Frage an Marianne Schieder von Fanny F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Schieder!
Ich habe mir Ihre Rechtfertigungen für die Zustimmung zum Kriegseinsatz in Syrien sorgfältig durchgelesen, und frage Sie, ob Sie diese Entscheidung jederzeit mit Ihren Gewissen vereinbaren können? Ich gehe davon aus, dass Sie als Volljuristin die ganze Tragweite erkennen können. Ihre Begründung ist mehr als vage, denn tatsächlich ist eine Beteiligung an Kriegen nur dann rechtens, wenn ein entsprechendes Mandat des UNO-Sicherheitsrates vorliegt, das Selbstverteidigungsrecht eines Staates gegen einen anderen Staat aufgrund von akuter Bedrohung greift, oder die Regierung des Landes in dem der Krieg stattfindet offiziell um Militärhilfe bittet.
Letzteres hat die syrische Regierung bisher nur gegenüber der Russischen Föderation getan. Alle anderen Einsätze - so auch jener der Bundeswehr - sind folglich völkerrechtswidrig.
Das in der UNO-Resolution 2249,ein kriegerisches Eingreifen gemeint ist, wird jedoch auch unter Rechtsexperten bezweifelt. Letztendlich gibt es kein klares UNO-Mandat nach Kapitel VII der UN-Charta für militärische Angriffe. Immerhin betont Resolution 2249 auch, die zu ergreifenden Maßnahmen sollen im Einklang mit den Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen.
Argumentiert wird auch mit Artikel 51 der UN-Charta, wonach Frankreich das Recht zur Selbstverteidigung habe. Doch bei dem Terrorkonglomerat "Islamische Staat" handelt es sich - trotz der Selbstbezeichnung - eben nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat. Genau auf diesen Rang würde man den IS jedoch durch Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 erheben. Artikel 51 ist keinesfalls als alternativer Weg an einem Sicherheitsratsbeschluss vorbei gedacht. Hinzu kommt, dass die Terroranschläge von Paris größtenteils von Europäern verübt wurden. Streng genommen müsste Frankreich also die Banlieues und Belgien bombardieren.
Ohnehin kann sich lediglich Frankreich auf diese Klausel berufen.
Glauben Sie, dass sich Terror mit Bombardements stoppen lässt?
Sehr geehrte Frau Fröhlich,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse am letzten Freitag vom Bundestag beschlossenen Bundeswehreinsatz in Syrien. Zunächst betone ich nochmals, dass ich bei meiner Entscheidung Für und Wider sorgfältig abgewogen habe und meine Entscheidung nach aktueller Faktenlage auch mit meinem Gewissen vereinbaren kann.
Terror ist allein mit Bombardements natürlich nicht zu stoppen. Allein in den letzten Wochen hat unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit enormen Einsatz daran gearbeitet, die Vertreter der verfeindeten ethnischen Gruppen der Sunniten und der Schiiten, Saudi-Arabien, der Iran, Russland, die USA, Frankreich, Deutschland, die Türkei und der Oman an einen Tisch zu bekommen. Diese diplomatischen Anstrengungen müssen fortgeführt werden, um für die ganze Region des Nahen Ostens eine Stabilisierung zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Schieder, MdB