Frage an Markus Söder von Hans-Günter G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Söder,
die Tsipras-Regierung hat Maßnahmen angekündigt, die endlich auch die Reichen und Superreichen zur Kasse bitten, wie z. B. eine Sondersteuer für hohe Einkommen, höhere Luxussteuern, Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Steuerflucht, sowie eine Reform der Finanzverwaltung. Dass diese Vorhaben nicht in ein paar Wochen zu bewältigen sind, und auch in Griechenland ein demokratischer Weg durch die Instanzen gegangen werden muss, wird jedem realistisch denkenden Menschen einleuchten – nicht aber der früheren Troika und den jetzigen „Institutionen“ Diese beschweren sich in unglaublicher Arroganz, dass die Reformvorhaben nicht mit ihnen abgestimmt wurden. Sie verlangen von einem souveränen Staat und von einer demokratisch gewählten Regierung, weitere Reformen zum Schaden der kleinen Leute. Nichts anderes wollen sie, wenn es heißt: Liberalisierung des Arbeitsmarktes (noch mehr Arbeitslose), Rentenreform (Altersarmut), Anpassung der Mehrwertsteuersätze (Verteuerung der Lebenshaltungskosten), Privatisierungen (Schnäppchen für die Oligarchien und Ausverkauf von Volkseigentum).
In fast jeder Talkshow oder jedem Kommentar zu dem Thema Griechenland, hört man von Ihnen die Stereotype "Hausaufgaben machen" und "die Griechen müssen sich endlich anstrengen". Leider hört man von Ihnen nie, welche Griechen Sie meinen.
Deshalb meine Fragen:
Welche Griechen sollen Ihre Hausaufgaben machen? Sind es die Arbeitslosen, die Kranken, die Wenigen die noch für einen Hungerlohn arbeiten dürfen?
Welche Griechen müssen sich "anstrengen" und bei was müssen sie sich anstrengen?
Haben Sie oder die EU den Griechen Hilfe angeboten, bei dem Vorhaben den reichen und superreichen Steuerbetrügern das Handwerk zu legen?
Wäre für Sie der Austritt Griechenlands akzeptabler, als der mögliche Erfolg einer linken Regierung?
Ob man von Ihnen eine vorurteilsfreie Antwort erwarten darf, würde mich angenehm überraschen.
Schöne Grüße
Hans-Günter Glaser
Sehr geehrter Herr Glaser,
Griechenland hatte unter Ministerpräsident Samaras in den letzten Jahren eine beachtliche Reformagenda angepackt und unter vielen Entbehrungen für die Bevölkerung bereits den Turn-Around geschafft: Das Haushaltsdefizit lag 2014 unter 3 % des BIP, die Wirtschaft wuchs wieder. Leider hat die neue Syriza-Regierung diese Erfolge innerhalb kürzester Zeit aufs Spiel gesetzt: Die Steuereinnahmen sind eingebrochen, die Haushaltsziele werden verfehlt, die Banken müssen von der EZB massiv mit Notkrediten gestützt werden.
Mit insgesamt rd. 240 Mrd. Euro, extrem niedrigen Zinsen und sehr langen Darlehenslaufzeiten hat Griechenland bisher wie kein anderes Land des Euroraums Solidarität erfahren. Im Gegenzug muss Griechenland die vereinbarten Reformen umsetzen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Die Institutionen (IWF, EZB und EU-Kommission) überwachen nicht nur die Programmauflagen, sondern sind auch beratend für Griechenland tätig. Zudem wird Griechenland durch eine Expertengruppe (sog. Task-Force) unterstützt. Ein Schwerpunkt ist dabei u.a. auch die von Ihnen angesprochene Verbesserung der Steuerverwaltung.
Irland, Portugal und Spanien haben vorgemacht, wie man mit einem konsequenten Reformkurs ein Anpassungsprogramm erfolgreich zu Ende führen kann. Mit der Verlängerung des zweiten Rettungsprogramms bis Ende Juni hat Griechenland nochmals die Chance bekommen, dieses erfolgreich abzuschließen. Die griechische Regierung muss nunmehr unter Beweis stellen, dass sie Griechenland tatsächlich im Euroraum halten möchte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder