Kost zu fördern, aus ökologischen, nicht zuletzt auch aus ökonomischen Gründen?

Ich bitte um eine Antwort!

Mit freundlichen Grüßen!
Benjamin Göhler

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Antwort von
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Lieber Benjamin Göhler,

vielen Dank für Deine Frage auf abgeordnetenwatch.

Meine Recherchen dazu haben ergeben, dass das Problem der Tötung männlicher Küken von Legehennenrassen durch die zunehmende Spezialisierung der Zucht und Haltung für Eiproduktion und Mast entstanden ist. Die spezialisierten Rassen haben sich dabei soweit differenziert, dass männliche Küken moderner Legehennenrassen nicht mehr wirtschaftlich gemästet werden können. Es hat sich gezeigt, dass selbst die kostenfreie Abgabe von Küken an Mastbetriebe keinen Anreiz zur Verwendung dieser Tiere schaffen kann.

Aufgrund vergleichender Mastversuche wird die Mast von Küken aus Legelinien im Vergleich zu Fleischrassen von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) zudem als umweltbelastend bewertet, weil die Erzeugung einer Fleischeinheit mit leistungsstarken Spezialrassen einen relativ geringeren Energieaufwand erfordere.

Erschwerend für die Suche nach Lösungsmöglichkeiten kommt hinzu, dass beim Geflügel nicht - wie bei Säugetieren - das Sperma geschlechtsdeterminierend ist, sondern die Eizellen. Dadurch scheidet die bei Säugern nahezu praxisreife Möglichkeit der Geschlechtsbestimmung durch Spermientrennung aus.

Das Institut für Tierzucht der FAL hat im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) bereits 2002 einen Experten-Workshop durchgeführt. Dieser hat gezeigt, dass nur die Erzeugung weiblicher Bruteier oder die Geschlechtsbestimmung bei befruchteten Eiern vor Bebrütung zu einer Problemlösung führt. Hierfür stehen jedoch weder derzeit noch mittelfristig praktikable Verfahren zur Verfügung. Es ist auch nicht prognostizierbar, ob überhaupt und wann solche Verfahren zur Verfügung stehen können. Dies kann nur mit Hilfe von Arbeiten in der Grundlagenforschung beantwortet werden.

Das BMELV ist deshalb an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit der Bitte herangetreten, im Bereich der Grundlagenforschung Untersuchungen zu fördern, die Lösungen für das Problem der Tötung männlicher Eintagsküken aufzeigen Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft wurde mit Blick auf die Förderung der Grundlagenforschung wiederholt angeschrieben. Und schließlich hat die FAL den Auftrag, weiterhin international nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Zur Zeit werden zwei Projekte gefördert, die die Möglichkeiten einer in ovo Geschlechtsbestimmung beim Haushuhn als Alternative zur routinemäßigen Tötung männlicher Eintagsküken aus Legehennenlinien untersuchen.

Bis es hier zu umsetzbaren Ergebnissen kommt, muss weiter nach der Richtlinie 93/119/EG des Rates vom 22. September 1993 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung verfahren werden. Diese Richtlinie wurde mit Verordnung vom 3. März 1997 in deutsches Recht umgesetzt. Hiernach sind folgende Tötungsverfahren zulässig: Kohlendioxidexposition, Kopfschlag oder Anwendung eines Homogenisators.

Es ist also nicht verboten, die männlichen Küken zu ersticken. Ich bin jedoch mit Dir der Meinung, dass so schnell wie möglich Wege gefunden werden müssen, die das Töten der Eintagsküken überflüssig machen.

Ich glaube nicht, dass sich eine politische Mehrheit dafür finden würde, Anreize für vegane Ernährung zu schaffen. Ich persönlich halte vegane Kost auch nicht für empfehlenswert, da unausgewogen. Allerdings ist es Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Informationen darüber bekommen, welche Wirkungen ihr Konsumverhalten hat. Die aktuelle Diskussion über den CO2-Fußabdruck von Produkten geht da in die richtige Richtung. Es bleibt dann aber die Entscheidung jedes einzelnen, auf eine fleischarme oder fleischlose Ernährung umzustellen - oder eben nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Marlies Volkmer