Frage an Marco Wanderwitz von Andreas T. bezüglich Gesundheit
Der Ärztemangel auf dem Land wird zunehmend dramatisch. Was ist da in den letzen jahren schief gelaufen, und welche Anreize will die Union jungen Ärzten geben, damit sie eine Praxis auf dem Land eröffnen?
Sehr geehrter Herr Tümmler,
Ziel von CDU und CSU ist es, auch in Zukunft eine hochwertige Gesundheitsversorgung in Deutschland für alle zu sichern. Das gelingt nur, wenn die Gesetzliche Krankenversicherung auf einem soliden Fundament steht. In der bestehenden Form behindert sie jedoch durch die Lohnkopplung die Schaffung neuer und Sicherung bestehender Arbeitsplätze, verhindert mehr Effizienz im Gesundheitswesen, sorgt nicht für einen ausreichenden Wettbewerb zu Gunsten der Versicherten und wird schon bald wieder neue Defizite einfahren.
Deshalb ist eine grundlegende Reform unumgänglich. Vor allem Ärzte und Pflegekräfte müssen von überflüssigen Verwaltungsaufgaben befreit werden, damit sie sich wieder ihrer eigentlichen Aufgabe, der medizinischen und pflegerischen Betreuung der Patienten, zuwenden können. Sie müssen bei ihrer Entscheidung in die Niederlassung zu gehen wieder Planungssicherheit haben, damit sie nicht aufgrund ständig wechselnder Rahmenbedingungen die Sorge haben müssen, in wirtschaftliche Not zu geraten. Bereits heute verzeichnen wir in den Neuen Ländern einen Ärztemangel speziell im ländlichen Raum, der seine Ursache vor allem in der Bevormundung und Gängelung durch die Politik und unzureichende Honorierung hat. Die Union wird mit den Regelleistungsvolumina für eine angemessene Honorierung sorgen und die vorhandene Bürokratie abbauen. Leistung muss sich in Zukunft im Gesundheitswesen wieder lohnen und darf nicht bestraft werden. Deshalb hat die Union im GKV-Modernisierungsgesetz die Abschaffung der Budgetierung und die Einführung fester Preise im Rahmen von Regelleistungsvolumina ab 2007 durchgesetzt.
Insbesondere ein Hausärztemangel ist bereits jetzt in den Neuen Ländern festzustellen. In nächster Zeit werden vor Ort aber neben vielen Allgemeinärzten auch zahlreiche Fachärzte in den Ruhestand wechseln. Hinzu kommt, dass infolge der Einführung des neuen Vergütungssystems in den Krankenhäusern dort eine Konzentration und Spezialisierung von Leistungen stattfindet. Zur Sicherstellung einer flächendeckenden ambulanten und stationären medizinischen Versorgung ist es sinnvoll, an der bewährten Dreiteilung festzuhalten. Im Übrigen sehen wir in der integrierten Versorgung ein wichtiges Instrument, um die Schnittstellenprobleme zwischen der ambulanten sowie der stationären Versorgung und der Rehabilitation effektiv in den Griff zu bekommen und Fehlallokationen erheblicher Finanzressourcen zu verhindern. Die integrierte Versorgung ist also hier auf vertraglicher Grundlage weiter zu fördern. Zumindest in unterversorgten Regionen ohne Zulassungsbeschränkungen sollte aber auch unabhängig von einer Gesamtkonzeption zur Bekämpfung des Ärztemangels eine Aufhebung der Altersgrenze erwogen werden, um bestehende Unterversorgung nicht noch weiter zu verschärfen.
Die Sächsische Staatsregierung hat ihrerseits bereits Maßnahmen gegen den akuten Ärztemangel im Planungsbereich Torgau-Oschatz eingeleitet. Konkret sieht dies wie folgt aus:
Die Förderung der Übernahme eines bestehenden Hausarztsitzes erfolgt durch Zahlung einer Investitionspauschale in Höhe von 60.000 EUR. Die Auszahlung wird über fünf Jahre in Teilbeträgen von jeweils 12.000 EUR jährlich nachschüssig vorgenommen. Voraussetzung ist, dass die neue niedergelassene Ärztin oder der Arzt 80 % der durchschnittlichen Fallzahl (Anzahl der behandelten Patienten) des Vorjahres im Freistaat Sachsen erreicht. Die Förderung einer Praxisneugründung erfolgt durch Zahlung einer Investitionspauschale in Höhe von 30.000 EUR, verteilt auf fünf Jahre. Der Förderbetrag pro Jahr wird nur dann ausgezahlt, wenn die Ärztin oder der Arzt im ersten Niederlassungsjahr mindestens 50 % und in den weiteren Niederlassungsjahren mindestens 80 % der durchschnittlichen Fallzahl erreicht. Weitere 30.000 EUR werden als zinsloses Darlehen gegen einen Investitionskostennachweis gewährt. Die Errichtung von Zweigpraxen wird bis maximal 7.000 EUR gegen Vorlage eines Investitionskostennachweises gefördert. Für alle niedergelassenen Hausärztinnen und -ärzte in der Region, für die Unterversorgung oder drohende Unterversorgung definiert ist, gilt folgendes: Bereits niedergelassene Hausärztinnen oder -ärzte erhalten für alle Fälle zwischen 75 % und 100 % der durchschnittlichen Fallzahl des Vorjahres der Hausärzte in diesem Gebiet einen Bonus pro Fall. Wenn die Ärztin oder der Arzt über 100 % der Fallzahl erreicht, erhöht sich der Bonus für diese Fälle zusätzlich. Für Neuärztinnen oder -ärzte, die diese Kriterien erfüllen, gelten die Regelungen entsprechend. Diese Maßnahme gilt, solange Unterversorgung oder drohende Unterversorgung besteht; maximal jedoch drei Jahre. Dafür werden ca. 400.000 EUR pro Jahr für die im planungsbereich Torgau-Oschatz niedergelassenen Hausärztinnen und -ärzte zur Verfügung gestellt.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahmen Wirkungen für die Verbesserung der hausärztlichen Versorgung im Freistaat Sachsen zeigen werden. Wie zunächst im Landkreis Torgau-Oschatz wird aktuell auch in weiteren Regionen Sachsens untersucht, ob eine Unterversorgung droht und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden müssen.
Voraussetzung für diese Unterstützungsmaßnahmen ist, dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen förmlich feststellt, dass in der jeweiligen Region ein Ärztemangel droht.
Marco Wanderwitz, MdB