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Marion Reuther
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Frage von Ralf S. •

Frage an Marion Reuther von Ralf S. bezüglich Familie

Hallo Frau Reuther,

im SPD-Wahlprogramm lese ich: "Wir streben an, zum Dienst in den Streitkraften künftig nur noch diejenigen einzuberufen, die sich zuvor bereit erklärt haben, den Dienst in der Bundeswehr zu leisten." Interpretiere ich dies richtig als Forderung nach dem Ausstieg aus der allg. Wehrpflicht (und somit auch aus dem Zivildienst)?

Dass die allg. Wehrpflicht eigentlich gar nicht mehr rechtlich legitimiert ist, zeigen erst jüngst wieder Urteile von Landesgerichten (veränderte sicherheitspolit. Lage der BRD; ungerechte Einberufungspraxis...). Das Bundesverfassungsgericht "drückt" sich um eine klare Aussage hierzu. Es dürfte auch längst klar sein, dass wir mit einer Freiwilligenarmee (finanziell, dem Auftrag gerecht; inhaltlich) viele Vorteile nutzen könnten - ohne das unverzichtbare System der inneren Führung und der Einbindung der Armee in die Bevölkerung aufzugeben.

Ich arbeite beruflich mit Zivis. Die aktuell bundesweit existierenden 110.000 Zivistellen sollten arbeitsmarktneutral sein - sind es häufig aber nicht. Die Notwendigkeit der Zivis in ihren Einsatzstellen (v.a. Pflege) darf nicht als Argument gegen die Aussetzung der Wehrpflicht gelten. Dennoch interessiert mich, wie Sie die Folgen eines Wehrpflichtausstiegs v.a. auf das Gesundheitssystem einschätzen? Wie kann ein dem Zivildienst ähnliches Freiwilligensystem ausgebaut (es gibt bundesweit z.B. mehr BewerberInnen auf ein FSJ als es Einsatzstellen gibt!) werden? Wie können die durch den wegfallenden Zivildienst entstehenden Personallücken im Pflegebereich geschlossen und auch finanziert werden?

Ich freue mich auf Ihre Einschätzung und eine Rückmeldung hierzu.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sauer,

gerne gebe ich Ihnen eine Rückmeldung auf Ihre Frage bzw. Ihre Stellungnahme.

Die SPD setzt auf freiwilliges Engagement. Im konkreten Fall der Wehrpflicht gilt: So viel Freiwilligkeit wie möglich, so viel Pflicht wie nötig. Mit dem Modell wie es im Moment praktiziert wird, haben die jungen Menschen Entscheidungspielraum: militärischer Dienst an der Waffe leisten oder sozialer Dienst in Form von Zivildienst in einem der vielen Einsatzgebiete. Auffallend ist, dass viele junge Menschen - egal ob Männer oder Frauen - sich mittlerweile zu einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr entscheiden, unabhängig vom Grundwehrdienst - aktuell sind das etwa 26.000 junge Leute! Die eigentliche Aufgabe liegt also darin, dem Wehrdienst/Zivildienst die gleiche gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen, wie dem freiwilligen sozialen/ökologischen Jahr.

Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen einer allgemeinen Dienstpflicht, wie sie die CDU/CSU will und die laut Artikel 12 Absatz 2 des Grundgesetzes verfassungswidrig ist und einem Wehrdienst/Zivildienst, wie wir ihn möchten, der gesellschaftlich auf breite Akzeptanz stößt und nicht als Zwang, sondern genau wie das freiwillige soziale Jahr, als Dienst für unsere Gesellschaft verstanden wird. Dabei ist der militärische Dienst in einer Zeit mit vielen sicherheitspolitischen Herausforderungen genauso wichtig wie der Zivildienst.

Uns ist also nicht daran gelegen die Wehrpflicht abzuschaffen, sondern Optionen offen zu halten.
Zudem muss bei der Einberufung mehr Transparenz und Gerechtigkeit herrschen, denn die Praxis, die im Moment herrscht, ist insofern ungerecht, da bei den derzeit starken Jahrgängen nur jeder fünfte junge Mann einberufen wird und der Musterungs- und Einberufungsprozess undurchsichtig ist.

Mit dem von Ihnen zitierten Satz aus dem SPD-Wahlprogramm setzen wir also auf mehr Gerechtigkeit, Transparenz und Freiwilligkeit für eine bewährte Wehrverfassung in der Bundesrepublik Deutschland.