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Frage von Sven S. •

Frage an Marina Schuster von Sven S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Schuster,

im Jahre 1994 fand in Ruanda einer der schlimmsten Völkermorde der Weltgeschichte statt. Binnen weniger Monate wurden rund 800.000 Menschen ermordet. Auch viele Kämpfer der heutigen Rebellengruppe „Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (FDLR) waren an dem Genozid beteiligt und sind danach in den Kongo geflüchtet.

In Ruanda herrscht jetzt Frieden, jedoch gehen im Osten des Kongo das Morden und die Verbrechen an der Zivilbevölkerung weiter. Die FDLR terrorisiert die Bevölkerung, mordet, vergewaltigt, enthauptet und verbrennt Menschen bei lebendigem Leib. Wie jede organisierte Gruppe hat auch die FDLR eine Führung. Diese politische Spitze saß lange Zeit unberührt in Deutschland: Ignace Murwanashyaka, lebte seit Jahren in Mannheim, obwohl er von Interpol gesucht wurde, dessen Auslieferung Ruanda seit Juli 2008 verlangt und gegen den die UN und EU 2005 Sanktionen verhängte.

Viel zu lange sind vor den Augen der deutschen Justiz Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus Deutschland heraus organisiert worden. In diesem Zusammenhang stelle ich Ihnen folgende Fragen:

1) Warum hat die deutsche Justiz trotz eindeutiger Informationen fast zwei Jahre lang die notwendigen Schritte zur Verhaftung und Anklage von Ignace Murwanashyaka unterlassen? Wer trägt hierfür die Verantwortung?
2) Wie soll mit den weiteren Unterstützern des FDLR-Netzwerk in Deutschland umgegangen werden?
3) Was muss generell getan werden, damit Kriegsverbrecher zukünftig nicht mehr ungestraft in Deutschland leben und von hier aus ihre Verbrechen organisieren können?

Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Antworten im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen,

Sven Scheid
Mitglied der deutschen Menschenrechtsorganisation Genocide Alert

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Sehr geehrter Herr Scheid,

vielen Dank für ihre Frage. Mit der Konfliktentwicklung in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) beschäftige ich mich kontinuierlich im Rahmen meiner parlamentarischen Arbeit, da Afrika einen meiner Schwerpunkte als Mitglied im Auswärtigen Ausschuss darstellt. Zur Lage in der DRK habe ich zuletzt eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der ich auch explizit den Stand der Dinge bei der Strafverfolgung von in Deutschland lebenden Kriegsverbrechen abgefragt habe (vgl. Kleine Anfrage an die Bundesregierung „Aktuelle Entwicklungen in der der Demokratischen Republik Kongo, Drucksache 16/13758, auf meiner Homepage: http://www.marina-schuster.de/files/Parlamentarische_Initiativen/Antwort_KA_Kongo_07.07.2009.pdf ).

Die Festnahme des FDLR-Führers Ignace Murwanashyaka sowie seines Stellvertreters Straton Musoni am 17. November 2009 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen stellt ohne Zweifel einen Meilenstein im Kampf gegen die FDLR dar. So bewerten dies auch zahlreiche Mitglieder von NGOs vor Ort, wie auch leitende Mitarbeiter der UN-Mission MONUC. Zugleich stellt die Festnahme der FDLR-Führer einen Präzedenzfall dar, da hiermit zum ersten Mal die Anwendung des Völkerstrafgesetzbuchs in Deutschland erfolgte.

Warum die Festnahme nicht früher erfolgte, kann ich Ihnen letztlich nicht beantworten. Strafverfolgung ist nicht Aufgabe von Parlamentariern, sondern liegt in den Händen der Staatsanwaltschaft.

Meine Vermutung: Ein Grund für die Festnahme erst zu diesem Zeitpunkt dürfte wohl darin liegen, dass es mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war, die gegen die FDLR-Führung erhobenen Vorwürfe gerichtsfest zu machen. Das Sammeln von Beweisen und die Befragung von Zeugen in einem Land wie der DRK dürften nach meiner Einschätzung einen schwierigen und sehr zeitaufwendigen Prozess darstellen. Nach meinem Kenntnisstand haben hierzu zahlreiche NGOs sowie UN-Experten beigetragen. Diese Kooperation ist sehr begrüßenswert. Ebenso hilfreich dürfte die öffentliche Berichterstattung zum Thema gewesen sein, z.B. eine Sendung des ARD-Magazins „Fakt“ im Oktober letzten Jahres, die die Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam gemacht und so den Handlungsdruck wohl verstärkt haben dürfte.

Mit der Verhaftung der FDLR-Führung wurde ein deutliches Zeichen gesetzt, dass Kriegsverbrecher nicht ungestraft in Deutschland leben und von hier aus ihre Taten organisieren können. Ich gehe fest davon aus, dass dieser Präzedenzfall wegweisend für die zukünftige Anwendung des Völkerstrafrechts in Deutschland ist und werde mich mit den Mitteln, die mir als Abgeordnete des Deutschen Bundestages zur Verfügung stehen, auch weiterhin dafür einsetzen. Auch im Koalitionsvertrag findet sich im Menschenrechtskapitel explizite Ausführungen zur Anwendung des Völkerstrafgesetzbuchs.

Mit freundlichen Grüßen

Marina Schuster