Frage an Marco Wanderwitz von Claudia G.
Sehr geehrter Herr Wanderwitz,
Sie haben gegen den Gesetzentwurf der Grünen zu einem Frackingverbot gestimmt. Warum haben Sie dem Entwurf nicht zugestimmt.
Ich in meiner kleinen Verantwortung als umweltbewusster Bürger halte Fracking in Deutschland für unverantwortlich. Die Folgen für unsere Umwelt, unser Grundwasser und unsere Nachfahren, vielleicht aber auch noch für unsere Generation, werden katastrophal sein. Fracking in Deutschland kann niemals dafür sorgen, Erdöl dauerhaft zu gewinnen. Hier sind alternative Antriebe und Energien gefragt.
Dass, was wir jedoch in der Umwelt durch diese Methode anrichten, ist nicht vertretbar. Hier muss man sich doch die ernsthafte Frage stellen, was für eine Welt wir unseren Nachfahren hinterlassen wollen. Aktuell ist jedoch das, was WIR unseren Nachfahren hinterlassen, eine Zumutung - eigentlich sogar eine Straftat. Fracking wird diese vielen Probleme noch verschärfen sowie Wasserressourcen kontaminieren.
Von daher bitte ich Sie als unseren Bundestagsabgeordneten, auch im Sinne der folgenden Generationen zu entscheiden sowie eine nachvollziehbare Begründung abzugeben, warum Sie gegen den Entwurf stimmen. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Gläser
Sehr geehrte Frau Gläser,
für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD stellt daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Zudem haben wir dort vereinbart, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen. Zur Umsetzung dieser Vorgaben haben das Bundesumweltministerium (BMUB) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ein Regelungspaket vorgelegt, das am 1. April 2015 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Das Gesetzespaket sieht eine massive Verschärfung der Anforderungen für den Einsatz der Fracking-Technologie vor. Es enthält gegenüber der aktuellen Rechtslage gravierende Beschränkungen für das unkonventionelle Fracking in Schiefer-, Mergel-, Ton- und Kohleflözgestein, aber auch strenge Regulierungen für das konventionelle Fracking. Beim unkonventionellen Fracking sollen zunächst nur Probebohrungen unter engen Voraussetzungen möglich sein. Dazu einige weitere Punkte stichwortartig:
- Fracking jeglicher Art soll in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Heilquellenschutz sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten sein. Die Länder sollen darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen können. In Nationalparks- und Naturschutzgebieten wird die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt.
- Im gesamten Einzugsbereich von Stellen zur Entnahme von Wasser für die öffentliche Wasserversorgung oder zur unmittelbaren Verwendung in Lebensmitteln darf eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen sein (wasserrechtlicher Besorgnisgrundsatz).
- Für jede Form von Fracking wird künftig eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend eingeführt. Die zuständigen Bergbehörden müssen bei einer möglichen Zulassung stets das Einvernehmen mit den Wasserbehörden herstellen. Damit haben die Wasserbehörden künftig faktisch ein Vetorecht.
- Die eingesetzten Fracking-Gemische dürfen laut Gesetzentwurf im Bereich des konventionellen Fracking „nicht wassergefährdend“ oder allenfalls „schwach wassergefährdend“ sein. Die eingesetzten Stoffe müssen zudem umfassend offengelegt werden. Im gesamten Prozess sind weitere strenge und umfassende Sicherheitsauflagen zu erfüllen (u.a. Erstellung Ausgangszustandsbericht, Grund- und Oberflächenüberwachung, Überwachung des Lagerstättenwassers, der Rückflüsse und der Bohrlochintegrität etc.).
- Beim Umgang mit Rückfluss- und Lagerstättenwasser wird vollumfänglich der Stand der Technik vorgeschrieben. Auch hier ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung verbindlich durchzuführen.
- Zudem wird das Bergschadensrecht verschärft. So wird beispielsweise die Beweislast für mögliche Bergschäden den Unternehmen auferlegt. Anders als bei der o. g. konventionellen Gasförderung gibt es in Deutschland noch keine Erfahrungen mit der Gasförderung in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten, also in Schiefer- und Kohleflözgestein. Deshalb ist in den Regierungsentwürfen geregelt, dass zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeitigen Wissensstand kein kommerzielles unkonventionelles Fracking in Deutschland möglich ist. Für Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein oberhalb 3000-Metern Tiefe wurde ein generelles und unbefristetes Frackingverbot vorgesehen. Lediglich eine eng begrenzte Zahl von wissenschaftlich begleiteten und überwachten Probebohrungen ist unter strengsten Umweltanforderungen möglich. Nach 2018 sollen in absoluten Ausnahmefällen Fördergenehmigungen erteilt werden können. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch äußerst streng gefasst:
- eine unabhängige Expertenkommission aus sechs Mitgliedern (davon drei Umweltinstitute) muss den beantragten Einsatz der Fracking-Technologie in der jeweiligen geologischen Formation mehrheitlich als „grundsätzlich unbedenklich“ einstufen,
- die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe beim Umweltbundesamt muss die verwendeten Fracking-Gemische als nicht wassergefährdend einstufen und
- alle sonstigen umfassenden öffentlich-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen (d.h. insbesondere zum Wasser-, Boden- und Umweltschutz) müssen vorliegen. Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung liegt ausschließlich bei den zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder. Diese sind also an das Votum der o.g. unabhängigen Expertenkommission nicht gebunden. Sollte eine Fracking-Maßnahme unter all diesen Voraussetzungen genehmigt werden, so gelten die oben im Bereich der konventionellen Erdgasförderung genannten Auflagen vollumfänglich. Insgesamt sind die vorgesehenen Umwelt- und Trinkwasserschutzmaßnahmen also sehr weitreichend. Die Koalitionspartner haben diese Vorschläge der Bundesregierung im vergangenen Jahr ausführlich im Parlament beraten. Die CDU/CSU-Fraktion konnte in den Gesprächen weitere Schutzvorkehrungen für Umwelt und Wasser durchsetzen. So wurden folgende weitere Verschärfungen der Anforderungen an den Einsatz der Fracking-Technologie gegenüber den Regierungsentwürfen vereinbart:
- Klarstellung, dass auch Brunnen, aus denen Wasser zur Verwendung in Lebensmitteln gewonnen wird, ebenfalls in die Ausschlussgebiete für Fracking einbezogen werden sollen.
- Einschränkung des Bestandsschutzes für die bestehenden Genehmigungen zur Verpressung von Lagerstättenwasser, um zu erreichen, dass die Verpressung aufgrund bestehender Genehmigungen schneller beendet wird.
- Konkretisierung des Standes der Technik (also die beste zum Zeitpunkt verfügbare Technik) bei der Verpressung von Lagerstättenwasser.
- Aufhebung der bisherigen Unterscheidung zwischen Fracking zur Erdgas- oder Erdölförderung. Es sollen jeweils die gleichen strengen Anforderungen gelten.
- Streichen der aus unserer Sicht willkürlichen 3000-Meter-Grenze, unter der Fracking unter strengen Auflagen möglich wäre. Damit wird Fracking in unkonventionellen Lagerstätten auch unterhalb von 3000 Metern verboten.
- Einführung einer zusätzlichen Regelung, nach der Vorranggebiete für die künftige Gewinnung von Trinkwasser über die Raumordnung durch die Länder als Ausschlussgebiete gesichert werden können.
- Begrenzung der wissenschaftlichen Erprobungsmaßnahmen auf die für den Erkenntniszuwachs unbedingt notwendige Anzahl.
- Nochmalige Ausweitung der Bergschadenshaftung nun auch auf Schäden durch Erderschütterungen.
Für die CDU/CSU bleibt der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Trinkwasser oberstes Gebot.
Gleichzeitig muss der gesetzliche Rahmen für die Erdgasförderung schon aus verfassungsrechtlichen Gründen einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn offen halten sowie die seit Jahrzehnten praktizierte konventionelle Erdgasförderung in Deutschland auch weiterhin ermöglichen. Da die Fracking-Technologie schon nach heutiger Rechtslage grundsätzlich zulässig ist und wir - wie ausführlich oben dargelegt - mit dem Gesetzespaket massive Verschärfungen der Anforderungen vornehmen, sehe ich keinen Grund, warum auf das Fracking-Paket verzichtet werden sollte. Deshalb habe ich den Gesetzesentwurf der Grünen, der ein generelles Verbot des Einsatzes der Fracking-Technik vorsieht, abgelehnt und hoffe, dass wir in den Gesprächen mit unserem Koalitionspartner zeitnah eine finale Einigung erzielen und das laufende Gesetzgebungsverfahren baldmöglichst abschließen können.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Wanderwitz