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Maria Flachsbarth
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Frage von Jay S. •

Frage an Maria Flachsbarth von Jay S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Dr. Flachsbarth,

in beiliegenden Artikel wird über das Atomlager Asse beschrieben, dass dort mehr radioaktiver Abfall gelagert wurde, als bisher bekannt und das die Rückholung deutlich gefährlicher und dringlicher ist.
http://www.sueddeutsche.de/politik/marodes-atomlager-in-niedersachsen-unterschaetzte-gefahr-1.998556

1. Was soll Ihrer Meinung nach mit dem radioaktiven Abfall in Asse unternommen werden?
2. Ist eine Lagerung an einem alternativen Standort aktuell möglich?
3. In welcher Form sollen die Verursacher an der Lösung beteiligt werden?
4. Lassen sich Rückschlüsse hinsichtlich der Tauglichkeit zwischen Asse und Gorleben als Atomendlager ziehen?

Mit freundlichen Grüßen

Scharff

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Scharff,

vielen Dank für Ihre Frage zum Versuchsendlager Asse.

In der letzten Legislaturperiode hat die Große Koalition Verantwortung übernommen für ein Versuchsendlager, dessen gravierende Probleme von der Vorgängerregierung ignoriert wurden. Jetzt arbeitet man an einem Konzept für eine geordnete Schließung; dabei werden unterschiedliche Optionen geprüft. Die Sicherheit des Betriebspersonals, von Bevölkerung und Umwelt haben oberste Priorität.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat Anfang des Jahres seine fachliche Bewertung der Stilllegungsoptionen für die Schachtanlage Asse II vorgestellt. Das BfS hatte die drei Optionen Vollverfüllung, Umlagerung und Rückholung untersucht. In dem anhand von insgesamt 18 Kriterien und 5 Beurteilungsfeldern durchgeführten Vergleich der Optionen nahm die Vollverfüllung in vier Beurteilungsfeldern den Rang 1 ein.

Allerdings ist das BfS zu dem Ergebnis gekommen, dass nach derzeitigem Stand der Erkenntnisse erhebliche Zweifel bestehen, ob die „Langzeitsicherheit“ bei der Vollverfüllung nachgewiesen werden kann. Bei der Rückholung bestehe demgegenüber die begründete Erwartung, dass der Nachweis der Langzeitsicherheit geführt werden könne. Aufgrund dieser Bewertung wurde die Option Rückholung aller Abfälle vom BfS als zu bevorzugende Stilllegungsoption eingestuft. Aufgrund der derzeitigen Erkenntnisse hält das Bundesumweltministerium (BMU) die Rückholung der Abfälle für die beste Lösung; es betont aber, dass auch an dem Konzept der Vollverfüllung weitergearbeitet werden muss – dies für den Fall, dass sich bei dieser Vorgehensweise im Laufe der Untersuchungen herausstellen sollte, dass sich entweder die Annahmen zum Zeitaufwand, der radiologischen Belastung der Beschäftigen oder der technischen beziehungsweise rechtlichen Machbarkeit der Rückholung als unbegründet erweisen.

Oberste Priorität muss in jedem Fall das Anliegen der Anwohner nach größtmöglicher Sicherheit haben. Sollte es zu einer Rückholung der Abfälle aus der Asse kommen, so muss der radioaktive Abfall sicher endgelagert werden. Das einzige für die Lagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen ausgelegte Endlager in Deutschland ist Schacht Konrad. Eine erste Überprüfung des Bundesumweltministeriums, ob die Abfälle aus der Asse in das Endlager Konrad verbracht werden können, legt nahe, dass die Einlagerung aller aus der Schachtanlage Asse II rückgeholten Abfälle im Endlager Konrad eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses erfordern würde. Doch eins steht fest: Eine übertägige Lagerung auf unbestimmte Zeit darf es nicht geben. Deshalb erfordert es die Fairness gegenüber den Menschen in der Umgebung der Schächte Asse II und Konrad, dass sowohl die Rückholung der Abfälle als auch deren Verbringung in ein sicheres Endlager mit Nachdruck geprüft werden. Sicherheitsabstriche darf es nicht geben - das gilt uneingeschränkt für beide Standorte.

Schließlich ist hinsichtlich der Sanierungskosten im Koalitionsvertrag vereinbart worden, dass „eine angemessene Beteiligung der Betreiber an den Sanierungskosten für die Schachtanlage Asse II“ angestrebt wird.“ Das Bundesfinanzministerium hat Anfang September in einem mit dem Bundesumweltministerium abgestimmten Text erklärt, die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung von Asse II trage der Bund. Im Entwurf des Kernbrennstoffsteuergesetzes wird dazu ausdrücklich ausgeführt, dass „die Erträge aus der Steuer vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung auch dazu beitragen sollen, die aus der notwendigen Sanierung der Schachtanlage Asse II entstehende Haushaltsbelastung des Bundes zu verringern.“

Zur Vergleichbarkeit der Standorte Asse und Gorleben sind zwei Sachverhalte zu auseinander zu halten: Sachverständige vertreten heute einhellig die Meinung, dass eine Einlagerung von radioaktivem Material in der Asse aufgrund heutiger Standards nicht hätte stattfinden dürfen. Doch obwohl es sich bei der Asse II und dem Salzstock in Gorleben um Salzstöcke handelt, sind sie nicht vergleichbar.

Aus der Asse wurde im letzten Jahrhundert über ca. 60 Jahre lang Salz gefördert, sie ist daher durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Der Druck des Gesteins (Gebirges) oberhalb des Salzstocks auf diese durchlöcherte Struktur führt dazu, dass das Salz möglicherweise nachgeben, das Bergwerk (teilweise) zusammenbrechen und dabei zusätzlich Wasser in das Bergwerk strömen könnte. Deshalb besteht die dringende Notwenigkeit, es zu stabilisieren und sanieren. Aus dem Salzstock in Gorleben hingegen wurde nie Salz gewonnen; dort sind lediglich zwei Schächte und wenige Strecken aufgefahren worden, um eine untertägige Untersuchung des Salzstocks zu ermöglichen. Diese sogenannte „Unverritztheit“ ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Salzstock Gorleben überhaupt als möglicher Standort für die Lagerung hochradioaktiven Mülls in Frage kommen könnte.

Ich halte es daher für richtig, dass entsprechend des Koalitionsvertrags die Bundesregierung in einem offenen und transparenten Verfahren die Erkundung des Salzstocks in Gorleben fortsetzt. Der Salzstock Gorleben ist in den 70er Jahren in einem anspruchsvollen Verfahren für die Erkundung ausgewählt worden, das international Maßstäbe gesetzt hat. Grundlage war ein Katalog mit u.a. geologischen, raumplanerischen und sozioökonomischen Kriterien, die bis heute Gültigkeit haben.

Nach einer über 10 Jahre währenden, von der rot-grünen Bundesregierung verhängten Untersuchungspause (Moratorium) wird die Erkundung Gorlebens im Oktober 2010 wieder aufgenommen. Ich halte es für eine Frage der Zukunftsgerechtigkeit, dass die heutige Generation, die die Kernkraft nutzt und unmittelbar von ihr profitiert, die Beseitigung der dadurch entstehenden hoch giftigen Abfälle nicht den kommenden Generationen überlässt. Eine sichere Endlagerung ist unbedingt geboten. Derzeit werden alle radioaktiven Abfälle in oberirdischen Zwischenlagern gesammelt – unter Inkaufnahme entsprechender Kosten sowie möglicher Gefährdungen. Bei der Weitererkundung ist uns besonders wichtig, die Beteiligung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Akzeptanz der Bürger ist für uns entscheidend. Schließlich wird erst die Bewertung aller notwendigen Untersuchungsergebnisse erweisen, ob Gorleben als Endlager für hoch radioaktive Abfälle überhaupt geeignet ist oder nicht. Eine internationale Expertenkommission der OECD soll zudem alle Befunde mit Bezug auf die Untersuchungen zu Gorleben sichten und nach internationalem Sicherheitsstandard, dem Stand von Wissenschaft und Technik bewerten. Dabei wird dabei auch die Frage alternativer Wirtsgesteine diskutiert werden. Erst wenn diese Stufen des Auswahlverfahrens positiv durchlaufen wurden, schließt sich ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren mit den entsprechenden Möglichkeiten der formalen Öffentlichkeitsbeteiligung und der Beschreitung des Rechtswegs an.

Dieses Konzept hat die Union in ihrem Wahlprogramm niedergelegt, es ist im Wahlkampf intensiv und kontrovers diskutiert worden und hat Eingang in den Koalitionsvertrag und das Energiekonzept der Bundesregierung gefunden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Maria Flachsbarth MdB