Frage an Marianne Schieder von Martin G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Schieder,
welche Aussagekraft hat der Abschlussbericht des BND-Untersuchungsausschusses, wenn von der Bundesregierung Aussagen und Beweise verfassungswidrige zurückgehalten wurden? Warum haben Verstöße gegen das Grundgesetz, die von Politikern angeordnet/begangen werden keine Konsequenzen? Hier fand doch offensichtlich ein Rechtsbruch statt.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gorges
Sehr geehrter Herr Gorges,
die ausführliche und differenzierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts begrüße ich uneingeschränkt, weil damit die Kontrollrechte des Parlaments gegenüber der Bundesregierung in Untersuchungsausschüssen gestärkt wurden. In Zukunft muss die Bundesregierung im Detail begründen, warum dem Parlament bestimmte Akten oder Informationen vorenthalten werden sollen. Es reicht nicht aus, sich auf die verfassungsrechtlichen Grenzen des Untersuchungsrechts pauschal zu berufen. Das Gericht verlangt vielmehr in jedem Einzelfall eine intensive Abwägung zwischen den Informationsinteressen des Parlaments auf der einen und den Geheimhaltungsinteressen der Bundesregierung auf der anderen Seite.
Dass die Begründungen der Bundesregierung diesen Anforderungen bislang überwiegend nicht entsprochen haben, ist bedauerlich. Die politische Verantwortung hierfür trägt der Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Thomas de Maizière. Die Beweisaufnahme des 1. Untersuchungsausschusses kann allerdings nicht noch einmal aufgenommen werden, weil dieser Ausschuss mit Zustimmung aller Fraktionen am 2. Juli 2009 aufgelöst wurde. Nach der Bundestagswahl steht es den Fraktionen des neugewählten Parlaments natürlich jederzeit frei, einen neuen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Im übrigen werden bei Organklagen bzw. Organstreitigkeiten nicht einzelne Personen zur Rechenschaft gezogen. Hierbei handelt es sich vielmehr um Streitverfahren von Bundesorganen (z.B. Bundestag, Bundesrat) untereinander, die vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden. In diesem Fall ging es um die eingeschränkten Aussagegenehmigungen für Zeugen im Untersuchungsausschuss sowie die teilweise Sperre von angeforderten Akten, was - so das Bundesverfassungsgericht - detaillierter und konkreter hätte begründet werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Schieder, MdB