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Marina Schuster
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Frage von Hermann L. •

Frage an Marina Schuster von Hermann L. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Schuster,

zum akuellen Thema AKW-Laufzeitverlängerung ist jetzt auch Ihre Stimme wichtig.

Innerhalb Ihrer Partei (auch in unserem Wahlkreis) und auch in Regierungskreisen wächst der Unmut zu diesem "Wahnwitz" einer unnötigen AKW-Laufzeitverlängerung.
Werden eigentlich (neben den pro-Atom-Gutachten) die zahlreichen anderen Untersuchungen von neutralen Stellen überhaupt nicht beachtet? Sind mittlerweile staatliche Fachgremien (Unis, Behörden, etc.), Branchenunternehmen, Bürger, ..."abgemeldet" wenn es gegen Lobby-Meinungen und (evtl. "vorgefasste?) Regierungsmeinungen geht?

Hier zu Ihrer Information einige Studien, die Sie bitte beachten sollten.
Oder ignoriert man diese Arbeiten hochqualifizierter Stellen?

Umweltbundesamt:
http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3997.pdf

BMU Leitszenario
http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/leitszenario2009_kurzfassung_bf.pdf

Greenpeace Plan B:
http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/FS_Datenblatt_Plan_B_2050_endv.pdf

Lichtblick:
http://www.lichtblick.de/uf/LichtBlick-Zusammenfassung_2050_Die%20Zukunft%20der%20Energie.pdf

WWF
http://www.wwf.de/themen/klima-energie/modell-deutschland-klimaschutz-2050/modell-deutschland-klimaschutz-2050-zentrale-ergebnisse/

Abschließend ein Vergleich einiger dieser Studien von Germanwatch:
http://www.germanwatch.org/klima/nes3g.pdf

Ich bitte Sie um Stellungnahme hierzu und hoffe, Sie können danach die Meinung vieler Bürger und der o.g. stellen teilen.

mit "klima"freundlichen Grüßen

Hermann Lorenz/Roth

Portrait von Marina Schuster
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Lorenz,

vielen Dank für Ihre Bitte vom 30.08.10 um eine Stellungnahme zur Energiepolitik.
Für die zahlreichen Forschungsergebnisse und Statistiken, die Sie beigefügt haben, danke ich Ihnen. Die Studien belegen das enorme Potential für die Erneuerbaren Energien.

Die FDP möchte daher die Erneuerbaren Energien langfristig ausbauen. Mittelfristig allerdings brauchen wir jedoch die Kernenergie als Übergangs- oder Brückentechnologie, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien eben nicht behindert, sondern die Versorgung nur so lange unterstützt, bis Erneuerbare Energien in ausreichendem Umfang grundlastfähigen Strom erzeugen.

Die Bundesregierung hat die ersten Eckpunkte des Energiekonzepts vorgestellt - also die Leitlinien für einen dynamischen Übergang unseres Energiesystems zu einer überwiegend auf Erneuerbare Energien gestützten Versorgung. Diese Eckpunkte wurden am 6.9.2010 verkündet.

Zusätzlich zur geplanten Kernbrennstoffsteuer wird den Energieerzeugern ein substantieller Beitrag zur Förderung Erneuerbarer Energien auferlegt. Durch eine vertragliche Vereinbarung leisten die Betreiber in den Jahren 2011 bis 2016 Zahlungen in Höhe von bis zu 300 Mio. Euro jährlich (2011 und 2012: 300 Mio. Euro, 2013-2016: 200 Mio. Euro). Nach Auslaufen der Kernbrennstoffsteuer ab 2017 entwickeln sich Zahlungsverpflichtungen entsprechend den zusätzlichen Strommengen aus der Laufzeitverlängerung, was ca. neun Euro je Megawattstunde bedeutet. Der Bund wird zur Erforschung innovativer Technologien bei der Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Energie zusätzliche Mittel im Rahmen des Energiekonzepts bereit stellen: Im Jahr 2011 wird die Bundesregierung zusätzlich 500 Mio. Euro, die mittelfristig auf bis zu 2,5 Mrd. Euro aufwachsen, für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Forschung in diesen Bereichen, nationalen Klimaschutz sowie weitere Handlungsfelder des Energiekonzepts einsetzen.

Die größte Ausbaudynamik besteht bei der Solar- und der Windenergie. Diese Energieformen steigern stetig ihren Mengenanteil an der Stromerzeugung. Ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit kann aber nur bei 1% bzw. 10% der installierten Leistung angesetzt werden. Im Dezember 2009 stand an den Tagen mit dem höchsten Strombedarf des Jahres beispielsweise fast die gesamte in Deutschland installierte Windenergie wegen Schwachwind nicht zur Verfügung. Dieser Erzeugungsausfall wurde durch Kernenergie- und Braunkohlekraftwerke, mit einer jederzeit verfügbaren Leistung von über 90% je Leistung des Kraftwerksblocks, ausgeglichen.

Ich schildere Ihnen diesen Sachverhalt, da er klar macht, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, bis Erneuerbare Energien die Kernkraft verlässlich ersetzen können. Neue innovative Energiespeicher müssen entwickelt werden, die Stromnetze ausgebaut, die Fahrweise von Kraftwerken muss flexibler werden, intelligente Netze sind zu installieren - das gesamte Energiesystem muss bei ´laufendem Motor´ umgebaut werden.

Der Ausbau der Stromnetze ist unabhängig davon erforderlich, ob die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert werden. Schon aktuell wird beispielsweise in den Windenergieparks im Norden bzw. Nordosten Deutschlands häufig mehr Strom erzeugt, als dort verbraucht wird. Der Strom muss zu den Verbrauchern in die großen Ballungsräume im Süden und in der Mitte Deutschlands weitergeleitet werden. Diese Situation wird durch den Ausbau der Windkraft auf See zunehmen. Allein dafür brauchen wir neue Stromleitungen.

Die Kernkraft blockiert in keinster Weise den Ausbau der umweltfreundlichen Erneuerbaren Energien. Dafür gibt es im wesentlichen zwei Gründe: Erstens gilt für Erneuerbare Energien ein absoluter Einspeisungsvorrang. Zweitens ist gesetzlich eine Mindestvergütung für die einzelnen Erneuerbaren Energieträger geregelt. Sie sehen: Auch wir Liberale wollen die Erneuerbaren Energien konsequent ausbauen. Langfristig strebt die FDP eine CO2-neutrale Energieversorgung an. Mittelfristig brauchen wir aber in einem Energiemix, der Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit vereint, die Kernenergie als Brückentechnologie.

Abschließend möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich derzeit intensiv mit dem Thema Zukunft der Energieversorgung auseinandersetze. Erst in der letzten Woche führte ich dazu ein sehr gutes Gespräch mit der Greenpeace Ingolstadt, die mir auch das Energiekonzept von Greenpeace überreicht haben.

Mit freundlichen Grüßen

Marina Schuster