Frage an Markus Widenmeyer von Emil W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Zunächst muss ich feststellen, dass ich von der heutigen Schulrealität wenig Ahnung habe. Zu Ihrer Ablehnung von Gemeinschaftsschulen folgende Frage: könnten Gemeinschaftsschulen nicht eine sehr wichtige gesellschaftliche Funktion zukommen, indem sie nämlich Kontakte, Gemeinschaften Freundschaften fördern, über die sozialen Abgrenzungen hinweg, die sich beim System Gymnasium bilden ? Kann man Gemeinschaftsschulen nicht so realisieren, das Zielniveau Standard 9. klassiges Gymnasium erhalten bleibt ?
Sehr geehrter Herr W.,
Theoretisch könnte ein mehrgliedriges Schulsystem soziale Abgrenzungen zementieren. Das wäre – zumindest vordergründig – ein Vorteil der Gemeinschaftsschule.
Ich frage mich aber: Werden diese Abgrenzungen nicht und gerade schon innerhalb von Schulen und Klassen deutlich? Schüler wohlhabender Eltern und Schüler, die sich bestimmte Dinge nicht leisten können? Große Leistungsunterschiede, die auch nicht wegerzogen werden können? Differenzen verschiedener Art gehen heute oft bis zum Mobbing Schwächerer in Klassen und Schulen.
Dazu kommen die bekannten Nachteile der Gemeinschaftsschule. Daher sehe ich die Gemeinschaftsschule nicht als Lösung des Problems an.
Viel wichtiger erscheint mir, dass die Schüler auch außerhalb der Schule Bezugsgruppen haben, z.B. in Vereinen, kirchlichen Gruppen und vor allem in der Familie, wo sie unabhängig ihres sozialen Status' und ihrer Leistung Wertschätzung erfahren. Daher stehe ich übrigens auch der Ganztagsbeschulung kritisch gegenüber.
Zweitens ist wichtig, die klassischen Werte und Tugenden unseres hervorragenden baden-württembergischen Schulgesetzes als Erziehungsgrundlage zu nehmen. Ich zitiere daher (leicht gekürzt) eine größere Passage:
§ 1 (2). Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus ist die Schule insbesondere gehalten, die Schüler
·in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe, zur Menschlichkeit und Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zur Achtung der Würde und der Überzeugung anderer, zu Leistungswillen und Eigenverantwortung sowie zu sozialer Bewährung zu erziehen und in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung zu fördern,
·zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen
·auf die Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten vorzubereiten und die dazu notwendige Urteils- und Entscheidungsfähigkeit zu vermitteln,
·auf die Mannigfaltigkeit der Lebensaufgaben und auf die Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt mit ihren unterschiedlichen Aufgaben und Entwicklungen vorzubereiten.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Widenmeyer