Frage an Markus Söder von Ralf L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Söder,
ein Interview der Zeitung "Die Welt" vom 11. Januar 2014 mit Ihnen enthält Ihre Aussage, eine "elektronische Briefwahl" könne schon 2018 möglich sein-einige Verbesserungen der Signaturen-Gesetzgebung seien vorher noch vonnöten. Was soll ein solcher Versuch, meine Autorität als wählender Bürger auszuhöhlen? Manipulationssichere elektronische Wahlen gibt es nicht. Zwar können auch Wahlen per Stimmzettel in einem Wahllokal manipuliert werden, aber eine Manipulation in großem Maßstab bedeutete einen sehr großen Aufwand, der schwerlich unentdeckt bliebe. Vorteil der Wahl per Stimmzettel in einem Wahllokal ist die durchgängige Transparenz. Jeder Bürger kann sich im Wahllokal davon überzeugen, daß die Wahlurne vor Anfang der Abstimmung leer ist, jeder Wähler nur eine Stimme abgibt und kann bei der Stimmauszählung dabei sein um sich zu überzeugen, ob alles mit rechten Dingen vor sich geht. Im Gegensatz dazu ist die Überprüfung einer elektronischen Wahl auf wenige Experten beschränkt. Nicht nur das, sie ist auch praktisch unmöglich: Die Vielzahl der Komponenten (Hardware, Betriebssystem, Wahlprogramm, Zertifikate, Datenbanken etc.) machen es unmöglich, für alle Komponenten nachzuweisen, daß sie frei von Manipulation sind. Auch ist es schwer nachzuweisen, ob überhaupt während der Wahl die überprüften Komponenten zum Einsatz gekommen sind. Warum sollte der Bürger bei Einführung der elektronischen Wahl dem Staat vertrauen, der sich so offensichtlich bei De-Mail blamiert hat (De-Mail soll verschlüsselten Nachrichtenaustausch ermöglichen. Allerdings werden verschlüsselte Nachrichten auf den Servern der Betreiber entschlüsselt und erst vor dem Versand an den Empfänger wieder verschlüsselt. Das wird dann per Gesetz für sicher erklärt) ?
Warum wollen Sie ein intransparentes elektronisches Wahlverfahren unterstützen? Doch nicht wegen der Kosten. Die tragen wir Wähler, Ihr Souverän.
Mit freundlichen Grüßen,
Ralf Lange
Sehr geehrter Herr Lange,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12. Januar 2014, in der Sie das Thema Online-Wahlen ansprechen.
Online-Wahlen könnten eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen Möglichkeit zur „analogen“ Wahl im Wahllokal und per Briefwahl sein. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche wäre es anachronistisch, die Möglichkeit von Wahlen und Abstimmungen über das Internet dauerhaft ausschließen zu wollen. Die schrittweise Einführung der Möglichkeit zum Online-Voting bietet nicht zuletzt die Chance, den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Wahlen und Abstimmungen zu erleichtern und dadurch die Beteiligungsquote nachhaltig zu erhöhen. Ein geeigneter Testlauf könnte die elektronische Stimmabgabe bei Volksbefragungen sein.
Allerdings stellen sich bei der Umsetzung von Online Wahlen auch eine Vielzahl komplexer technischer und rechtlicher Fragen, die es zu bewältigen gilt. Hierzu ist nicht nur ein Fachdialog, sondern eine breite gesellschaftspolitische Diskussion erforderlich, in der sämtliche Bedenken aufgegriffen werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder, MdL
Staatsminister