Frage an Marina Lemmermann von Thorsten U. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Lemmermann,
bitte erläutern Sie mir einmal was die Freien Wähler von den etablierten Parteien unterscheidet. Insbesondere in den Bereichen Bildung, Arbeit und Soziales. Wie steht es in ihrer Partei mit dem Berufsbild des Vollzeit Politikers?
Sehr geehrter Herr Uhrbrock,
gerne beantworte ich Ihre Frage zum Unterschied der Freien Wähler zu den etablierten Parteien.
Die Freien Wähler Niedersachsen sind ja ein Zusammenschluss von Bürgerinitiativen, Bürgerlisten und unabhängigen Wählergemeinschaften. Auf kommunaler Ebene stellen diese Initiativen bereits einen Wähleranteil von über 15%. Der Anteil der Nichtwähler liegt zwischen 40 und 50%. Warum ist das so?
Sie schenken den Parteien kein Vertrauen mehr. Vor der Wahl wird viel versprochen und hinterher? Wir wollen allen wieder eine Perspektive geben. Eine Perspektive, die nicht mit dem Wahltag endet. Viele Wahlversprechen sind ja auch nicht zu erklären, denn bei den Parteien, die bereits im Landtag vertreten sind, fragt man sich, warum haben sie ihre guten Ideen nicht längst umgesetzt. Unter dem Motto: Nach der Wahl ist vor der Wahl, sollte jeder so gute Politik machen, dass der Bürger bei der nächsten Wahl gleich weiß, was er wählen soll. Dann könnten die Wahlkampfkosten gewaltig gesenkt werden, sind ja schließlich Steuergelder.
Zur Wahlkampfsituation ein kurzer Hinweis. Chancengleichheit gibt es auch hier nicht. Die etablierten Parteien haben die Möglichkeit sich in Funk und Fernsehen reichlich darzustellen. Die Freien Wähler nicht. Argumentation: "...wir berücksichtigen nur die bereits im Landtag vertretenden Parteien oder die, die bei den Hochrechnungen vertreten sind..."! In Hochrechnungen kommen aber meist nur die NPD und die Linken vor, weil die bundespolitisch eine Rolle spielen. Wir werden eindeutig ausgebremst. Die Angst der großen Parteien muss schon gewaltig sein. In den Kommunen wird das z.T. sehr deutlich.
Aber nun zu den Freien Wählern.
Allgemein:
Wir fordern Transparenz und Ehrlichkeit; mehr Ethik und Moral in der Politik Die Freien Wähler werden die Bürger rechtzeitig und umfassend informieren und bei der Entscheidungsfindung beteiligen.
Thema Bildung
Bildung hat bei den Freien Wählern höchste Priorität in der Landespolitik. Nur eine sehr gute Bildung ermöglicht eine menschenwürdige Zukunft. Ohne Chancengleichheit beim Zugang zur Bildung können diese Ziele nicht erreicht werden. Die Freien Wähler werden beharrlich daran arbeiten diese Chancengleichheit herzustellen. Hierfür fordern wir den kostenfreien Bildungszugang von der Krippe bis zum Beruf. Also keine Gebühren in Krippe, Kita und Hort, Lehrmittelfreiheit in den Schulen und keine Studiengebühren. Klassengrößen nicht über 28 Schüler/innen. Außerdem eine wirksame Aufstockung des Lehr- und Ausbildungspersonals.
Ich _persönlich_ sehe Bildung auch als Präventionsmaßnahme. Alle reden heute von verschärften Gesetzen für jugendliche Straftäter. Die Spirale nimmt immer mehr zu. Das in den Griff zu bekommen ist die eine Sache. Aber es wird ganz vergessen, welche Mittel wir hätten, um nachfolgende Generationen endlich stark zu machen, nicht auch in diesen Sog zu kommen. Wir geraten durch PISA wieder in eine Schieflage und drohen unter diesem Druck den Blick für menschengerechte Erziehung zu verlieren. Schule muss über die reine Wissensvermittlung hinaus, Kinder auch in kreativen, handwerklichen o.ä. Bereichen stärken. Gestärkte Kinder brauchen keine Gewalt und können auch besser Wissen aufnehmen und der Notendurchschnitt würde automatisch angehoben.
Zum Thema Arbeit und Soziales
Mit dem Einkommen auszukommen wird für immer mehr Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Problem. Die Freien Wähler werden ihre Chance zur Mitbestimmung nutzen, sie setzen sich u.a. dafür ein, dass private Haushalte für Strom, Gas und Heizöl mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% besteuert werden. Auch die Arzneimittel nur noch mit 7%. Damit würden sich die Kosten für die Haushalte drastisch reduzieren. Unser Ziel ist es, den Spargroschen und das Häuschen bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit vor dem Zugriff des Staates zu schützen.
2,5 Mio. Kinder leben in unserer Gesellschaft in Armut, wir meinen, ein Ergebnis falscher Familienpolitik. Dort wollen wir ansetzen.
Außerdem wollen wir alle generationsübergreifenden Projekte des Zusammenlebens zwischen Kindern, Jugendlichen, Eltern und älteren Mitbürgern fördern.
Es gibt viel zu tun. Packen wir´s an.
Zur Ihrer Frage zum "Vollzeitpolitiker"
Landtagsabgeordnete müssen keine Berufspolitiker sein! Da das jedoch nicht mein persönliches Schwerpunktthema ist, obwohl ich das sehr unterstütze, hierzu Auszüge aus unserem Programm:
Das freie Mandat wird gestärkt, wenn es weniger Berufspolitiker gibt. Mögliche Interessenkollisionen lassen sich entschärfen, wenn Abgeordnete zur Transparenz verpflichtet werden und angeben müssen, aus welchen Quellen und für welche Leistung sie Einkommen beziehen
Der nebenberufliche Landtagsabgeordnete soll anstelle des heutigen Vollzeitpolitikers treten! Unser Ziel ist die Einführung des Teilzeitparlaments.
Das wirtschaftlich erfolgreiche und reiche Land Baden-Württemberg macht es dem armen Land Niedersachsen vor -- mit einem Teilzeitparlament. Durch angemessene -- aber trotzdem niedrigere Bezüge als in Niedersachsen- werden entsprechende Anreize geschaffen, die Doppelbelastung in Kauf zu nehmen, um sachverständige Landespolitik zu machen.
Der Niedersächsische Landtag war, seit seinem Bestehen bis Mitte der 70er Jahre, bei wesentlich höheren Kompetenzen und unter schwierigeren Bedingungen (Verkehrswege, Informationstechnologie), als ehrenamtliches Parlament organisiert. Dies ist auch heute möglich.
Öffentliche Führungsämter müssen unabhängig vom Parteibuch vergeben werden. Wissenschaftler, selbstständige Unternehmer, Ärzte oder Handwerksmeister sind selten zu finden, dafür aber umso mehr öffentlich Bedienstete oder zunehmend auch Mitarbeiter aus Fraktionen und von Bundestagsabgeordneten, die nie außerhalb der Politik beruflich tätig waren. Wer aus diesen Gruppen den Sprung ins Parlament geschafft hat, verteidigt vehement sein Mandat, das politische Wirken dient in hohem Maße der eigenen Existenzsicherung.
Zudem verschiebt sich das Argument, erst die Hauptamtlichkeit des Mandats und die entsprechende Alimentierung durch die Steuerzahler mache die Abgeordneten wirklich unabhängig, ins Gegenteil. Wer einen finanziellen und gesellschaftlichen Abstieg durch den Verlust des Mandats befürchten muss, ist viel stärker von den Partei- und Fraktionsführungen oder von Interessengruppen abhängig als ein Abgeordneter, der im Beruf verwurzelt ist und jederzeit dorthin zurückkehren kann.
Mit einer echten Parlamentsreform und der Ausrichtung auf die verfassungsmäßigen Aufgaben des Landtages, wie Gesetzgebung oder Kontrolle der Landesregierung, wären nach unserer Ansicht erhebliche Zeitersparnisse verknüpft. Zieht man noch die Zeit für kommunale Mandate oder Parteiämter ab, dann ist es möglich, dass Abgeordnete des Landtages für eine überschaubare Zeit die Wahlkreisbetreuung und die eigentliche parlamentarische Arbeit ohne Aufgabe ihres Berufes leisten können. Für ihren Einsatz und den damit verbundenen Aufwand werden sie angemessen entschädigt. Für eine Voll-Alimentation allerdings besteht dann keine Notwendigkeit mehr. Über die Vergütung und die Altersversorgung der Mitglieder des Landtages soll eine unabhängige, außerparlamentarische Kommission entscheiden.
Lieber Herr Uhrbrock, ich hoffe, ich konnte Ihr Interesse an den Freien Wählern Niedersachsen wecken. Bitte besuchen Sie unsere Internetseite http://www.fw-niedersachsen.de
Empfehlen Sie uns weiter. Und helfen Sie uns, viele Unentschlossene und Nichtwähler zu überzeugen, dass es sich lohnt, wieder mitzumachen.
Marina Lemmermann