Frage an Marianne Schieder von Anton Z. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Schieder,
die anhaltend schwierige Situation auf dem Markt für Milch und Milchprodukte nimmt zunehmend existenzgefährdende Ausmaße für uns Milchbauern an. Das Interesse der Verbraucher an einer nachhaltigen Milchversorgung ist damit ebenfalls bedroht.
Eine aktuelle Studie besagt, dass 79 Prozent der Milchbauern bei dem aktuellen Preis die Existenz der Höfe gefährdet sehen, zwei Drittel werden die Milcherzeugung wohl einstellen müssen.
Deshalb folgende Fragen an Sie:
- wie stehen Sie zur Bedrohung von ca. 250000 Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft?
- wie sehen Sie zukünftig die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln Milch (Käse, Joghurt) gesichert, wenn zahlreiche Betriebe aufgrund des niedrigen Milchpreises zum Aufhören gezwungen werden?
- wie stehen Sie zu einer flexiblen Quotenregelung des Milchmarktes, auf EU-weit?
Mit freundlichen Grüßen
Zaißerer
Sehr geehrter Herr Zaißerer,
vielen Dank für ihre Anfrage vom 14.05.2009.
Bereits seit langem setze ich mich dafür ein, dass für gute Arbeit eine faire Entlohnung gewährleistet wird. Daher brauchen wir neben dem Mindestlohn für abhängig Beschäftigte klare Rahmenbedingungen in der Lebensmittelproduktion, die eine faire Entlohnung für unsere Landwirte gewährleisten.
Als Abgeordnete, die selbst aus einem kleinen Dorf in der Oberpfalz kommt und deren Heimatregion in hohem Maße von der Milchproduktion abhängig ist, weiß ich genau, was auf dem Spiel steht, wenn durch die drohenden Hofaufgaben Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze auf dem Land verloren gehen. Für einige Regionen in Deutschland würde das meiner Ansicht nach das völlig Aus bedeuten. Das muss nicht nur im Interesse der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes, sondern gerade auch im Interesse der gesamten Gesellschaft verhindert werden.
Was die Versorgung der Bevölkerung mit dem Grundnahrungsmittel Milch und den daraus hergestellten Produkten betrifft, so wird dies trotz der drohenden Hofaufgabe vermutlich weiterhin gelingen. Die durch die Aufgaben wegfallenden Produktionskapazitäten werden vermutlich von anderen Betrieben im In- und Ausland übernommen. Endverbraucher müssen daher in Kauf nehmen, dass ihre Milchprodukte immer weitere Strecken zurücklegen, bis sie im Verkaufsregal landen. Fatal wäre allerdings in diesem Fall der volkswirtschaftliche Schaden. In vielen Regionen käme es zu massiven Verlusten an Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen. Damit einhergeht mittelfristig ein weiterer Verlust an Bevölkerung für ländliche Regionen, in denen bisher in bäuerlichen Betrieben Milch produziert wurde. Durch den Bevölkerungsrückgang gehen auch Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und viele weitere Einrichtungen verloren. Offen bleibt die Frage, wer zukünftig in diesen Regionen - speziell in Grünlandregionen - die Kulturlandschaftspflege betreibt und vor allem wer sie bezahlt. Außerdem müssen wir uns die Frage stellen, ob es aus Gründen des Klimaschutzes vertretbar ist, unsere Lebensmittel über immer weitere Distanzen zu transportieren? Soviel nur dazu, was zu befürchten ist. Persönlich sehe ich eine derartige Entwicklung äußerst kritisch und werde mich weiterhin dafür einsetzen, dies zu verhindern. Denn mir ist es wichtig, lebendige ländliche Räume zu erhalten, in denen die Landwirtschaft weiterhin eine wichtige Rolle spielt.
Ich glaube, dass eine weitere Liberalisierung des Milchmarktes, wie sie im Moment von der EU angestrebt und vom Deutschen Bauernverband befürwortet wird, das Aus für viele Höfe bedeuten wird, insbesondere in Süddeutschland. Die derzeit diskutierten und zum Teil praktizierten Lösungsversuche, wie Stützungskäufe, Exportsubventionen oder Kuhprämien, helfen den Bauern langfristig nicht weiter und verschlingen nur unnötig öffentliche Gelder. Den Vorschlag für eine EU-weite, flexible Quotenreglung des Milchmarktes halte ich für prüfenswert. Allerdings gibt es in diesem Zusammenhang noch verschiedenste Fragen zu klären, da oft in den Details die Probleme liegen. So sind die rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu prüfen. Zu klären ist auch, wie die Wechselwirkungen mit anderen Märkten reguliert werden können, ohne gegen internationale Vereinbarungen zu verstoßen oder andere Märkte negativ zu beeinflussen. Außerdem ist noch zu klären, wie die dafür notwenigen Mehrheiten auf europäischer Ebene geschaffen werden können.
Insgesamt stehen wir hier vor sehr großen Herausforderungen. Sich diesen zu stellen, bin ich gerne bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Schieder, MdB