Frage an Marina Schuster von Anna N. bezüglich Familie
Sehr geehrt Frau Schuster
So eben hab ich diesen Brief gelesen und bin sehr erschrocken. Ich bin ebenfalls davon betroffen, mein Wunsch eine Hausgeburt zu machen ist nicht möglich, keine Hebamme kann es sich leisten.
Wie ist es zu erklähren, dass dieser alte Beruf aussterben wird, den gebährenden Frauen nicht mehr die Wahl der Geburt, die nötige Begleitung in Vorbereitung und Geburt gewährt wird?!
Sehr geehrter Herr Minister Rösler,
Ergebnis der Vergütungsverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vom 5. Oktober.
Während der GKV die Hebammen drei Monate vorher unter mit „neutralen Schlichter mit Minimal-Erhöhungen brüskierte, die es keiner Hebamme erlauben, ihren Lebensunterhalt mit ihrer Arbeit zu verdienen, gibt der gleiche GKV nun eine Milliarde Euro den niedergelassenen Kassenärzte. Zum Vergleich: für Hebammenhilfe gibt der GKV jährlich insgesamt 360 Millionen Euro aus. So bekommt jeder der 150.000 Kassenärzte fast 6.700 Euro mehr im Jahr, eine selbständige Hebamme durchschnittlich die ersten 12 begleiteten Geburten im Jahr umsonst arbeiten, um allein die Haftpflichtprämien bezahlen zu können. Dies alles, nachdem die Ärztehonorare bereits im vergangenen Jahr um 6,1 % gestiegen waren.
Ein KBV-Funktionär sagt, noch höhere Vergütungen wären durchaus möglich gewesen, weil diese bereits im Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung für 2011 eingepreist seien. Den etwa19.000 Hebammen hält man hingegen vor, man könne die Beitragsstabilität nicht aus den Augen verlieren.
Die Ergebnisse der Vergütungsverhandlungen von Ärzten und Hebammen zeigen, welch geringen Stellenwert in Deutschland neues Leben und das wichtigste menschl. Ereignis, die Geburt, haben.
Tausende von Hebammen haben in den vergangenen Jahren mangels wirtschaftlicher
Perspektive ihren Beruf aufgeben müssen. Die garantierte freie Wahl des Geburtsortes
(Klinik, Hausgeburt, Geburtshaus) ist schon heute verkommen
Sehr geehrte Frau Nunnink,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch. Gerne möchte ich zu dem von Ihnen geschilderten Anliegen Stellung nehmen. Bitte entschuldigen Sie, dass die Antwort länger gedauert hat.
Eines ist mir ganz wichtig: Hebammen leisten einen wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag für die medizinische Versorgung Schwangerer und junger Mütter. Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Hebammenhilfe sowie der Erhalt der Wahlfreiheit Schwangerer und junger Mütter hat deshalb für die FDP-Bundestagsfraktion eine hohe Bedeutung. Dies erfordert auch eine angemessene Vergütung der Hebammenleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung.
So haben meine zuständigen Kollegen innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion zahlreiche Gespräche zur Situation insbesondere der freiberuflich tätigen Hebammen geführt. Auch der kräftige Anstieg der Haftpflichtprämien und seine Auswirkungen auf die Situation der Hebammen waren Inhalt dieser Gespräche. Nach unserer Information beruht der starke Anstieg der Haftpflichtprämien nicht darauf, dass die Versicherungen die Situation der Hebammen ausnutzen würden, sondern vielmehr auf den überproportional steigenden Kosten je Leistungsfall.
Im Jahr 2007 wurde die Vergütung der Hebammenleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine neue Grundlage gestellt. Die bis dahin geltende Hebammengebührenverordnung wurde durch eine Vertragslösung ersetzt. Hiernach schließen der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Berufsverbände der Hebammen sowie die Verbände der von Hebammen geleiteten Einrichtungen Verträge über die Versorgung mit Hebammenhilfe, die abrechnungsfähigen Leistungen sowie die Höhe der Vergütung ab. Die besondere Situation freiberuflich tätiger Hebammen ist hierbei zu berücksichtigen. Für den Fall, dass sich die Vertragspartner nicht einigen, wird der Vertragsinhalt durch eine gemeinsame Schiedsstelle festgesetzt.
Am 5. Juli dieses Jahres haben sich die Vertragspartner, unter Vermittlung der Schiedsstelle, darauf geeinigt, die Hebammenvergütung für außerklinische Geburten aufgrund der gestiegenen Haftpflichtversicherungsprämien um 100 Euro pro Geburt und um 8 Euro pro Geburt für klinische Geburten zu erhöhen. Die Vereinbarung gilt rückwirkend zum 1. Juli dieses Jahres. Seit diesem Tag gelten auch die erhöhten Haftpflichtprämien.
Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler hat sich am 9. November 2010 erneut mit Vertreterinnen der Hebammenverbände getroffen. In Bezug auf die Auswirkungen der gestiegenen Haftpflichtversicherungsprämien auf die Vergütungssituation der Hebammen und die Versorgung mit Hebammenleistungen wurde in dem Gespräch vereinbart, zunächst die Datengrundlage zu verbessern. Hierzu wird das Bundesministerium für Gesundheit in enger Abstimmung mit den Hebammenverbänden ein entsprechendes Gutachten erstellen lassen. Im Rahmen des für 2011 anstehenden Gesetzes zur Verbesserung der ambulanten Versorgung soll zudem eine Änderung im SGB V erfolgen, um eine stärkere Berücksichtigung der Haftpflichtprämien bei der Betrachtung der Gesamtkosten der Hebammen zu erreichen. Damit soll die Verhandlungsposition der Hebammen bei künftigen Vergütungsverhandlungen gestärkt werden. Darüber hinaus wurde über eine stärkere Einbeziehung der Hebammen in die Präventionsstrategie gesprochen. Ein sinnvoller Bereich könnte hier z.B. die ´Raucherentwöhnung´ bei Schwangeren sein. Die Hebammenverbände sind aufgefordert, hierzu auch eigene Vorstellungen zu unterbreiten.
Seien Sie versichert, dass wir das Thema sehr ernst nehmen. Denn wir möchten ja, dass sich Frauen auch weiterhin frei entscheiden können, ob sie eine Hausgeburt haben möchten. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marina Schuster