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Marion Sollbach
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Frage von Ludwig T. •

Frage an Marion Sollbach von Ludwig T. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Sollbach,
der Bayrische Rundfunk berichtet dieser Tage über die Überlastung des Personals in deutschen Kliniken. https://www.br.de/nachrichten/bayern/ueberlastet-in-die-vierte-welle-klinikpersonal-schlaegt-alarm,SeNAPXF. Die beschriebenen Zustände sind kein Einzelfall und gefährden die Gesundheitsversorgung in Deutschland.
2019 haben DKG, Ver.di und DPR mit der PPR 2.0 ein Instrument zur Bedarfsbemessung von Pflegepersonal vorgelegt. Wie stehen Sie zur sofortigen Umsetzung der PPR 2.0 oder welche alternativen Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Versorgung schlagen Sie vor, nachdem weder die Herausnahme der Pflege aus den Fallpauschalen noch die Einführung von Personaluntergrenzen den nötigen Effekt erzielt haben?
Freundliche Grüße
Ludwig Thiry

Porträt von Marion Sollbach
Antwort von
SPD

Lieber Herr Thiry,

ich habe mehrere Jahre als Umweltbeauftragte in einem Krankenhaus gearbeitet. Mir ist bewusst, welch hoher Belastung – körperlich und mental – das pflegerische und medizinische Personal in Krankenhäusern ausgesetzt ist. Auch in meinem persönlichen Umfeld haben im vergangenen Jahr Menschen ihren Job im Gesundheitswesen aufgegeben, die Arbeitszeit verkürzt oder sind in Bereiche gewechselt, die weniger stressig erschienen. Die zusätzliche Belastung durch die Pandemie war in der Regel nur der Katalysator, aber nicht der Auslöser dafür. Uns allen ist seit vielen Jahren bewusst, dass die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen verbessert werden müssen.

Daher fordert die SPD auch bereits seit vielen Jahren eine grundlegende Reform der Finanzierung des Gesundheitswesens. Wir wollen eine Bürgerversicherung schaffen, in der alle Menschen in Deutschland einzahlen müssen: Auch Beamt*innen, Selbständige oder auch die Bundestagsabgeordneten. Innovationen, bestimmte Technik etc sollen wie in anderen Branchen zudem durch Steuerzuschüsse und Investitionsmittel gefördert werden.

Wir wollen die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beenden, denn sie wirkt sich negativ auf die Versorgung der Patient*innen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aus. Gewinne, die aus Mitteln der Solidargemeinschaft erwirtschaftet werden, sollen verpflichtend und weitestgehend wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen. Erst 1986 wurde mit der Novelle des Krankenhausfinanzierungsgesetzes eine Gewinnerzielungsabsicht von Krankenhäusern erlaubt. U.a. auch die Gewerkschaft verdi schlägt vor, einfach wieder die frühere Regelung einzuführen, nach der Gewinnabschöpfung aus dem System durch die Ausschüttung von Dividenden verboten wird.

Das System der Fallpauschalen werden wir auf den Prüfstand stellen, die Pauschalen überarbeiten und wo nötig abschaffen. Die Grundkosten der Krankenhäuser und der integrierten medizinischen Versorgungszentren werden wir angemessen finanzieren. Bei der Stärkung des Gemeinwohls spielen öffentliche Krankenhäuser eine zentrale Rolle.

Eine solide und solidarische Finanzierung gibt auch den Spielraum dafür, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen und vernünftige Löhne zu zahlen. Der öffentliche Gesundheitsdienst braucht bessere Rahmenbedingungen und eine bessere Ausstattung. Dabei ist eine digitale Infrastruktur ein wichtiger Aspekt. Die Digitalisierung kann die Versorgungsqualität und die Effizienz verbessern und Fachkräfte von Aufgaben entlasten.

All diese Maßnahmen wirken nicht, wenn immer weniger Menschen im Gesundheitswesen arbeiten wollen oder können. Um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter*innen in der Pflege zu verbessern, fordern nicht nur die Gewerkschaften neben einer besseren Bezahlung vor allem Verlässlichkeit bei den Dienstplänen, deutliche Reduktion von Leiharbeit und Werkverträgen, Angebote zur Weiterbildung und zur Förderung der Gesundheit, wirksame Maßnahmen zur Reduktion der überdurchschnittlichen Krankheitsquote, Stärkung von Vollzeitstellen und Bekämpfung der so genannten unfreiwilligen Teilzeit und vieles mehr. Auch die SPD hat bereits hierzu Eckpunkte vereinbart, die im beigefügten Faktenblatt aufgeführt sind.

Klatschen alleine hilft nicht, aber nur mehr Gehalt für die Mitarbeiter*innen auch nicht. Es müssen Bedingungen geschaffen werden, dass die Beschäftigten weiterhin Spaß daran haben können, anderen Menschen zu helfen und ihre eigene Gesundheit dabei nicht zu Schaden kommt.

Wie sehen denn Ihre Vorstellungen aus? Decken sich diese mit den Vorschlägen der SPD oder haben Sie weitere bzw. andere Ideen? Wie sollte Ihres Erachtens das Gesundheitssystem finanziert und organisiert werden? 

Viele Grüße

Marion Sollbach