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Marco Buschmann
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Frage von Katrin N. •

Sehr geehrter Herr Buschmann, der Staat sollte die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle innerhalb der kath. Kirche an sich ziehen, die Verjährungsfristen sollten neu justiert werden. Wie stehen Sie dazu?

Die immer neuen Gutachten und die Vergangenheit zeigen, dass die Aufarbeitung in Händen der kath. Kirche nicht funktioniert. Der Staat sollte die Sache an sich ziehen, wie vielfach gefordert.
Ferner sind viele Taten verjährt. Die Verjährung für derartig folgenschwere sexualisierte Gewalttaten sollte abgeschafft oder drastisch verlängert werden. Dass sie zu kurz sind, zeigt sich deutlich.
Ist das auch Ihre Meinung?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau N.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

die vielen in den letzten Jahren veröffentlichten Gutachten aus unterschiedlichen Bistümern zeigen abermals deutlich, wie hoch die Zahl von Betroffenen sexueller Übergriffe ist. Es zeigt auch, dass es bei Aufklärung und Aufarbeitung dieser Taten noch großen Handlungsbedarf gibt. Ganz klar ist: Wenn der Verdacht von Straftaten im Raum steht, gibt es kein kirchliches Sonderrecht. Die Kirche verfügt zwar über ein eigenes internes Disziplinarrecht, das zum Beispiel die Entlassung aus dem Priesterstand und andere Sanktionen regelt. Die Verhängung solcher Sanktionen, die der verhaltensbedingten Kündigung im Arbeitsrecht oder dem Entzug der Zulassung für bestimmte Berufe ähneln, tritt aber allenfalls neben, aber keinesfalls anstelle einer staatlichen Strafe. 

Es gilt - und galt stets - das Legalitätsprinzip: Die Staatsanwaltschaften müssen Ermittlungsverfahren einleiten, wenn sie von verfolgbaren Straftaten Kenntnis erlangen. Dies gilt auch, wenn es sich um Angestellte oder Würdenträger der Kirche handelt. Verfahren wie das vor dem Landgericht Köln, in dem letztes Jahr ein Priester zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, belegen dies. 

Nach dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle in kirchlichen, aber auch anderen Einrichtungen im Jahre 2010, hat der Gesetzgeber mehrere umfassende Reformen zum Opferschutz verabschiedet. Die Verjährungsfristen wurden für solche Taten deutlich ausgeweitet, die Rechte von Opfern im Strafverfahren gestärkt. Zudem wurden 2021 auch die Straftatbestände gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern angepasst und verschärft. 

Als Fortschrittskoalition haben wir im Koalitionsvertrag zudem vereinbart, die Aufarbeitung struktureller sexualisierter Gewalt zu verbessern. Wir werden hierzu u. a. das Bundeskriminalamt (BKA) personell stärken und die Beschäftigten beispielsweise bei der Auswertung beschlagnahmter Datenträger entlasten. Mit Modellprojekten werden wir die Entwicklung von Schutzkonzepten unterstützen, die Arbeit des „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ gesetzlich regeln und eine regelmäßige Berichtspflicht an den Deutschen Bundestag einführen.

Freundliche Grüße

Dr. Marco Buschmann MdB

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