Warum unterstützen Sie nicht die Friedensbemühungen von Victor Orban, sondern werfen ihm sofort Populismus und Mißbrauch seiner gegenwärtigen Ratspräsidentschaft vor?
In der Ukraine sterben jeden Tag ukrainische und russische Menschen. Ich verstehe nicht, warum die Waffenstillstandsbemühungen von Victor Orban sofort torpediert werden. Sollte man nicht versuchen, die Argumente auf beiden Seiten zu hören und jeden Strohhalm ergreifen?
Sehr geehrter Herr G.,
die Friedensbemühungen von Viktor Orbán kann ich grundsätzlich nicht einfach unterstützen, ohne sie genau zu hinterfragen. Natürlich ist der Wunsch nach Frieden in der Ukraine wichtig, aber die Frage ist, wie dieser Frieden erreicht werden soll. Orbán positioniert sich immer wieder als Vermittler, jedoch steht seine Politik gegenüber Russland im Widerspruch zu den klaren Werten der Europäischen Union, zu denen auch eine konsequente Unterstützung der Ukraine gehört. Faktisch tritt er unsere Werte mit Füßen.
Er hat in der Vergangenheit wiederholt Positionen vertreten, die dem westlichen Konsens schaden und die europäische Einigkeit untergraben. In seiner Funktion als Präsident des Rates der Europäischen Union hätte er bspw. ein verlässlicher Partner für die gesamte Gemeinschaft sein sollen – und dazu gehört, dass er sich an die gemeinsamen Prinzipien hätte halten müssen.
Was mir Sorgen bereitet, ist, dass Orbán immer wieder populistische Rhetorik verwendet, um innenpolitische Vorteile zu erzielen, während er gleichzeitig das europäische Solidaritätsprinzip infrage stellt. Wenn er dann in einer solch verantwortungsvollen Position wie der Ratspräsidentschaft agiert, kann das nicht nur der Glaubwürdigkeit der EU schaden, sondern auch dem gesamten diplomatischen Vorgehen in dieser Krise. Friedensbemühungen müssen ehrlich und aufrichtig sein – und nicht als politisches Manöver missbraucht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Agnes Strack-Zimmermann