Defensivwaffen an die Ukraine?
Sehr geehrte Dr. Strack-Zimmermann,
Es erregt bei mir große Besorgnis, wenn Spitzenpolitiker aus FDP (und CDU) öffentlich mitteilen, über die Lieferung sogenannter Defensivwaffen an die Ukraine nachzudenken. Da die FDP an der Regierung beteiligt ist, richte ich diese Frage vor allem an die FDP.
Angenommen, unsere Regierung würde ihre Bereitschaft zur Lieferung "defensiver Waffen" an die Ukraine verkünden, dann würde in der russischen Staatspropaganda das "defensiv" gestrichen; das russische Volk würde erfahren, dass Deutschland Waffen an die Ukraine liefern will und im gleichen Atemzug würde es an den deutschen Überfall von 1941 erinnert werden! Das würde die deutsch-russischen Beziehungen dauerhaft auf das Äußerste belasten!
1. Inwieweit teilen Sie meine Sorge?
2. Wie sehen Sie die militärischen Drohgebärden Russlands im historischen Vergleich zu denen der USA in der Kubakrise? Bei (vermeintlicher) militärischer Bedrohung sind Völkerrecht und Verträge belangslos!?
Sehr geehrter Herr L.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Selbstverständlich teile ich Ihre Sorge, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine noch weiter eskaliert. Allerdings bin ich der Meinung, dass vielmehr Russland die deutsch-russischen Beziehungen durch seine Aggressionen belastet, nicht umgekehrt. Als Europäer müssen wir an der Seite der Ukraine stehen und nicht wie 2014 nur zuschauen. Nichtsdestotrotz muss die Frage zur Lieferung von defensiven Waffen an die Ukraine sorgfältig und ergebnisoffen diskutiert werden. Die Dinge lassen sich immer besser klären, wenn man die Fakten und Alternativen offen auf den Tisch legt und nichts von vornherein ausschließt. Schließlich kann keiner von uns in die Zukunft schauen. Allgemeine letale Waffen werden nicht geliefert, das schließen sowohl der Koalitionsvertrag als auch das Kriegswaffenkontrollgesetz aus. Aber Unterstützung in der Cyberabwehr, im Sanitäts- und Ausbildungsbereich ist durchaus vorstellbar.
Bezüglich Ihrer zweiten Frage kann ich nicht ganz nachvollziehen, worauf Sie mit Ihrem Vergleich mit der Kubakrise hinauswollen. Ich bin Freundin von klaren Worten. Völkerrecht muss immer die Grundlage aller unserer Entscheidungen sein.
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Agnes Strack-Zimmermann