Frage an Marion Holz von Sarah M. bezüglich Soziale Sicherung
Sie haben erklärt alle Hartz-Gesetze abschaffen zu wollen.
Sind Sie sich des Ausmaßes bewusst? In der Öffentlichkeit ist häufig nur die Hartz IV-Reform bekannt. In Ihrer Antwort gehen auch Sie ausschließlich darauf ein. Was meinen Sie konkret mit Abschaffung der Hartz-Gesetze? Soll die teure Umstrukurierung des ehemaligen Arbeitsamtes hin zur heutigen Arbeitsagentur rückgängig gemacht werden?
Wie kommen Sie auf einen Betrag von 1340 Euro, der Ihrer Meinung nach dem Beschäftigungsgeber eines "Ein-Euro-Jobbers" zur Verfügung gestellt wird?
Im übrigen gibt es ab diesem Jahr bereits erheblich staatlich subventionierte, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, nämlich den Beschäftigungszuschuss nach § 16 a SGB II. Sehen Sie tatsächlich langfristig eine sinnvolle Möglichkeit darin, die Arbeitslosigkeit durch dauerhafte Subventionierung von Arbeitsplätzen aus Steuermitteln abzubauen?
Und noch eine letzte, sich anschließende Frage: Wer unterstützt und wenn in welcher Form die Geringverdienenden in unserem Land, die ein Einkommen wenige Euro über dem Sozialhilfesatz haben, also kein ergänzendes ALG II beziehen? Wer zahlt Ihnen Möbel, Elektrogeräte?
Sehr geehrte Frau Müller
Ich danke Ihnen sehr herzlich für diese Fragen, die es mir ermöglichen auch einmal auf die Hartz- Gesetze 1 - 3 einzugehen. In der Tat haben diese Gesetze das Lohndumping beschleunigt wenn nicht sogar ermöglicht.
Lassen Sie mich zunächst erläutern, wie ich auf den Betrag von 1340 Euro komme. Dieser Betrag variiert natürlich, je nach dem, wie hoch die Mieten und Nebenkosten sind.
Er setzt sich zusammen aus Regelsatz, Miete und Nebenkosten und von der Aufwandsentschädigung die ein Massnahmeträger monatl. erhält, wenn er einen 1Euro-Jobber "beschäftigt".
Hier im Kreis bekommt ein Massnahmeträger monatl. 300 Euro. Wenn Sie nun bedenken, das dieser Träger einen Billigstarbeiter zur Verfügung hat,der, dies sei noch erwähnt, kaum Aussichten hat in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden und das noch großzügig bezahlt bekommt, haben wir hier schon einen ersten , wahren Missbrauch von Steuergeldern.
Die 1Euro- Jobs sollen zusätzlich sein, meine Meinung ist, jede Arbeit muß gemacht werden und kann deshalb gar nicht zusätzlich sein. Nun gibt es auch hier einen gemeinnützigen Verein, der 18 Festangestellte Mitarbeiter hat aber 50 - manchmal sogar über 80 1 Euro- JobberInnen.
Das lässt einen an der "Zusätzlichkeit" doch zumindest zweifeln.
Auch verhindern diese Jobs sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, die den ArbeitnehmerInnen ein eigenständiges Leben in Würde ermöglichen.
Ein klares Ja für die Abschaffung der Hartz-Gesetze, im Interesse der Betroffenen und der ArbeitnehmerInnen.
Vom Regelsatz müssen auch die Stromkosten bezahlt werden und Zuschüsse für Möbel und Geräte gibt es auch nicht mehr. Das soll angespart werden vom Regelsatz. Sie stimmen mir sicher zu, das dies unmöglich ist, wenn man einen Blick auf die erheblichen Preissteigerungen der letzten Jahre, besonders auch 2007, richtet.
Auch Heizkosten werden nur anteilig erstattet. Wie Sie aus einem vorherigen Beitrag von mir entnehmen können, mißbrauchen die Unternehmen die Hartz- Gesetze durch so niedrige Löhne, das die Menschen zusätzlich zur Arbeit Arbeitslosengeld II beantragen müssen, um über die "Runden" zu kommen. Die Umstellung war teuer aber was teuer ist, muß nicht unbedingt gut sein.
Wir brauchen Mindestlöhne, damit die Menschen Ihre Kaufkraft zurückerhalten und nicht mehr gezwungen sind, jede Arbeit zu jedem Lohn anzunehmen.
Nun folgt die Erklärung der Hartz- Gesetze.
1. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.02 (in Kraft seit 01.01.03)
* Leiharbeit / Zeitarbeit (Personal-Service-Agenturen)
(Massenhafte Vermittlung in Zeitarbeitsfirmen ist gescheitert. Ganz zu schweigen von Arbeitsplätzen zu Tarifbedingungen und Löhnen von denen die Leute leben können)
2. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (in Kraft seit 01.01.03 / 01.04.03)
* Mini-Jobs / Ich-AG
(Mehrzahl der Ich - Ag s ging wieder pleite. Deren finanzielle Förderung wurde ab Hartz IV auch wieder gestrichen, um angeblichen Missbrauch zu verhindern)
3. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (in Kraft seit 01.01.04)
* aus den Arbeitsämtern werden Agenturen für Arbeit, Umbau der Bundesanstalt für Arbeit
* detaillierten Einzelfallregelungen durch ein größeres Maß an Pauschalierung ersetzt werden
* keine neuen Ansprüche auf Arbeitslosengeld nach Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen
* Struktur-Kurzarbeitergeld Bezug auf 12 Monate beschränkt
* Die Aufstockungsvorschriften des Altersteilzeitgesetzes werden vereinfacht. Es wird ein Regelarbeitsentgelt als Berechnungsbasis zur Ermittlung der Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers eingeführt.
(Diese Verwaltungs- und Statistikreform konnte den Anstieg der Massenarbeitslosigkeit auch nicht vertuschen)
4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (in Kraft ab 01.01.05)
* Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu Arbeitslosengeld II (ALG II)
! Hier nur einige Punkte, was ab dem 1.1.2005 auf die Bürger durch Hartz IV zukommt: !
# Mit den Hartzgesetzen werden die Lasten der Langzeitarbeitslosigkeit weiter auf die Familien abgewälzt. Da die Massenarbeitslosigkeit weiter eine Dauererscheinung bleibt.
# 1 725 Bruttoeinkommen des Partners sind ausreichend. Fast jeder dritte Haushalt der derzeit noch Arbeitslosenhilfe erhält wird demnach weder ALG II noch Sozi bekommen, rund 500 000 Haushalte mit 1,2
Millionen Menschen.
# Selbst Kindergeld oder BAFÖG werden dem Einkommen der "Bedarfsgemeinschaft" zugerechnet.
# Ausforschung der Lebensumstände.
# Enteignung der Langzeitarbeitslosen.
# Zwangsarbeit zu Billiglohnjobs, sonst gibt es Sanktionen bzw. Kürzung des ALG II
# Arbeitslosengeld nur noch 12 Monate statt 32 Monate, obwohl über die Jahre eingezahlt wurde.
# ALG II statt Arbeitslosen- und Sozialhilfe.
# Vermögen Alter x 200 Euro muss vorher aufbraucht werden, sonst entsteht kein Anspruch auf ALG II
# "Angemessener" Wohnraum, Auto usw. nur noch zulässig.
# Heiz- und Wohnkosten von der Kommune übernommen, bekommen vom Bund dafür 3,2 Milliarden Euro was nicht ausreicht da bereits 2002 für 4,5 Milliarden Euro Wohngeld von Bund und Land gezahlt wurde, was jetzt wegfällt. Weitere Verschuldung der Kommunen, da nur "angemessener" Wohnraum bezahlt wird. Zwangsumsiedlung ?
Ich hoffe, Ihre Fragen ausreichen beantwortet zu haben.
Herzliche Grüße
Marion Holz