Wird/Muss Deutschland Griechenland militärisch beistehen, wenn die Türkei ihre Kriegsdrohungen umsetzt?
Sehr geehrte Frau Strack-Zimmermann,
Herr Erdogan droht dem EU-Land Griechenland unverhohlen mit Krieg wegen Ansprüchen ggü. griechischen Inseln. Da Griechenland eine EU-Land ist, bestehen doch Beistandspflichten von den anderen EU-Ländern.
Niemand wünscht sich natürlichen diesen Krieg. Aber welche Vorgehensweise wäre angebracht? Ist Zurückhaltung (solange es nicht zu einem Krieg kommt) der richtige Weg oder wäre schon vorher ein Zeichen aller anderen EU-Länder an die Türkei dringend notwendig? Dieses Zeichen könnte man setzen, in dem man der Türkei klarmacht, dass wenn sie einen Krieg gg. Griechenland beginnt, werden auch alle anderen EU-Länder militärisch gegen die Türkei vorgehen. Wie sehen Sie diese Vorgehensweise? Wäre sogar ein Hinweis an die Türkei fällig, dass die EU mit Frankreich eine Atommacht hat? Ich weiß, dass klingt brachial und ich will das wirklich nicht... Aber muss man im Lichte des Ukraine-Kriegs nicht so gegen Autokratien vorgehen um einen Krieg zu verhindern?
Sehr geehrter Herr W.,
es gibt tatsächlich eine Beistandsklausel im Vertrag über die Europäische Union, und zwar Artikel 42, Absatz 7. Die besagt, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen schulden. Einmal ist dieser EU-Bündnisfall bisher ausgelöst worden: Im November 2015, nach den Terroranschlägen von Paris, bat Frankreich die EU-Partner um Hilfe. Wie die EU-Staaten ein Land unterstützen, bleibt ihnen im Gegensatz zum NATO-Bündnisfall aber selbst überlassen. Die Unterstützung kann in Form von ziviler oder wirtschaftlicher Hilfe über Sanktionen oder Waffenlieferungen bis hin zu militärischen Interventionen geleistet werden. Weil Griechenland und die Türkei auch beide Mitglieder der NATO sind, hat der Generalsekretär Jens Stoltenberg die beiden Länder gerade bereits mit Nachdruck dazu aufgefordert, den Konflikt zu deeskalieren und eine Einigung im Streit angemahnt.
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Agnes Strack-Zimmermann