Frage an Mark Hauptmann von Wilfried M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Hauptmann,
die "Ostthüringer Zeitung" berichtete am 9. Oktober 2011 über eine CDU- Veranstaltung in Camburg, an der auch Chefredakteur Erzigkeit, CDU- Generalsekretär Voigt, Minister Carius und der Boxer Klitschko /"Dr. Eisenfaust" von der Partei "UDAR" teilgenommen hatten (Link 1: "Sofa-Experten gibt es genug"). Herr Voigt soll gesagt haben, die CDU- Leute hätten in Erfahrung bringen wollen, "was in der Ukraine passiert, was die Menschen dort erwarten", während Klitschko "europäische Werte" durchzusetzen anregte und für eine "europäische Wirtschaft" plädierte, offenbar ohne Nachfragen nach der genauen Bedeutung dieser von ihm verwendeten Begriffe zu provozieren.
Hierzu meine Fragen:
1. In Bezug auf Herrn Voigts Einlassung hätte ich gern gewußt, ob Sie etwas zu der Frage gehört haben, inwieweit Ukrainer sich eine Entwicklung ihres Landes ohne Einmischung / "Besserwisserei" von außen wünschen, also auch eine ohne Einmischung z.B. Ihrer Konrad- Adenauer- Stiftung.
2. In Bezug auf Klitschkos Worte von den "europäischen Werten" wüßte ich gern von Ihnen, wie die CDU Thüringens diesen Begriff verstanden haben will.
3. Was ist nach Ihrem Verständnis eine "europäische Wirtschaft" im Unterschied z.B. zur US- amerikanischen oder auch chinesischen, ukrainischen usw.?
4. Wie beurteilen Sie rückblickend den Auftritt des OTZ- Chefredakteurs als "Schiedsrichter" auf der CDU- Veranstaltung in Camburg? Gibt es Indizien, wonach solche Auftritte (und die KAS) etwas mit einer Art Steuerung zu tun haben könnten, welche andere betreiben (2)?
Mit frdl. Grüßen
Dipl. med. W. Meißner
Facharzt für Anatomie, Psychiatrie und Psychotherapie a.D.
Deutsches Institut für Totalitarismusabwehr
1)
http://www.otz.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Sofa-Experten-gibt-es-genug-991021374
2) vgl. angebliches "Wähnen" des MdB DEHN bzgl. CIA- Steuerung
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ukraine-dehm-von-die-linke-sieht-medien-von-us-geheimdiensten-gesteuert-a-965010.html
Sehr geehrter Herr Meißner,
vielen Dank für Ihre Frage zur gemeinsamen Veranstaltung der CDU Thüringen und der Konrad-Adenauer-Stiftung im Oktober 2011 in Camburg, die ich gern beantworte.
Ihre erste Frage möchte ich mit einem Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker beantworten, welches im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1966 verankert wurde und auch für die Bevölkerung der Ukraine gilt. Die Durchführungsabkommen beider Menschenrechtspakte schreiben dieses Recht der Völker als jenes fest, "frei über ihren politischen Status zu bestimmen und frei ihre wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung zu verfolgen". Angesichts der politischen Ereignisse der vergangenen Monate in der Ukraine halte ich die vielfältigen Projekte von internationalen Nichtregierungsorganisationen oder politischen Stiftungen vor Ort dennoch für sinnvoll. Dieses Engagement betrachte ich nicht als "Besserwisserei" sondern als konkrete Unterstützung und politischen Dialog, um einen Erfahrungsaustausch und best-practice-Lösungen, beispielsweise im rechtsstaatlichen Bereich (Stichwort Korruptionsbekämpfung), anzubieten.
Zu Ihrer Frage hinsichtlich Vitali Klitschkos Äußerungen zu europäischen Werten möchte ich unterstreichen, dass ich nicht die Meinung der CDU Thüringen sondern meine eigene Meinung vertrete. Europäische Werte sind für mich Frieden zwischen den Ländern, Demokratie, die Einhaltung der Menschenrechte und die Gewähr der Freiheitsrechte für alle Bürgerinnen und Bürger.
In Ihrer dritten Frage nehmen Sie Bezug auf den Gedanken einer "europäischen Wirtschaft" und fragen nach den Unterschieden zum Wirtschaftsmodell der USA oder Chinas.
Die USA orientieren sich am Modell der freien Marktwirtschaft gleichwohl dieser Wirtschaftsliberalismus im Zuge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise von der US-Regierung aufgebrochen wurde und staatliche Hilfe in Form von Hilfspaketen und Konjunkturmaßnahmen in die Wirtschaft geflossen sind. Aufgabe des Staates ist laut amerikanischer Verfassung, nicht in wirtschaftliche Belange einzugreifen sondern die Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg in den Grundwerten der Freiheit und Gleichheit aller Bürger zu schaffen.
Das Wirtschaftsmodell Chinas hingegen beruht auf den Prinzipien der Planwirtschaft gleichwohl das Land seit den neunziger Jahren durch Strukturreformen eine allmähliche Marktöffnung und den Rückzug staatlichen Einflusses anstrebt.
Die europäische Wirtschaftspolitik gründet auf dem Gedanken der sozialen Marktwirtschaft, der im Vertrag von Lissabon, auch Grundlagenvertrag genannt, festgehalten und 2007 von den damals 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnet worden ist. Ziel ist es, wirtschaftlichen Wettbewerb und sozialen Fortschritt zu verbinden. Dazu sind, im Gegensatz zum Wirtschaftsliberalismus der USA, sozialpolitische Korrekturen durch den Staat notwendig und gewollt.
Der Wirtschaftsraum Europa lebt von einer koordinierten Politik aller Mitgliedstaaten, um die wirtschaftlichen Gegebenheiten aller Länder in der Euro-Zone anzupassen und so die Wirtschaftskraft zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu erhöhen. Nur so kann es wiederum gelingen, Arbeitsplätze zu sichern und, im Unterschied zum Wirtschaftsmodell Chinas, die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an der wirtschaftlichen Entwicklung zu gewährleisten und die soziale Stabilität Europas zu erhöhen.
Zu Ihrer letzten Frage: im Verlauf der Veranstaltung habe ich Herrn Erzigkeit nicht als "Schiedsrichter" sondern kompetenten Moderator der Veranstaltung wahrgenommen. Jeder Veranstaltungsteilnehmer hatte die Möglichkeit, Fragen zum Thema zu stellen, die von Herrn Erzigkeit zugelassen wurden und so ein Austausch zwischen Podium und Zuhörern möglich wurde. Ich sehe darin keinerlei Anzeichen für eine Steuerung von außen, wie Sie es beschreiben.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen behilflich sein zu können und verbleibe
mit besten Grüßen
Ihr Mark Hauptmann, MdB