Frage an Marco Wanderwitz von Ronny R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Wanderwitz!
Können Sie mir sagen warum Ihre Partei bei großen Einschnitten wie Abschaffung der D-Mark das eigene Volk nicht wählen läßt? Haben Sie Angst vor des Volkes Meinung?
Ergänzung vom 15.9. 2005
Wie ich zwischenzeitlich erfuhr, ist Herr Reicher Mitglied der NPD. Daher lehne ich mit ihm als Mitglied einer nichtdemokratischen Partei jeden weiteren Kontakt ab.
Beste Grüße
Marco Wanderwitz
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Antwort vom 07. 09. 2005
Sehr geehrter Herr Reicher,
die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben die Bundesrepublik Deutschland als repräsentatative parlamentarisch Demokratie verfasst. Das Grundgesetz hat die Grundlage für eine stabile und erfolgreiche Demokratie geschaffen. Das hat sich über Jahrzehnte bewährt, wir sehen keinen Grund Bewährtes zu ändern. Unterhalb der Bundesebene haben sich Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksabstimmung auf der für die Menschneeher überschaubaren kommunalen und Landesebene teilweise bewährt. Sie eignen sich jedoch nach meiner Ansicht nicht für die komplexeren Verhältnisse auf der Bundesebene. Plebiszitäre Formen der Staatswillensbildung stellen gegenüber dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren kein Mehr an Demokratie dar. Gegenüber der Notwendigkeit zur Reduzierung komplexer Sachfragen auf Ja-Nein-Alternativen im Plebiszit bietet das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren ein größeres Maß an Verfahrensrationalität, Interessenausgleich und Gelegenheit zum Kompromiss. Andernfalls wäre Populismus Tür und Tor weit geöffnet. Ich möchte nicht von einer rationalen Demokratie in eine Emotionsdemokratie gelangen.
Außerdem stellt das grundgesetzliche Verfahren die nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz notwendige Mitwirkung der Bundesländer an der Gesetzgebung sicher, die bei nationalen Plebisziten verloren gehen würde. CDU und CSU geht es in erster Linie um ein starkes Europa, wir wollen das Europa der Bürger stärken. Zu den Fortschritten des EU-Verfassungsvertrags gehört der Titel VI „Das demokratische Leben der Union“. Auch die Europäische Union wird danach als repräsentative Demokratie ausgestaltet. Wir bekennen uns zu dem dort genannten Grundsatz der Bürgerbeteiligung und Partizipation. Von der neu vorgesehenen Möglichkeit einer „Bürgerinitiative“, mit der die Kommission zur Vorlage von Vorschlägen aufgefordert wird, versprechen wir uns wichtige Impulse unmittelbar von den Unionsbürgern für die weitere Ausgestaltung der politischen Union Europas. Zum Schluss einige Worte zum Euro: Die Einführung des Euro war ein Ereignis von großer Bedeutung. Der technische Prozess, das alte System in ein neues zu überführen wurde mit großer Kompetenz gemeistert. Die Einführung des Euro hat die Rahmenbedingungen für die Geld- und Währungspolitik in Europa tiefgreifend verändert. Es gibt viele Vorteile, die ich an dieser Stelle unbedingt benennen möchte, die eine einheitliche Währung notwendig machen. So etwa der Wegfall von Wechselkursrisiken, die geringeren Investitionsrisiken in Europa, die größere Haushaltsdisziplin der einzelnen EU-Länder (Stabilitätspakt), die Einsparung von Transaktionskosten, die größeren und liquideren Finanzmärkte, die Stärkung des EU-Identitätsgefühls, das leichtere globale Krisenmanagement im Währungsbereich sowie die realen Zinssenkungen und leichteren Finanzierungsbedingungen für privaten Bau und den Mittelstand.
Marco Wanderwitz, MdB