Darf der Staat bei der Einführung der Impfpflicht die Anzahl von Menschenleben direkt gegeneinander abwägen? Oder wäre das nicht ein Verstoß gegen die Menschenwürde?
Sehr geehrte Frau Strack-Zimmermann,
Dankeschön für die schnelle Antwort. Darf ich einmal nachfragen:
Sie erkennen 48 Todesfälle durch die Impfstoffe (gemäß PEI) an, berechnen aber, dass dies 1000x weniger sind als wenn man nicht impfen würde.
Darf der Staat bei der Einführung der Impfpflicht die Anzahl von Menschenleben direkt gegeneinander abwägen? Oder wäre das nicht ein Verstoß gegen die Menschenwürde?
Ich meine nicht bei freiwilliger Impfung, sondern bei Pflicht, da ja auch diejenigen sterben könnten, die gerade keine Impfung wollten.
Sehr geehrte Frau V.,
das Risiko für einen schweren und auch tödlichen Verlauf einer Corona-Infektion steigt mit steigendem Alter rapide an. Sehr alte Menschen sind am meisten gefährdet, an der Infektion zu versterben. In einem Kontext, in dem das SARS-CoV-2-Virus weltweit verbreitet ist, ist es wichtig, dass ältere Menschen so gut wie möglich vor einer Infektion geschützt sind. Wenn ältere Menschen oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen und einem erhöhten Sterberisiko geimpft werden, dann wird es eine gewisse Anzahl von zufälligen Todesfällen geben, die kurz nach der Impfung auftreten, ohne aber kausal mit der Impfung assoziiert zu sein. Diese Aussage betrifft vor allem Todesfälle nach der Impfung von alten bis sehr alten Personen. Hier ist bislang kein kausaler Zusammenhang zwischen Impfung und Todesfällen zu erkennen.
Die körperliche Unversehrtheit ist ein hohes Gut. Deshalb ist es auch Aufgabe des Staates, die Gesundheit seiner Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu schützen. Wenn ich mich aber gegen Corona impfen lasse, dann geht es nicht nur um mein Leben, sondern auch um das derjenigen, die sich in der Infektionskette hinter mir befinden. Und mit einer Impfpflicht kommt der Staat seiner eigenen, eben beschriebenen Pflicht nach, diese Menschen zu schützen.
Lassen Sie mich hierbei einen Bericht des SWR zitieren:
Vor allem geht es darum, diejenigen zu schützen, die sich selbst durch eine Impfung nicht schützen können – entweder weil sie trotz Impfung noch ein Risiko haben schwer zu erkranken oder zu sterben – oder weil sie sich gar nicht erst impfen lassen können. Eine moralische Impfpflicht diesen Menschen gegenüber gibt es also schon – aber wenn die nichts bringt, dann bleibt nur noch die gesetzliche.
Und mittlerweile geht es auch um Fairness denen gegenüber, die sich bereits haben impfen lassen und damit zur Rückkehr zur Normalität beigetragen haben – eine Normalität, zu der wir aber der Ungeimpften wegen noch nicht zurückkehren können.
Eine Impfpflicht würde auch endlich die Dauerbelastung des Gesundheitspersonals – vor allem der Intensivpfleger*innen – beenden. Schon lange vor der Pandemie gab es in Deutschland einen Mangel an Pflegekräften und die Wenigen, die es noch gab müssen jetzt schon bald zwei Jahre Massen an schwerkranken Menschen versorgen. Dabei gibt es ein Mittel diese Menschen zu entlasten: die Impfungen.
Und letztlich geht es auch um Solidarität den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegenüber, die wieder mit ihren Freunden spielen, ihren Schulabschluss feiern oder mit ihren Kommilitonen zusammen im Hörsaal studieren wollen – und auf deren Rücken wir vieles in der Pandemie ausgetragen haben, ohne ihnen ein Mitspracherecht zu geben. (https://www.swr.de/wissen/kommentar-pro-contra-covid-19-impfpflicht-100.html)
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Agnes Strack-Zimmermann