Frage an Marie-Luise Dött von Alfred S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dött,
ich beziehe mich auf ein Positionspapier der CDU wo eine Stufe B der FSK hinzukommen und nach dem Willen der CDU Jugendliche u.a. vor Blogs schützen werden sollen. Ohne Ihnen zu nahe zu treten, soweit ich es verstanden habe sind Sie Internetsperren ebenfalls nicht abgeneigt.
Auf der anderen Seite gibt es den § 31a SGBII wo unter 25jährigen die Komplettstreichung des Arbeitslosengeldes bei geringen Verstößen droht. Die Folgen sind Kriminalität und Obdachlosigkeit. Wie verträgt sich der oben genannte Paragraph mit dem Gleichbehandlungsgesetz, dass sich aus dem GG ableitet? Wo ist da die Sorge um die Jugendlichen und jungen Erwachsenen?
Nicht zu vergessen die Misshandlungen in staatlichen Kinderheimen, wo einseitig beschlossen wurde die letzten Fälle fanden im Jahr 1975 statt. Allerdings gibt es Berichte noch aus dem 90iger Jahren des letzten Jahrhunderts. Wo findet da Aufarbeitung (ab 1975) statt und was hat sich geändert?
Wie kommt es das Misshandlungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen nur dann eine Rolle spielen, wenn der Staat oder ein Beamter nicht der Täter ist?
Mit freundlichen Grüßen
Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
Sie stimmen sicherlich beim ersten von Ihnen angesprochenen Thema darin zu, daß das Internet zwar viele Möglichkeiten bietet, Kinder und Jugendliche aber auch mit gefährdenden Inhalten konfrontiert. Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, daß wir sie schützen! Die sogenannten gefährdenden Inhalte sind nicht nur Angebote, die problematische Vorbilder vermitteln (z.B. Pornographie); vielmehr handelt es sich auch um verunglimpfende oder rassistische Inhalte oder um schockierende brutalste Darstellungen. Während sich das Netz ursprünglich weitgehend selbst regulierte, werden seine Möglichkeiten inzwischen eben auch gezielt mißbraucht. Wir müssen uns deshalb mit der Frage, wie wir den Schutz gerade der jungen Nutzer besser garantieren können, ohne die Möglichkeiten zur Mitgestaltung und Selbstregulierung zu beschädigen, auseinandersetzen. Der „Dialog Internet“ des Bundesfamilienministeriums prüft derzeit, welche Möglichkeiten technische Schutzmechanismen bieten, ob das geltende Recht ausreichend ist und wie es erfolgreich umgesetzt werden kann. Geprüft wird auch, welche Rolle freiwillige Selbstverpflichtungen beim Kinder- und Jugendschutz spielen könnten.
Zum von Ihnen angesprochenen Thema der Mißhandlung von Heimkindern, muß ich Ihnen – auch im Namen all derer, die sich ernst- und gewissenhaft mit diesem Komplex auseinandersetzen und sich der Schwere der Vorfälle bewußt sind und vor allem im Namen der Betroffenen und Hinterbliebenen – widersprechen. Es wurde keineswegs und von niemandem „[…] beschlossen […]“, daß die „letzten Fälle [… von Mißhandlungen] im Jahr 1975 statt[fanden…], wie Sie schreiben. Vielmehr folgte der Deutsche Bundestag einer Empfehlung des Petitionsausschusses und setzte im Dezember 2008 einen Runden Tisch mit der Aufgabe, die Vorkommnisse in der Heimerziehung im Zeitraum von 1949 bis 1975 aufzuarbeiten und zur Bewertung der Forderungen der ehemaligen Heimkinder Kriterien und mögliche Lösungen zu entwickeln, ein. Der Runde Tisch Heimerziehung hat mittlerweile seinen Abschlußbericht vorgelegt. Außerdem wurden auf Initiative des Runden Tisches Anlaufstellen, die eine individuelle Beratung und Unterstützung anbieten, eingerichtet. Die Infostelle ist unter der Telefonnummer: 030-275 767 77 oder per Email ( info@rundertisch-heimerziehung.de ) zu erreichen.
Des weiteren gebe ich Ihnen u.s. weiterführende Links zum Thema:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/33109395_kw03_heimkinder/index.html
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/061/1706143.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/065/1706500.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/060/1706093.pdf
http://www.bundestag.de/presse/hib/2011_07/2011_284/05.html
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a13/anhoerungen/Heimerziehung/Protokoll.pdf
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a13/anhoerungen/Heimerziehung/Stellungnahmen/index.html
http://www.bundestag.de/presse/hib/2011_06/2011_245/07.html
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a13/anhoerungen/Heimerziehung/Antraege/1_17_6143.pdf
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a13/anhoerungen/Heimerziehung/Antraege/2_17_6093.pdf
Da das Thema „Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen“, wie sie im SGB II geregelt sind, nicht zu meinem Fachgebiet gehört, habe ich Ihre Frage an die fachzuständige Arbeitsgruppe meiner Fraktion weitergereicht. Ich warte derzeit noch auf eine Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Luise Dött
Sehr geehrter Herr Schmidt, hier der versprochene Nachtrag:
Es entspricht dem Grundprinzip des "Förderns und Forderns" im SGB II, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige bei Verletzung ihrer Pflichten im Eingliederungsprozeß mit entsprechenden Leistungskürzungen sanktioniert werden. Mit der Regelung des § 31 SGB II existiert ein entsprechender Mechanismus, um Pflichtverletzungen von Leistungsbeziehern nach dem SGB II zu sanktionieren. Pflichtverletzungen sind z.B. die Nichtaufnahme einer zumutbaren Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit, der Nichtantritt oder Abbruch einer Eingliederungsmaßnahme sowie das Nichterscheinen nach einer Meldeaufforderung der Grundsicherungsstelle. Eine Pflichtverletzung ohne Nachweis eines wichtigen Grundes führt zu einer Kürzung bzw. – im Wiederholungsfalle – bis zum Wegfall des Arbeitslosengeldes II (Regelbedarf, Mehrbedarfe, Leistungen für Unterkunft und Heizung).
Der Kürzungsbetrag richtet sich nach einem Prozentsatz des maßgebenden Regelbedarfs. Die Minderung bzw. der Wegfall der Leistung dauern drei Monate. Entgegen der Behauptung in den Anträgen bleibt bei den von einer Sanktion nach § 31 SGB II Betroffenen das Existenzminimum gewahrt. Diese Regelung trägt auch den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Schutz des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum hinreichend Rechnung.